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Tod an der Förde

Tod an der Förde

Titel: Tod an der Förde
Autoren: H Nygaard
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Böttcher in den Hörer. Offenbar wurde
ihm von der anderen Seite deutlich gemacht, wie die Hierarchien auf der Werft
verteilt waren. »Gut«, seufzte er. »Ich bringe sie zu Ihnen.«
    Er stand auf.
»Folgen Sie mir bitte.«
    *
    Gut versteckt zwischen einem Wohngebiet mit engen
Siedlungshäusern, einem Gewerbegebiet und der hinter einer Lärmschutzmauer
unsichtbaren Stadtautobahn, westlich des Zentrums, dort wo die Gemeinde
Kronshagen wie ein Finger in das Stadtgebiet hineinragt und Kiel eine Art
Taille verpasst, liegt das Polizeizentrum Eichhof. Auf diesem rundum bebauten
Areal, das nur durch einen mehr als unauffälligen Eingang mit einem tristen
Wachcontainer und den die Nachbarhäuser überragenden Antennenanlagen als
Sicherheitsbereich erkennbar ist, befindet sich auch das Landeskriminalamt.
    Das Büro von Jochen Nathusius war größer als die benachbarten
Räume. Die Ausstattung verriet dem Eingeweihten, dass er zu den höheren Beamten
des Landeskriminalamtes gehörte.
    Der Kriminaldirektor war Leiter der Abteilung 300, des
Polizeilichen Staatsschutzes. Auf den ersten Blick hätte niemand in dem mittelgroßen
Endvierziger mit den rotblonden Haaren und dem runden Gesicht mit den
zahlreichen Sommersprossen den brillanten Analytiker vermutet, der als intimer
Kenner der politischen Szene galt.
    Nathusius sah auf seine Frau Beatrice, die ihm, in
einen silbernen Rahmen gefasst, vom Schreibtisch zulächelte. Dann wanderte sein
Blick zurück zu dem großen Blonden mit dem verwuschelten, leicht ungekämmt
wirkenden Haar, der ihm gegenübersaß.
    Kriminalrat Lüder Lüders war einer seiner wichtigsten
Mitarbeiter. Nathusius sträubte sich gegen klischeehafte Begriffe wie »mein
bester Mann«, aber er wusste, dass Lüders sicher zu den Aktivposten der
Abteilung gehörte, auch wenn der Umgang mit ihm nicht immer ganz einfach war.
    »Mehr als diese kurze Information habe ich auch nicht«,
erklärte Nathusius in seiner sehr bedächtigen Sprechweise und warf einen Blick
auf seine Armbanduhr. »Der Staatsanwalt wollte schon vor einer viertel Stunde
hier sein.«
    In diesem Moment klopfte es, und Kremer steckte seinen
Kopf zur Tür herein.
    »Ich bitte um Entschuldigung, aber ich wurde noch
aufgehalten.« Er steuerte den zweiten Besucherstuhl vor dem Schreibtisch des
Kriminaldirektors an. Dann trug er die bisherigen Ergebnisse vor. »Nach dem
derzeitigen Erkenntnisstand halte ich es für überlegenswert, Ihre Abteilung die
Ermittlungen begleiten zu lassen. Noch wissen wir nicht, ob sich hinter dem
Mord Motive verbergen, die im persönlichen Umfeld des Opfers zu suchen sind,
oder ob es Verbindungen zu seinem offiziellen Aufenthalt in Deutschland gibt.«
    »Was hat Hernandez nach Kiel geführt?«, fragte
Nathusius.
    An dieser Stelle musste Kremer passen. »Wir wissen
bisher nur, dass er einen Besucherausweis für die Werft hatte. Details dazu
eruiert derzeit die Mordkommission.«
    »Das sind sehr vage Verdachtsmomente.« Der
Kriminaldirektor lehnte sich in seinem Schreibtischsessel zurück. » HDW baut Kriegsschiffe für die halbe
Welt. Das ist allgemein bekannt. Aus unserer Sicht gibt es wenig Anlass, bei
Argentinien spontan an politische Hintergründe zu denken. Abgesehen von
wirtschaftlichen Problemen und sicher noch offenen Fragen zur Aufarbeitung der
Diktatur sehe ich wenige Ansatzpunkte für politisch motivierte
Gewaltanwendungen. Diese beiden Probleme des Landes sind weit entfernt von
Kiel. Einzig die Spannungen zwischen Argentinien und dem Iran wegen des
Vorwurfs, die Iraner wären Urheber des Bombenanschlags auf die jüdische
Synagoge von Buenos Aires, fallen mir im Moment ein«, meinte Nathusius und
stellte damit sein fundiertes Wissen unter Beweis. »Und ich kann mir auch nicht
vorstellen, dass die politischen Spannungen mit Chile und Bolivien über die
Energieversorgung zum Anschlag auf einen argentinischen Militär hier bei uns
geführt haben sollen.«
    »Es geht uns auch darum, gegen Vorwürfe jeglicher Art
gewappnet zu sein, wir hätten dem Mord an einem ausländischen Militär nicht
hinreichend Aufmerksamkeit geschenkt«, hielt Kremer dagegen. »Ich würde es für
sinnvoll erachten, wenn einer Ihrer Leute – zumindest vorübergehend – die
Arbeit der Mordkommission unterstützen würde.«
    »Wie denken Sie darüber, Lüders«, wandte sich
Nathusius an seinen Mitarbeiter, der den bisherigen Ausführungen der beiden
anderen schweigend gefolgt war.
    Der Kriminalrat legte die Finger wie zum Gebet
zusammen und spitzte
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