Tochter der Hoffnung (German Edition)

Dann sprangen beide Kinder begeistert um ihre Mutter herum und wollten ihr unbedingt von dem Besuch bei der Großmutter erzählen.
    Nachdem Ailish mit einem tiefen Seufzer der Erleichterung die Tür des kleinen Cottages hinter sich geschlossen hatte, zuckte sie gleich schuldbewusst zusammen. Es war ein schöner und total chaotischer Abend geworden. Nur leider hatte sie keine Gelegenheit mehr gehabt, Maggie nach Einzelheiten zu fragen. Das Ganze schien ihr wie ein seltsamer Traum. Alles war so unwirklich. Sie hätte wütend, schockiert, verletzt sein müssen, dass niemand ihr jemals die Wahrheit gesagt hatte. Stattdessen fühlte sie nur eine gähnende Leere in ihrem Innersten. In ihrem Kopf rasten die Gedanken nur so umher. Hätte sie etwas merken müssen? Es stimmte zwar, dass sie keinerlei Ähnlichkeit mit Ihren Eltern aufwies, aber man hatte ihr immer gesagt, dass sie die Haarfarbe und die Augenfarbe ihrer Großmutter geerbt hatte. Mit zittrigen Händen nahm sie ein Bild vom Kaminsims. Auf diesem Bild standen Sie und ihre Großeltern lachend vor dem kleinen Haus. Sie hatten Handschuhe für die Gartenarbeit an und Ailish`s Gesicht war überall mit Flecken von der Blumenerde übersät. Egal was sie auch anpackte, immer machte sie sich dabei schmutzig oder zerriss ihre Kleider. Ihre Mutter hatte ihr als Kind alle paar Wochen eine neue Hose kaufen müssen, weil sie die alte Zerrissen oder mit irgendeiner Farbe beschmiert hatte, die nicht mehr auszuwaschen war. Ihre Großmutter war eine wundervolle Gärtnerin gewesen, bei ihr schienen alle Pflanzen immer ihre volle Pracht zu entfalten. Bei Ailish hielten Zimmerpflanzen höchstens ein Jahr. Während des gesamten Essens hatte sie unentwegt überlegt, ob es jemals Anzeichen gegeben hatte. Doch trotz allem war sie dankbar, dass eine so liebevolle und wunderbare Familie sie aufgenommen hatte.  Zärtlich strich sie mit dem Zeigefinger über die Gesichter ihrer Großeltern. Auf diesem Bild musste sie ungefähr 18 Jahre alt gewesen sein. Sie hatte die gleiche Größe und die gleiche schlanke Statur ihrer Großmutter. Beide hatten Ebenholzschwarzes Haar und beide schauten mit einem ansteckenden Grinsen und blitzenden Grünen Augen in die Kamera. Das Licht der Sonne ließ einige Strähnen von Ailish`s Haar dunkelbraun erscheinen. Die Augenfarbe ihrer Großmutter war etwas dunkler als ihre Eigene. Erstaunt bemerkte Ailish, dass Tränen ihre Wange hinunter liefen und sie ihre Hand an die Lippen gepresst hielt, um das Schluchzen, das in ihrer Brust aufstieg, zu dämpfen. Wer war sie? Woher kam sie? Diese Fragen stellte sie sich immer wieder, als sie sich unter Tränen an der Wand hinunter gleiten ließ und sich mit dem Bild, das sie fest an ihre Brust drückte, auf den Fußboden setzte. Der Traum traf sie völlig unvorbereitet. Sie stand auf einer kleinen Erhebung und konnte über endlos viele Hügel schauen. Kreischend drehten Vögel über ihr ihre Bahnen und flogen dann dem Glitzern des Flusses entgegen, welcher sich durch die kleinen Hügel zog. Es wirkte wie ein Gemälde. Leise raschelnd tauchte eine Frauengestalt neben ihr auf und blickte ihr mit einem warmen Lächeln in die Augen.
    „Dies ist ein schöner und vor allem friedlicher Ort, nicht wahr?“
    Langsam nickte Ailish und richtete ihren Blick wieder auf die Landschaft. Das Gras bewegte sich leicht im Wind. Die Wolken zogen über ihnen in einem gemächlichen Tempo vorbei. Doch plötzlich verdunkelte sich der Himmel über ihnen und schon nach kurzer Zeit prasselten kleine Regentropfen auf sie herab. Die Frau neben ihr zog die Kapuze Ihres schimmernden weißen Umhangs über den Kopf und blickte mit sorgenvollem Blick in den Himmel.
    „Ich weiß, dass du im Moment viele offene Fragen hast. Es wird die Zeit kommen, in der du alle Antworten bekommen wirst. Wenn du bereit dazu bist, dann suche den Steinkreis. Solltest du dich jedoch dagegen entscheiden, wird es kein zurück mehr geben und die Welt wird dem Untergang geweiht sein. In dir schläft eine mächtige Gabe Ailish, doch du musst erst einmal zulassen, dass sie erwacht. Zweifle niemals an dir selbst, diesen Rat gebe ich dir schon einmal mit auf deinen Weg. Sobald du deine Entscheidung getroffen hast, werden wir uns wieder sehen.“ Mit diesen Worten verschwamm das Bild der Frau vor Ailish`s Augen und der Himmel öffnete vollends seine Schleusen, sodass die Welt um sie herum unterzugehen schien.
    Mit einem kleinen Aufschrei erwachte Ailish mit schmerzenden Gliedern und