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Titanen-Trilogie 02 - Die Kinder der Titanen

Titanen-Trilogie 02 - Die Kinder der Titanen

Titel: Titanen-Trilogie 02 - Die Kinder der Titanen
Autoren: Piers Anthony
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und schreiben. Er glaubte an Bildung. Dennoch hatte er die Frauen nicht ermutigt zu lernen. Der Herr wußte auch um die Vorteile der Landwirtschaft und doch spielten die Farmen in seinen Überlegungen keine große Rolle. Er begriff die dynamischen Gesetze des Imperiums, denn er hatte – in anderer Gestalt – dieses Reich geschaffen und hätte den vorhandenen, ungezielten Ehrgeiz zu einem Machtgebilde geschaffen, wie es seit dem Blitz niemand mehr kannte. Und doch ließ er dieses Reich nun treiben, stagnieren und wieder auf Formlosigkeit zusteuern.
    Tyls Botschaft war dem Wortlaut nach zwar ehrerbietig gehalten, enthielt aber dem Sinne nach eine kluge Herausforderung an Autorität und Politik des Herrn. Tyl war ein Aktivist, zu ungestüm, um eine Niederlage einfach hinzunehmen. Er war gewillt, den Herrn zum Handeln zu bringen oder ihm seine Macht abspenstig zu machen, damit eine neue Führung neue Politik brächte. Weil Tyl diesem Regime verpflichtet war, konnte er nichts Direktes unternehmen. Er würde sich niemals gegen den Mann erheben, der ihn im Ring bezwungen hatte. Nicht aus Feigheit, sondern aus Ehrgefühl war ihm das unmöglich.
    Wenn nun der Herr sich nicht mit dieser Bedrohung der neuen Ernte befassen wollte, übte er Verrat am Ziel des Imperiums, oder aber er bewies Feigheit. Denn die Landwirtschaft war lebensnotwendig für das Wachstum. Die organisierten Nomaden konnten sich ständige Abhängigkeit von der Großzügigkeit der Irren nicht leisten. Ließ er dem Landwirtschaftsprogramm keine Unterstützung angedeihen, würde die daraus erwachsende Unruhe seinem Ruf schaden und schließlich dazu führen, daß sich der Widerstand um eine andere Führerpersönlichkeit scharte. Das konnte wiederum er sich nicht leisten, denn sehr bald würde er dann seine gesamte Zeit damit zubringen, die unkrautartig wuchernden Rivalen im Ring zu besiegen. Nein – seine Aufgabe war es, das Imperium zu beherrschen und für Frieden zu sorgen.
    Ihm blieb also nichts übrig, als sich der Lösung dieses reichlich komplizierten Problems zu widmen. Leicht würde es nicht sein, denn dieses wilde Tier hatte sogar Tyl verletzt und war ihm entkommen. Ein Hinweis darauf, daß kein geringerer als der Herr es überwinden mußte.
    Natürlich hätte man eine ganze Gruppe von Jägern losschicken können, doch hätte dies gegen die Regel des Einzelkampfes verstoßen und außerdem zuviel Getreide vernichtet. Irgendwie wäre es einem Eingeständnis von Feigheit gleichgekommen.
    Ja, es war unumgänglich nötig, daß der Herr selbst sich im Kampf gegen das Untier bewies. Das war es, was Tyl anstrebte, denn ein Versagen würde mit Sicherheit dem Bild schaden, das von ihm existierte. Dem Herrn behagte es zwar gar nicht, daß er praktisch von Tyl in die Sache hineinmanövriert wurde, doch die Alternativen waren noch ärger, und insgeheim bewunderte er die Art und Weise, wie Tyl das alles eingefädelt hatte. Dieser Mann konnte in Zeiten gewisser Veränderungen einen wertvollen Verbündeten darstellen.
    Der Namenlose, der Mann ohne Waffen, Herr des Imperiums, nahm Abschied von der Frau, die er dem früheren Herrn abgewonnen hatte, legte die Routineangelegenheiten in die Hände fähiger Untergebener und machte sich zu Fuß und allein auf den Weg zu Tyls Lager. Seinen grotesken und mächtigen Leib umhüllte er mit einem Mantel, doch alle, die ihm unterwegs begegneten, erkannten ihn und empfanden Furcht. Sein Haar war weiß, sein Antlitz häßlich, und es gab keinen Mann, der ihm im Rang überlegen gewesen wäre. Nach fünfzehn Tagen hatte er sein Ziel erreicht. Ein junger Stabkämpfer, der den Herrn noch nie zuvor gesehen hatte, forderte ihn am Rande des Lagers zum Kampf heraus. Der Namenlose nahm den Stab, bog einen Knoten hinein und reichte ihm dem Mann zurück. »Das zeige Tyl von den zwei Waffen«, erklärte er dazu.
    Und Tyl eilte, so schnell er konnte, mit seinem Gefolge herbei. Er beorderte den Wachposten mit dem bretzelförmig gebogenen Stab auf die Felder. Weil er den Besucher nicht erkannt hatte, sollte er zur Strafe mit den Frauen arbeiten. Doch der Namenlose sagte: »Er war im Recht, mich im Zweifelsfall zum Kampf zu fordern. Jener, der diese Waffe wieder geradebiegt, soll ihn strafen, und kein anderer.« Und so entging der Mann der Strafe, denn nur ein Schmied hätte diesen Metallstab wieder zurechtbiegen können. Von da an kam es nicht mehr vor, daß der Namenlose von irgend jemandem im Lager nicht erkannt wurde.
    Am nächsten Morgen
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