Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Titan 22

Titan 22

Titel: Titan 22
Autoren: Brian W. Aldiss , Wolfgang Jeschke
Vom Netzwerk:
hinein; Bilder von zu Hause und von Eretz, Menschen und Pfauen, Fische und Kraniche, Waldschluchten und Dromedare, Lerchen und Liebende. Und manchmal setzten sie ihre Schöpfungen in die fremdartige, kantige Szenerie von Eretz und in die üppigen künstlichen Gärten ihrer Heimat. Ein Funke ging von den Kindern in ihr Weben hinein, so daß niemand sagen konnte, wo sie selbst aufhörten und wo ihre Schöpfungen begannen.
    Dann verließen sie den armen Hinkebein und wandten sich wieder ihren lebhafteren Spielen zu.
    Sie waren sieben (sechs, wenn man den rückständigen Hinkebein nicht mitzählte), aber sie schienen tausend zu sein. Sie bauten sich Schlösser in Spanien, Gärten im Languedoc. Die Mädchen spielten immer Intrigen, weil es so viel Spaß machte, um damit Gründe für die Kriege zu liefern. Und die Kriege waren etwas, dessen die Knaben selten müde wurden. Es macht Spaß, mit lebenden Armeen Soldaten zu spielen, und die Eretzi lebten… in gewissem Sinne.
    Die Eretzi hatten schon lange vorher Kriege und Armeen und Belagerungen gehabt, aber damals waren das alles ziellose Dinge gewesen. Oh, dies war ein Feld, wo die Eretzi die Kinder brauchten. Man denke nur an all die Schlachten, die die Kinder an jenem Nachmittag konstruierten:
    Gallipoli – wie geschickt sie doch die Schiffe lenkten! Die Väter hätten bei ihrem vierdimensionalen Schach daheim nicht komplizierter manövrieren können.
    Adrianopel, Kunovitza, Dibra, Varna, Hexamilion! Allein schon die blutigen Namen der Schlachten auszusprechen, macht Spaß.
    Konstantinopel! Das war die, wo sie zum erstenmal die großen Kanonen einsetzten. Aber wer goß die großen Kanonen für die Türken dort? In ihren Geschichtsbüchern behaupten die Eretzi, es sei ein Mann namens Orban oder Urban gewesen, und er sei Dazier gewesen oder Ungar oder Däne. Von wieviel Orten hast du zu kommen behauptet, Michael Goodgrind?
    Belgrad, Trapezunt, Morat, Blackheath, Neapel, Dornach!
    Cupua und Tarent – Ralphas Armeen schlugen die Michaels in beiden.
    Carignola – Lonnie trickste dort Michael und Ralpha aus – und fast sich selbst auch. (So hattest du es nicht geplant, Lonnie, es war Glück um sieben Ecken und das weißt du!)
    Garigliano, wo die See vom Blut rot war, und die Schiffe wie zerbrochene Zweige im Wasser schwammen!
    Brescia! Ravenna! Wer hätte je geglaubt, daß etwas, das sich spanische Infanterie nannte, solches erreichen konnte?
    Villalar, Mailand, Pavia! Und am besten von allen der Sacco di Roma! Es gab ein Dutzend verschiedener Spiele, die sich darin vereinten. Die Eretzi entdeckten dort in sich selbst neue Gefühle – tiefere Verworfenheit und höheres Heldentum.
    Die Belagerung von Florenz! Die verlangte wirklich jeden Trick, dessen die Kinder fähig waren. Ein wunderbar gut gespieltes Spiel!
    Turin, San Quentin, Moncontour, Mookerhide!
    Lepanto! Die große Seeschlacht, wo die festungsähnlichen Schiffe wie Kartenhäuser auseinanderbrachen und der große Türke Ochiali Pascha ertrank und mit ihm seine ganze Flotte unterging für immer. Aber es war nicht so für immer, wie man vielleicht glauben möchte, denn er war Michael Goodgrind, der mehr Körper als nur einen hatte. Die Fische erinnern sich immer noch an Lepanto. Noch nie war ihr Tisch so reichlich gedeckt.
    Alcazar-Quivar! Das war die letzte der exzellenten – das Ende der Litanei. Die Kinder gaben das Spiel auf. Sie erinnerten sich (aber bequemerweise und nachdem sie genügend Spaß daran gehabt hatten), daß ihnen nicht erlaubt war, mit lebenden Soldaten Krieg zu spielen. Die Eretzi, wieder sich selbst überlassen, führten ihre Schlachten wieder als langweilige, geistlose Angelegenheiten.
    Heute abend können Sie das jetzt prüfen. Studieren Sie doch die Konflikte der früheren Zeiten, jener Hoch-Zeit und der, die darauf folgte. Der Unterschied ist augenfällig. Zwei oder drei kurze Jahrhunderte lang finden Sie wirklich gut ausgedachte Schlachten. Vorher und nachher ist da nur Ungeschick.
    Häufig spielten die Kinder ein Spiel, das sie ›Eifersucht‹ nannten, und beschworen damit all die schwarzen Leidenschaften herauf, die sie in sich hatten. Und ein anderes Spiel nannten sie ›Unmoral‹, denn in allen Kindern regt sich stets das Böse.
    Masken und Wasserkarnevals und Bälle und immer wieder die Intrigen der Gefühle!
    Ralpha schlenderte durch ein Tal, die Laute spielend und den Körper von irgend jemandem tragend. Sein Lautenspiel lockte die Vögel aus den Bäumen und legte einen Zauber
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher