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Timoken und der Trank der Unsterblichkeit

Timoken und der Trank der Unsterblichkeit

Titel: Timoken und der Trank der Unsterblichkeit
Autoren: Jenny Nimmo
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war herauszufinden, wohin sie gegangen waren. Timoken rutschte von der Düne, stolperte, fiel hin und lachte, als seine Füße im tiefen Sand versanken.
    Zobayda hatte unterdessen etwas Essbares im Ziegenlederbeutel gefunden: Trockenfrüchte, Dörrfleisch, Bohnen und Hirsegebäck. Nur zu trinken gab es nichts.
    „Vielleicht finden wir ja einen Fluss“, sagte Timoken. „Oder vielleicht regnet es bald.“ Er hatte beschlossen, einfach zu ignorieren, was sein Vater ihm einst beigebracht hatt e – dass nichts und niemand in der Wüste überleben konnte.
    Die Geschwister achteten darauf, den Proviant nicht auf einmal aufzuessen. Es war durchaus möglich, dass ihr Vorrat noch tagelang reichen musste. Zobayda wickelte die Reste vorsichtig in das Mondspinnennetz. Jetzt, am Tag, fühlte es sich trotz der sengenden Hitze angenehm kühl an.
    Die Kinder hatten keine Ahnung, in welche Richtung sie sich nun wenden sollten. Zobayda schlug vor zu fliegen. Von oben hätten sie einen besseren Überblick und würden gewiss ein Dorf, einen Fluss oder vielleicht sogar einen Wald entdecken.
    Also warf sich Timoken den Beutel über die Schulter und Zobayda schlang ihre Arme um seine Taille. Dann beugte Timoken die Knie ein wenig und hob vom Sand ab. Sie stiegen höher und höher. Timoken flog eine Weile nordwärts, doch als er hinunterblickte, lag dort noch immer nichts als die endlose Wüste. Er flog nach Westen und Osten, doch nur, um immer wieder dieselbe öde Landschaft unter sich zu sehen, die sich meilenweit erstreckte.
    Durch die sengende Sonne in den höheren Luftschichten wurde ihm ganz schwindelig. Er fühlte, wie die Haut in seinem Gesicht verbrannte, und ließ sich wieder auf die Erde fallen. Doch bevor seine Füße den Boden berührten, schoss plötzlich ein großer Vogel vom Himmel auf ihn zu. Seine riesigen Krallen bohrten sich in Timokens Schultern und der Vogel schleuderte ihn hin und her.
    Timoken wurde fast ohnmächtig vor Schmerzen.
    „Das Netz, Timoken. Hol das Netz raus!“, hörte er seine Schwester hinter sich rufen.
    Er fuhr mit der Hand in den Beutel, doch als seine Finger das Netz ertasteten, vernahm er eine Stimme in seinem Kopf. Nein, nein, nein. Genau das wollen sie. Der Vogel wird es stehlen.
    „Das Netz!“, schrie Zobayda noch einmal. „Es wird uns beschützen!“ Ihre Finger glitten von Timokens Taille und griffen nach dem Beutel.
    Doch Timoken schlug ihre Hand weg. „Nein, Zobayda!“, rief er. „Diesmal nicht. Der Vogel wird es uns wegnehmen.“
    „Der Vogel wird uns töten“, kreischte Zobayda. „Was können wir denn sonst tun?“
    „Benutze deine Finger“, krächzte Timoken. Die Schmerzen schwächten ihn zunehmend. Er spürte, dass er bald das Bewusstsein verlieren würde.
    „Meine Finger“, murmelte Zobayda. Während sie sich mit einem Arm an ihren Bruder klammerte, schob sie den Finger mit dem Ring in das Gefieder des Vogels und rief: „Schrumpft, ihr Flügel, flattert davon, verkümmere, Schnabel, bis zum piepsenden Ton.“
    Mit einem ohrenbetäubenden Schrei ließ der Vogel daraufhin seine Beute fallen. Timoken öffnete vorsichtig die Augen, gerade weit genug, um ein kleines gefiedertes Etwas, nicht größer als eine Maus, zur Erde trudeln zu sehen.
    „Es hat funktioniert!“, rief Zobayda verblüfft über die erstaunliche Wirkung ihres Fingers.
    „Gerade noch rechtzeitig“, stöhnte Timoken, während sie der Erde entgegenstürzten. Durch die Schmerzen in seinen Schultern hatte er die Kontrolle über das Fliegen verloren und sie landeten unsanft im Sand.
    Zobayda setzte sich auf, streckte die Hände aus und betrachtete überrascht ihre Finger. Ein winziges gelbes Auge, das in den Ring eingefasst war, blinzelte sie an.
    „Oh!“ Zobayda sprang auf. „Die Figur auf meinem Ring, sie blinzelt.“
    Timoken musterte die silbernen Flügel, die sich um den Finger seiner Schwester wanden, als es aus dem kleinen Kopf piepste: „Hat eure Mutter euch etwas über den Ring erzählt?“
    „Sie sagte, er würde mich beschützen“, antwortete Zobayda.
    „Das ist ein Abbild des letzten Wald-Dschinns“, erklärte ihr Timoken. „Ich habe ihn im Mondspinnennetz gesehen.“
    Sie aßen ein paar getrocknete Früchte und hofften, damit ihre schmerzenden Kehlen ein wenig zu beruhigen, bevor sie überhaupt ans Weiterziehen denken konnten. Nach der kleinen Mahlzeit nahmen sie zwei dünne Tuniken aus dem Ziegenlederbeutel und wickelten sie um ihre Köpfe, damit sie ein wenig vor der Sonne geschützt
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