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Tim Burton: Der melancholische Magier. Mit einem Vorwort von Johnny Depp (German Edition)

Tim Burton: Der melancholische Magier. Mit einem Vorwort von Johnny Depp (German Edition)

Titel: Tim Burton: Der melancholische Magier. Mit einem Vorwort von Johnny Depp (German Edition)
Autoren: Tim Burton , Mark Salisbury
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sehr ablehnend gegenüberstand. Ich habe selbst keine Kinder und mag auch diesen schwachsinnigen Ausdruck vom »ewigen Kind« nicht. Aber die Kindheit ist nun mal die Phase im Leben, die einen am nachhaltigsten prägt. Die zerstörerischen Impulse bildeten sich bei mir offenbar schon sehr früh heraus.
    Monsterstreifen habe ich jede Menge gesehen, aber die Filme mit Vincent Price haben mich aus irgendeinem Grund besonders angesprochen. Für mich als Vorstadtjungen, der in einer netten, normalen Atmosphäre groß geworden ist (die ich aber anders empfand), erzeugten diese Filme bestimmte Gefühle, die ich auf meine Umgebung bezog. Das erklärt wohl auch meine Begeisterung für Edgar Allan Poe. Mein Kinderzimmer hatte ursprünglich zwei schöne Fenster, die auf den Rasen hinausgingen. Aus unerfindlichen Gründen mauerten meine Eltern sie zu, sodass mir nur noch ein winziger Fensterschlitz blieb. Ich musste jedes Mal auf meinen Schreibtisch klettern, wenn ich hinausschauen wollte. Bis heute weiß ich nicht, was sie damals geritten hat. Vielleicht sollte ich sie mal fragen. Jedenfalls hat mich das an eine Geschichte von Poe erinnert, in der ein Mensch bei lebendigem Leib eingemauert und begraben wird. Die Filme veränderten meine Wahrnehmung der unmittelbaren Umgebung: Burbank wurde für mich ein ziemlich geheimnisvoller Ort.
    Godzilla macht seiner Wut Luft
    Mit Vincent Price konnte ich mich von Anfang an identifizieren. Für das kindliche Auge sieht alles viel größer aus, man sucht sich seine eigene Mythologie – Bilder und Geschichten, zu denen man eine Beziehung aufbauen kann. Und diese Filme mit ihrer Poesie und den überlebensgroßen Figuren, die so viele Qualen erleiden müssen – wobei die meisten davon nur in ihrem Kopf existieren –, haben mich genauso angesprochen, wie sich andere Leute von Gary Cooper oder John Wayne angesprochen fühlen.
    Mit einer Gruppe von Freunden drehte ich damals Super-8-Filme. Einer davon trug den Titel THE ISLAND OF DOCTOR AGOR . Wir drehten auch einen Film über den Wolfman und einen über einen verrückten Arzt und außerdem einen kleinen Stop-Motion-Film mitSpielzeug-Neandertalern. Er war ziemlich schlecht und zeigte nur, wie wenig wir damals über Tricktechnik wussten. Den Neandertalern konnte man die Beine abnehmen – eines war in einer stehenden und eines in einer laufenden Position –, und wir haben ständig die Beine ausgetauscht. Das Ergebnis war der ruckeligste Animationsfilm, den man sich nur vorstellen kann. Ich mochte damals besonders die Ray-Harryhausen-Filme – Jason und die Argonauten oder Sindbads siebente Reise . Die waren unglaublich. Die Stop-Motion-Technik hat mir schon als Kind gefallen. Welche Kunstfertigkeit dahintersteckt, begreift man allerdings erst als Erwachsener.
    Die Schule habe ich irgendwie hinter mich gebracht, auch wenn mich der Unterricht nicht besonders interessierte. Leider gehöre ich zu der Generation, die lieber fernsah, statt zu lesen. Das ist bis heute so geblieben. Wenn es sich dagegen anbot, ein kleines Filmchen zu drehen, um eine gute Note zu bekommen, war ich sofort Feuer und Flamme. Ich erinnere mich, dass wir einmal eine zwanzigseitige Zusammenfassung zu einem Buch schreiben sollten. Ich beschloss damals, stattdessen lieber einen Film mit dem Titel Houdini zu drehen. Ich filmte mich selbst in Schwarz-Weiß mit der Super-8-Kamera im Zeitraffer. In dem Film entkomme ich von Eisenbahngleisen, werde in einen Swimmingpool geworfen und muss mich erneut befreien – diese ganzen albernen Houdini-Tricks eben. Das hat wirklich Spaß gemacht. Statt ein Buch zu lesen, bin ich auf unserem Hinterhof herumgehüpft und habe trotzdem eine Eins dafür bekommen – eine bessere Note, als wenn ich versucht hätte, eine Zusammenfassung zu schreiben. Das war am Anfang der Junior Highschool. Damals war ich ungefähr dreizehn. Später habe ich dann einen weiteren Film für den Psychologie-Kurs an der Highschool gemacht. Ich reihte Aufnahmen verschiedener Buchcover aneinander und unterlegte das Ganze mit dem Song »Welcome to My Nightmare« von Alice Cooper – psychologisch sehr gewieft! Darüber hinaus habe ich ein Stop-Motion-Filmchen gedreht, in dem mich ein Sitzsack im Schlaf angreift. Aber das war’s auch schon.
    Vincent Price
    Ich habe nie ernsthaft daran gedacht, Regisseur zu werden. Es hat mir einfach Spaß gemacht, Filme zu drehen – und es hat mir ein paar gute Noten eingebracht. Bevor Universal Studios zu dem wurde, was es heute ist,
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