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Tiere

Tiere

Titel: Tiere
Autoren: Simon Beckett
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sie fertig ist. Während er eine Kassette einlegte, bin ich dann gegangen und habe mich oben auf die Kellertreppe gesetzt, bis die Musik und der Jubel und so vorbei waren. Es war dunkel, aber man konnte unten das Licht sehen. Das hat mir immer gefallen.»
    Und manchmal, nur ein- oder zweimal, aber nicht oft, bin ich die Treppe runtergegangen, obwohl die Musik noch lief. Das hat mir auch gefallen.
    Ich schaute zu Cheryl. Sie sah so müde aus, als würde sie gleich einschlafen. Aber dafür zitterte sie zu sehr. Ich schaute wieder weg. «Eines Abends sagte mir mein Papa, dass er meine Hilfe unten nicht mehr braucht», erzählte ich. «Ich glaube, er dachte, ich hätte meiner Mama von den Stripperinnen erzählt. Hatte ich aber nicht. Meine Mama hat kaum noch mit mir gesprochen, seit ich ihm im Keller geholfen habe. Egal, was ich machte, es war immer falsch. Doch als an diesem Abend alle Gäste nach unten gingen, kam er einfach zu mir und meinte: ‹Du musst heute nicht runterkommen. Geh ins Bett.›»
    Ich kann mich noch ganz deutlich daran erinnern. Er hat mich nicht richtig angeguckt. Er wirkte irgendwie nervös. Ich schaute zu, wie die Gäste lachend in den Keller marschierten, und fühlte mich wie früher als Kind in der Schule, wenn im Sportunterricht die Fußballmannschaften gewählt wurden. Während die beiden Kapitäne immer abwechselnd auswählten, wen sie in ihrer Mannschaft haben wollen, waren ich und ein oder zwei andere immer die Letzten gewesen. Und am Ende war, abgesehen von mir, keiner mehr übrig. Als ich zuschaute, wie alle in den Keller gingen, fühlte ich mich wieder genau so.
    Dann kam eines Abends Maureen wieder. Sie war seit Ewigkeiten nicht dagewesen, und ich freute mich total, als sie reinkam. Aber dieses Mal redete sie nicht mit mir. Sie kam kurz vor der Sperrstunde mit zwei anderen Frauen rein und lächelte und grinste die Männer an. Als einer meinte, lange nicht gesehen, sagte sie, sie muss ihr Bußgeld abzahlen,was Gelächter auslöste. Kurz bevor sie in den Keller ging, schaute sie rüber und zwinkerte mir zu, aber das war alles.
    Wenig später gingen auch die ganzen Männer runter. Mein Papa sagte nicht einmal gute Nacht zu mir, sondern wartete nur, bis die anderen unten waren, und meinte dann: «Lass die Gläser bis morgen stehen.» Das sagte er jetzt jedes Mal, wenn eine geschlossene Veranstaltung war. «Geh ins Bett.»
    Das machte ich aber nicht. Ich fühlte mich so komisch, weil ich Maureen gesehen hatte, dass ich alle Gläser einsammelte und abspülte. Auch nachdem ich sie weggeräumt hatte, ging ich noch nicht ins Bett. Ich setzte mich an einen der Tische. Die Kellertür war zu, sodass ich nichts hören konnte, aber ich musste die ganze Zeit daran denken, was wohl dort unten passierte. Ich stand auf und legte ein Ohr an die Tür, konnte aber nur so ein Rauschen hören, als würde man sein Ohr an eine Muschel halten.
    Ich hatte mir nicht überlegt, nach unten zu gehen. Ich tat es einfach. Eben stand ich noch vor der Tür, und plötzlich war ich auf der Treppe. Ich machte die Tür hinter mir zu, damit meine Mama nichts hören kann, und ging langsam runter. Vor diesem Abend hatte ich nie sehen wollen, wie sich Maureen auszieht. Es war mir immer peinlich, wenn ich daran dachte. Doch jetzt, wo es im Keller passierte, war es irgendwie etwas anderes. Mir gefiel der Gedanke nicht, dass Maureen vor allen anderen tanzte, aber nicht vor mir. Sie hatte gesagt, ich wäre ihr Freund.
    Kurz bevor ich unten war, hielt ich inne. Ich war die Treppe nicht weit genug runtergegangen, um etwas sehen zu können, aber ich blieb einfach stehen. Ich war total nervös. Da die Musik lief und Gejohle und Geschrei zu hörenwaren, wusste ich, dass eine Stripperin dran war. Es war echt laut. Dann ertönte großer Jubel, und ich ging ganz nach unten und guckte um die Ecke.
    Zuerst konnte ich nicht sehen, welche es war, weil ein paar Männer davorstanden. Als sich dann einer von ihnen bewegte, sah ich, dass es eine andere Stripperin war und nicht Maureen. Ihren Namen kannte ich nicht. Sie war noch sehr jung und ignorierte mich immer. Sie hatte überhaupt nichts an und hockte auf Händen und Knien auf einem Tisch. Einer der Männer saß hinter ihr und hatte ein langes, rosafarbenes Ding in der Hand, das wie eine Spielzeugrakete aussah und mit dem er an ihr rumspielte. Sie lachte, und die anderen lachten auch. Auch mein Papa, der mit einem halbvollen Bierglas vor der Bar stand. Er war total rot. Dann ging am anderen
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