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Tief

Tief

Titel: Tief
Autoren: Mike Croft
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sagte Zemtsov.
    Vadyaev nickte kaum merklich. In der Kommandozentrale der Victor herrschte Schweigen. Etwa zehn Sekunden lang bewegte sich der Waffen-Offizier nicht und stand in gebeugter Haltung über dem Schaltknopf. Gerade als seine Konzentration nachzulassen begann und er sich fragte, worauf der Kommandant denn noch wartete, sagte Zemtsov in ruhigem Tonfall: »Feuer.«
    Vadyaev gab seinen zuckenden Zeigefinger frei und betätigte den Abzug. Die Rakete schoss aus dem Rohr heraus, einen Lenkdraht hinter sich herziehend.
    »Bugsonar kontrolliert die Waffe«, sagte der Waffen-Offizier. »Waffensensoren übernehmen in etwa sechzig Sekunden.«
    Seine Hand lag über dem Schalthebel; wenn die Sensoren nicht funktionierten, würde er die Rakete selbst steuern müssen.
    Zemtsov wurde ganz ruhig. Jetzt war es geschehen. Er hatte seine Entscheidung getroffen, und in ein paar Minuten waren unschuldige Männer tot. Wie würde er in zehn Jahren darüber denken? In zwanzig Jahren? Auf dem Totenbett? Stirnrunzelnd starrte er auf den Monitor. Das Ziel stand bewegungslos in der Mitte. Der Torpedo – ein grüner Punkt – bewegte sich unausweichlich darauf zu.

3
    Die Tenacious stieg stetig auf. In seiner Kajüte schenkte Kommandant Gerhardie Kate und Roddy ein Glas Sherry ein.
    »Auf das Meer«, sagte er, ein wenig verlegen, »und auf die Wahrheit über das Meer.«
    Roddy stieß mit ihm und Kate an; trotz der entsetzlichen Zerstörungsszenen, die sie gesehen hatten, trotz all der Arbeit, die noch vor ihnen lag, um diesen unermesslichen Schaden an der Meeresumwelt aufzuhalten und umzukehren, verspürte er ein Gefühl der Erleichterung. Seine Vermutungen hatten sich als richtig erwiesen, und von nun an würde die Welt doch sicher zuhören, wenn Umweltschützer etwas sagten. Es war vielleicht idealistisch, aber er stellte sich vor, wie Regierungen, Industrie und Verbraucher gemeinsam an einer besseren Welt arbeiteten.
    Kate wirkte immer noch ein wenig angespannt und zurückgezogen. Die Anstrengung, ihre Angst vor Wasser und engen Räumen zu unterdrücken, forderte ihren Preis. Auch auf sie warteten bedeutende Aufgaben. In etwa einer Stunde würde sie die wahrscheinlich wichtigste Sendung ihres Lebens machen, und sie musste sich noch eine Schlagzeile ausdenken, die diese Story für jeden unvergesslich machen würde. Alle möglichen Satzfetzen gingen ihr durch den Kopf, und wieder einmal verdrängte sie ihre Angst, um sich auf den Text zu konzentrieren.
    »Nicht schlecht«, sagte Gerhardie, nachdem er einen Schluck Sherry getrunken hatte.
    Plötzlich hörten sie aus der Kommandozentrale ein lautes, nervöses: »Himmel …« Gleich darauf folgte der Schrei: »Angriff, wir werden angegriffen, Angriff, Angriff!«
    Gerhardie sprang auf, als auch schon Sammy Gale in der Tür stand und keuchte: »Torpedo, Sir!«
    Die beiden Männer rannten weg.
    »Torpedo Peilung rot null-vier-null«, schrie jemand, »rechts weisende Peilung zwei-drei-fünf!«
    »Kurs zwei-drei-fünf«, gellte Gerhardie und eilte zum Waffenkontrolltisch. Mit einem raschen Blick auf die Monitore überzeugte er sich, dass es sich nicht um einen Irrtum handelte. »Mannschaft der Tenacious , ich übernehme das Kommando! Feuert einen Täuschkörper ab!«
    »Aye, aye, Sir!«
    »Bleibt ruhig, denkt an eure Ausbildung, euer Leben könnte davon abhängen!«
    Der Ruck, mit dem der Täuschkörper abgefeuert wurde, ging durchs ganze Schiff. Der Kommandant und der Zweite Offizier beugten sich über den Waffenkontrolltisch. Der Steuermann, die übrigen Offiziere und die Kadetten rührten sich nicht vom Fleck. Ein paar Sekunden lang herrschte Stille. Roddy und eine totenbleiche Kate fassten sich unwillkürlich an den Händen. Schließlich sagte der Zweite Offizier in verstörend normalem Tonfall:
    »Ich habe es gefunden, Sir. Sehen Sie sich diese Störsignale an. Es ist das russische U-Boot.«
    »Wie lange haben wir noch?«, fragte Gerhardie.
    »Etwa dreieinhalb Minuten.«
    Kate begann heftig zu zittern, als ob sie einen Stromstoß abbekommen hätte.
    »Nicht in einem U-Boot!«, schrie sie. »O lieber Gott, lass mich nicht hier unten sterben!«
    Vor lauter Angst wurden ihre Kräfte übermenschlich. Roddy konnte sie kaum bändigen. Sie schlug und trat nach ihm, schrie aus Leibeskräften. Zwei Kadetten eilten Roddy zu Hilfe, und gemeinsam warfen sie die Frau zu Boden. Einer der Kadetten schloss die Tür zum Zimmer des Kapitäns, damit die Mannschaft in der Kommandozentrale nicht gestört
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