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Tiamat-Zyklus 2 - Die Sommerkönigin 1 - Der Wandel der Welt

Titel: Tiamat-Zyklus 2 - Die Sommerkönigin 1 - Der Wandel der Welt
Autoren: Joan D. Vinge
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verstehen, was dieser Umstand bedeutete; wer dem Sibyllennetz angehörte, kümmerte sich zuerst um andere, und erst dann um sich selbst. Als sie sah, wie er die Lippen zusammenkniff, wußte sie, daß er immer noch nicht begriffen hatte. Er hatte es nie verwunden, daß sie eine Sibylle werden durfte, er hingegen wurde abgelehnt. Und sie hatte die Weihe seiner Liebe vorgezogen. Obendrein war dieser Fremde, der einst versucht hatte, sie ihm wegzunehmen, auch ein Sibyl. »Er ist ein Sibyl«, wiederholte sie mit Nachdruck. »Also wird er vermutlich verstehen, daß es wichtigere Dinge gibt als private Gefühle.«
    »Noch wichtigere Dinge als die Loyalität seinesgleichen gegenüber?« fragte Funke schroff.
    »Ja«, antwortete sie, ihm fest in die Augen sehend.
    Er wandte den Blick ab und betrachtete den funkelnden, wartenden Sternenhafen. »Ich möchte dich noch etwas fragen ...« Sie sah sein Profil und merkte, wie er krampfhaft schluckte. Dann sah er sie wieder an, mit großen, smaragdgrünen, glänzenden Augen, doch die Frage blieb unausgesprochen.
    Sie umarmte ihn und lehnte das Gesicht gegen seine Schulter. Beinahe widerstrebend erwiderte er die Umarmung. Es gab keine Frage, und es gab keine Antwort; umschlungen wie ein Liebespaar standen sie da, an einem Scheideweg ihres Lebens angelangt, unfähig, ein Wort des Abschieds zu äußern.
    Schließlich drehte sie sich im Kreis seiner Arme und blickte wieder in die Nacht hinaus. Plötzlich hob sie die Hand und zeigte auf etwas. »Da, schau!«
    Funke folgte ihrem Blick; er sah die Lichteffekte und wußte was sie bedeuteten. Aus dem Himmel fielen Sterne ... Hologramme, deren perfekt kontrollierte Bahnen einander ständig überkreuzten, so daß ein harmonischer Rhythmus entstand. Mond hatte dieses Schauspiel schon einmal gesehen, damals jedoch ohne zu ahnen, was dahintersteckte, und was es für ihre Welt bedeutete. Zu jener Zeit war es das Zeichen dafür gewesen, daß die Tage der Außenweltler auf Tiamat gezählt waren. Nun jedoch zeigte der holographische Sternen-regen das genaue Gegenteil an: die Zeit, die die Hegemonie auf Tiamat verweilen würde, war fortan unbegrenzt. Wie mochte wohl ihre persönliche Zukunft aussehen? Sie klammerte sich an die Arme ihres Mannes – eine Frau, die von einem Sturmwind überrascht wurde und sich fürchtet, davongeweht zu werden.
     

TIAMAT
Karbunkel
    B Z Gundhalinu schaute durch die Spiegelglasfenster des Hovercrafts, das langsam durch Karbunkels Straßen schwebte; um der Sicherheit und des Effekts willen hatte man die Geschwindigkeit gedrosselt. Mit ihm im hermetisch versiegelten Cockpit saßen Vhanu, der unzusammenhängend daherredete und belanglose Fragen stellte, die Gundhalinu zerstreut beantwortete, außerdem Echarthe, der neue Handelsminister. Ein schwerbewaffneter Blauer in Dienstuniform steuerte das Fahrzeug und sorgte gleichzeitig für ihren Schutz. Zwei weitere Hovercrafts folgten ihnen; sie transportierten Beamte und Sicherheitspersonal. Vhanu hatte darauf bestanden, daß alle Vehikel mit Energieschildern und Waffen bestückt waren.
    Gundhalinu sah die Grüppchen von Tiamatanern, die die Straßen säumten, um den Konvoi zu beobachten. Ein paar der Einheimischen blickten feindselig drein, doch die meisten gafften nur mit unverhohlener Neugier, offenbar mehr an den seltsamen Fahrzeugen interessiert als an den kaum erkennbaren Passagieren. Einige winkten ihnen sogar zu und machten Zeichen des Triumphs – Winterleute vermutlich.
    Noch ehe das erste Shuttle, im Sternenhafen landete, hatten die Sensoren der
Ilmarinen
Daten von der Planetenoberfläche gesammelt, die alle an Bord – außer Gundhalinu – in helle Aufregung versetzten. Die routinemäßig durchgeführten EM-Scans hatten ergeben, daß wider Erwarten elektronische Geräte in Gebrauch waren. Die Technologie war primitiv, aber mit Apparaturen dieser Art hatte man gar nicht gerechnet. Es gab Fabriken und Neubauten; an Stelle eines urtümlichen Lebensstils und kultureller Stagnation fand sich Fortschritt.
    Gundhalinu hatte sich mit seinen Äußerungen zurückgehalten und lediglich versucht, die allgemeine Besorgnis zu dämpfen; aber jedes Wort, das er aussprach, überlegte er sich zweimal, aus Angst, durch irgendeine fahrlässige Bemerkung zu verraten, wieviel er im Grunde über Tiamat – und die Sommerkönigin – wußte.
    Tags zuvor hatte er Vhanu als seinen Emissär in den Palast geschickt – da laut Angaben der hiesigen Polizei Mond Dawntreader dort ihr Domizil
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