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Themiskyra – Die Begegnung (Band 1) (German Edition)

Themiskyra – Die Begegnung (Band 1) (German Edition)

Titel: Themiskyra – Die Begegnung (Band 1) (German Edition)
Autoren: Dani Aquitaine
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wenn wir aufeinander trafen, informierten wir uns gegenseitig nur knapp über Dantes Zustand. Und der war so deprimierend, dass uns die Worte fehlten – und die Energie, nach ihnen zu suchen.
    Wir waren nicht die Einzigen, die sich um Dante kümmerten. Einmal sah ich Juri aus der Hütte kommen, einmal eine Frau um die fünfzig, die ich nicht kannte. Und einmal Kala.
    „Es geht ihm nicht gut, Ell“, sagte sie bekümmert, als wir vor der Veranda aufeinander trafen.
    „Das weiß ich auch“, fuhr ich sie an. Doch dann erkannte ich, dass sie tatsächlich Tränen in den Augen hatte und meine Ruppigkeit tat mir leid. Sie konnte ja nichts für meine Müdigkeit und Frustration. Sanfter setzte ich hinzu: „Ich wusste gar nicht, dass du ihn kennst.“
    Verwirrt schüttelte sie den Kopf. „Natürlich. Wir kennen uns alle.“
    Nur die Amazonen kennen sie nicht und lassen sie vor ihren Augen sterben.
     
    Eine gute Woche nach Dantes Zusammenbruch kam ich abends in die Hütte und stellte erstaunt fest, dass Louis anwesend war. Er stand regungslos an Dantes Bett und reagierte nicht auf mein Eintreten. Ein eisiger Schreck fuhr mir in die Glieder.
    Nein , dachte ich panisch, bitte nicht.
    Als ich jedoch hinlief, erkannte ich, dass sich die Brust des alten Mannes hob und senkte, und ich konnte auch seinen rasselnden Atem hören. Ich blickte zu Louis auf und registrierte erschrocken, dass die Hoffnung aus seinem' Gesicht verschwunden war. Er sah nur noch traurig aus, so traurig, dass mir selbst das Herz unendlich schwer wurde.
    Mein Groll löste sich auf. Vollständig. Unspektakulär verpuffte er ins Nichts. Louis war nicht der Böse, auch wenn Polly das so sehen wollte. Ich war nicht die Böse, auch wenn ich mich so gefühlt hatte.
    Wir waren einfach nur wir.
    Zwei Wesen, zwei Seelen, die irgendwie versuchten, in dieser seltsamen Welt zurechtzukommen, sich aber gegenseitig nicht helfen durften und genau deshalb immer wieder über einander stolperten. Und das tat manchmal eben weh.
    Ich hätte so gerne etwas gemacht, um Dante zu helfen und die Trauer aus Louis' Gesicht zu verbannen. Nein, mehr noch, mir wurde klar, dass ich alles dafür getan hätte. Es war mit einem Mal das Wichtigste auf der Welt. Aber ich konnte nichts machen. Ich konnte nur zeigen, dass ich auch da und er nicht alleine in seinem Kummer war, und nahm kurzentschlossen seine Hand in die meine.
    Louis sah nicht auf, aber er drückte meine Hand. Fest. Es summte, anders als sonst, auf einer tieferen, beruhigenden Frequenz.
    Ich weiß nicht, wie lange wir so dastanden und schweigend auf den schlafenden Dante blickten. Wahrscheinlich sehr viel kürzer, als ich im Nachhinein vermutete. Oder sehr viel länger.
    Aella? Mist. Mein Verstand. Er hatte mich ertappt. Was machst du da?
    Keine Ahnung. Nichts. Zumindest nichts Schlimmes. Ich stehe einem Freund in einer schwierigen Situation bei?
    Kein Grund, hier Wurzeln zu schlagen!
    Ich seufzte innerlich und löste sanft meine Hand aus Louis'. „Ich gehe wieder.“
    Sehr gut, lobte mein Verstand. Schwing die Hufe. Es ist schon spät und du brauchst deinen Schlaf.
    Louis atmete tief durch. „Gute Nacht. Und danke.“
    Gerade, als ich mich umdrehen und zur Tür gehen wollte, sagte Louis leise, fast abwesend: „Er hat den ganzen Tag geschlafen. Ich weiß nicht, ob er noch mal aufwacht.“ Dabei sah er wieder so traurig aus, dass es fast mein Herz brach, aber ich riss mich zusammen.
    „Gib die Hoffnung nicht auf.“ Ich befürchtete, dass es dafür schon zu spät war, aber ich wusste nicht, was ich sonst sagen sollte.
    Er nickte stumm.
    Los jetzt!
    Ich widerstand dem drängenden Bedürfnis, ihn noch einmal zu berühren, um ihm Mut zuzusprechen und das Summen noch einmal in mir aufleuchten und die Sorge davon verdrängen zu lassen. Stattdessen riss ich mich los und machte mich auf den Heimweg.
    Als ich den kleinen Platz überquerte, fiel mir auf, dass ich mich immer noch nicht bei ihm erkundigt hatte, wie mein Pfeil auf seinen Nachttisch gekommen war. Aber bei unseren seltenen Gesprächen erschien es mir immer zu profan, danach zu fragen. Und so idiotisch und armselig es war – irgendwie fand ich die Vorstellung ganz … angenehm, dass etwas von mir bei ihm war, auch wenn er das gar nicht wusste.
     
    Der alte Mann schlief auch den ganzen folgenden Tag durch. Auf meinem Weg in die Arbeitersiedlung nach dem Abendessen rechnete ich schon mit dem Schlimmsten. Und doch traf es mich völlig unvorbereitet, als ich in die Hütte
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