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The Weepers - Und sie werden dich finden: Roman (German Edition)

The Weepers - Und sie werden dich finden: Roman (German Edition)

Titel: The Weepers - Und sie werden dich finden: Roman (German Edition)
Autoren: Susanne Winnacker
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ich das.
    Dad schüttelte den Kopf. »Sherry, ich habe Nein gesagt.«
    Nein? Glaubte er im Ernst, er konnte es mir verbieten? Nach allem, was ich getan hatte? Ich war während der letzten paar Monate ja wohl die einzig Vernünftige in diesem verdammten Bunker. Er und Mom waren nämlich viel zu sehr damit beschäftigt gewesen, sich zu streiten.
    »Dad, du kannst nicht allein da rausgehen. Wenn du dich verletzt, kann dir niemand helfen. Das ist Regel Nummer eins in solchen Situationen – niemand geht allein, immer nur zu zweit. Das hast du doch immer gesagt. Du und Grandpa.«
    Grandpa hatte Dad diese Regel wieder und wieder eingetrichtert, und Dad hatte sie dann an Bobby und mich weitergegeben. Er hatte Dutzende von Büchern über Leute gelesen, die im Dschungel, in der Wüste, im ewigen Eis und wer weiß wo sonst noch überlebt hatten. Ein Mensch kann nicht länger als drei Wochen ohne Nahrung auskommen. Ich konnte förmlich hören, wie mir Grandpa das vorbetete.
    »Wenn ihn jemand begleitet, dann ich«, sagte Mom, doch in ihrem Gesicht stand nackte Angst. Sie würde mich nicht aufhalten, so viel war sicher.
    »Und dein Asthma? Außerdem muss jemand bei Grandma, Mia und Bobby bleiben.«
    Mom runzelte die Stirn und sah sich verzweifelt um. »Es ist zu gefährlich. Du bist doch noch ein Kind.« Ich öffnete den Mund, um Widerspruch einzulegen, doch sie fuhr schon fort. »Und wenn dir was passiert? Ich will euch nicht beide verlieren, auf keinen Fall.«
    »Mom, wir suchen nur was zu essen. Uns wird schon nichts passieren.«
    Es war offensichtlich, dass ich sie überredet hatte. Bobby verschränkte die Arme vor der Brust. »Ich werde Dad begleiten, nicht du. Du bist ein Mädchen.«
    Ich rollte mit den Augen. »Ich bin zwei Jahre älter als du. Außerdem hat mich Dad mit zum Schießstand und auf die Jagd genommen. Ich weiß, wie man mit einer Waffe umgeht.«
    Bobby wollte gerade zu einem höchstwahrscheinlich ziemlich bescheuerten Widerspruch ansetzen, als Dad die Hand hob. »Es reicht.«
    Alle sahen ihn an.
    »Sherry hat recht. Ich sollte nicht allein losziehen, und sie kommt noch am ehesten infrage.«
    Bobby ließ die Schultern sinken. Ich musste mir ein Grinsen verkneifen.
    1 141 Tage, seit ich zum letzten Mal das Tageslicht gesehen und frische Luft gerochen hatte, seit mir der Wind das Haar zerzaust hatte.
    Dad schnappte sich seine Jacke und zog sie über. »Nimm deinen Mantel mit.«
    Ich nickte, während ich in Moms alte Turnschuhe schlüpfte. Dann zog ich den Mantel an – der ebenfalls Mom gehörte, weil mir meine Sachen nicht mehr passten – und ging zu Dad hinüber. Er stand vor der Holztreppe, an deren Ende die Stahltür lag, die uns vor allem beschützte, was auch immer dort draußen lauern mochte. Mom, Bobby und Mia folgten uns. Grandma strickte weiter und sah nicht auf.
    Klick. Klick.
    »Sei vorsichtig, bleib bei deinem Dad und hör auf das, was er dir sagt ...«
    »Mach dir keine Sorgen, Mom. Mir wird schon nichts passieren. Uns wird nichts passieren.«
    Sie wirkte ganz und gar nicht überzeugt, aber sie versuchte trotzdem zu lächeln und umarmte mich fest. Schließlich ließ sie mich los, wandte sich zu Dad um und gab ihm einen Kuss. »Pass gut auf sie auf – und kommt bald wieder zurück.« Ihre Stimme zitterte.
    »Versprochen«, sagte er. Er war aufgeregt. Offen sichtlich konnte er es so wenig erwarten wie ich, endlich hier rauszukommen.
    Ich umarmte Mia und Bobby – trotz Bobbys schwachem Protest –, dann folgte ich Dad die Treppe hinauf. Wir blieben vor der Stahltür stehen. Meine Hände waren schweißnass – jetzt gab es kein Zurück mehr. Mom ging ebenfalls die Treppe hoch und blieb hinter mir stehen. Zum ersten Mal seit Monaten, vielleicht sogar seit Jahren, machte mir ihre Gegenwart Mut. Dad öffnete die drei Schlösser und zog. Mit einem ohrenbetäubenden Kreischen schwang die Tür auf. Ich holte tief Luft, erwartete, dass gleich etwas über uns herfallen würde.
    Doch nichts geschah.
    Warme Luft schlug mir entgegen und füllte meine Lunge. Sie war stickig und abgestanden, und ich fing an zu schwitzen. Dad betrat vorsichtig unseren Hausflur. Er hielt die Schrotflinte fest umklammert, bedeutete mir zu warten und sah sich im Flur um. Dann verschwand er aus meinem Blickfeld. Einen Augenblick später war er wieder da. »Alles klar. Du kannst rauskommen.«
    Freiheit.
    Dad wandte sich Mom zu. »Bleibt im Bunker. Wenn wir bis morgen nicht zurück sind, dann hol die Pistole, die noch in der
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