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The Walking Dead 3: Roman (German Edition)

The Walking Dead 3: Roman (German Edition)

Titel: The Walking Dead 3: Roman (German Edition)
Autoren: Robert Kirkman , Jay Bonansinga
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geschafft, einige der noch vernünftigen Einwohner Woodburys zusammenzutrommeln – darunter auch Dr. Stevens, Alice und Martinez, eigentlich die rechte Hand des Governors –, um den Governor eines Nachts zu entführen und eine Spritztour ins umliegende Zombieland zu unternehmen. Etwas liebevolle Strenge würde ihm guttun. Der Plan lautete, ihn wie aus Versehen einem Beißer zum Abendessen zu servieren. Aber diese Zombies können die Gewohnheit nicht abschütteln, selbst die besten Pläne in Schutt und Asche zu legen, und so waren sie wie aus dem Nichts von einer ganzen Herde umzingelt. Aus der Spritztour wurde ein Überlebenskampf … und der Governor überlebte, um am Tag drauf weiterhin das Zepter Woodburys in der Hand zu halten.
    Merkwürdigerweise diente dieser gescheiterte Versuch eines Attentats nur dazu, die Machtposition des Governors zu stärken. Für diejenigen, die bereits in seinem Bann standen, wurde er zu Alexander dem Großen, der nach Mazedonien zurückkehrte … verwundet, angeschlagen, aber nicht kleinzukriegen – ein knallharter Typ, zum Anführer geboren. Niemandem schien es etwas auszumachen, dass ihr Chef offensichtlich – zumindest in Lillys Augen – nichts anderes als ein gewöhnlicher Soziopath war. Dies sind brutale Zeiten, und brutale Zeiten bedürfen brutaler Herrschaft . Und ganz nach dem Motto verhielt er sich auch. Für die Verschwörer wurde der Governor zu einem grausamen Lehrer, der stets voller Freude seine grausamen »Lektionen« verabreichte.
    Lilly nähert sich einer Reihe zweistöckiger Backsteingebäude, die am Rand des Geschäftsviertels stehen. Früher einmal nette, kleine Häuser mit Eigentumswohnungen, die jetzt aber alle Anzeichen notdürftiger Unterkünfte für jene tragen, die einen Zufluchtsort vor der Plage suchen. Mit Stacheldraht umwickelte Lattenzäune, brachliegende, steinige Beete, übersät mit Patronenhülsen, und über den Türstöcken herabhängend Bougainvillea-Ranken, tot und braun wie zerfaserte Kabel.
    Lilly blickt zu den mit Brettern verschlagenen Fenstern hoch und wundert sich zum hundertsten Mal, warum sie noch immer Teil dieser grässlichen, desolaten, zerrütteten Familie ist, die sich Woodbury nennt. Aber sie kennt die Wahrheit – der einzige Grund ist, dass sie keine andere Wahl hat. Außerhalb der Barrikaden wimmelt es nur so von Beißern, auf den Straßen jenseits der Siedlung lauern Tod und Verwesung. Lilly bleibt hier, weil sie Angst hat, und Angst ist die größte Macht in dieser neuen Welt. Angst treibt die Leute dazu, sich zurückzuziehen, löst Instinkte aus, fördert das Schlechteste im Menschen, von dem man zwar dachte, es sei längst besiegt, das aber nichtsdestoweniger in den Tiefen der menschlichen Seele überlebt hat.
    Für Lilly Caul hat das Dasein eines eingesperrten Tieres im Zoo etwas anderes zum Vorschein gebracht, etwas, das sie den Großteil ihres Lebens tief verborgen mit sich herumschleppt, etwas, das sie in ihren Albträumen immer wieder heimgesucht, etwas, das sich tief in ihrem Knochenmark versteckt gehalten hat: Angst vor Einsamkeit .
    Sie ist ein Einzelkind, das in der gutbürgerlichen Mittelschicht Mariettas aufgewachsen ist. So spielte sie meistens allein, saß allein im hintersten Eck der Kantine oder des Schulbusses … egal was, sie tat es immer alleine. In der Highschool sorgten ihre aufblühende Intelligenz, ihre Hartnäckigkeit und ihr scharfer Witz dafür, dass sie nie Teil der Cheerleader-Gemeinschaft wurde. Sie wuchs einsam auf, und die Last dieser verborgenen, in ihr schlummernden Angst drohte sie in dieser postapokalyptischen Welt zu zerstören. Sie hat alles verloren, das ihr jemals etwas bedeutet hat – ihren Vater, ihren Freund Josh, ihre Freundin Megan.
    Alles. Sie hat einfach alles verloren.
    Ihre Wohnung befindet sich am östlichen Ende der Hauptstraße, in einem der heruntergekommensten Backsteingebäude Woodburys. Tote Pflanzen kleben an der Westwand wie Schimmel, die Fenster sind von schwarzen, vertrockneten Ranken eingerahmt. Auf dem Dach sprießen Antennen und uralte Satellitenschüsseln, die mit allergrößter Wahrscheinlichkeit nie wieder ein Signal empfangen werden. Als Lilly sich ihrer Unterkunft nähert, hat sich die Sonne durch die niedrig hängende Wolkendecke gekämpft und strahlt jetzt mit ihren blassen und doch wärmenden Strahlen auf sie nieder, sodass sie – dick angezogen, wie sie ist – zu schwitzen beginnt.
    Sie geht zur Tür, sucht nach ihren Schlüsseln.
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