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The Lost Coast

The Lost Coast

Titel: The Lost Coast
Autoren: Barry Eisler
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anscheinend ein Büro untergebracht war.
    Etwa in der Mitte der Gasse lehnte ein Mann in Kapuzenpullover und mit Holzfällerstiefeln an einem Gebäude und hielt eine brennende Zigarette in der Hand. Larison musterte ihn reflexartig und registrierte das lange, fettige Haar sowie eine heftige Akne. Ein Koch oder Barkeeper, der eine Zigarettenpause hinter einer der Bars machte? Möglicherweise, nur stand er nicht in der Nähe einer Tür. Und er beobachtete sie, und zwar nicht nur beiläufig oder gelangweilt, sondern schien sich auf eine Art zu konzentrieren, die Larison gar nicht gefiel. Die Penner, die er gesehen hatte, waren ihm ganz normal vorgekommen. Sie würden nicht versuchen, jemanden ganz in der Nähe des Ortes zu überfallen, an dem die Polizei sie hinterher zusammentreiben würde. War er ein Bummler, so wie er selbst? Das konnte sein. Aber er sah eher wie ein Student aus. Was ihn auf Larisons Gefahreneinschätzungsskala herabgestuft hätte, wäre da nicht diese fokussierte Art gewesen, in der er sie musterte.
    Sie gingen an dem Bürohaus vorbei und vom gepflasterten Gehweg auf losen Schotter. Es gefiel Larison gar nicht, dass ihre Schritte jetzt ein so lautes Geräusch machten, während sich der Typ an der Mauer lautlos an sie anschleichen konnte. Als er über die Schulter nach hinten sah, hatte sich der Mann tatsächlich von der Mauer entfernt und kam in ihre Richtung. Er hielt etwas Langes in der Hand – ein Metallrohr, vermutete Larison. Was bedeutete, dass er keine Knarre besaß. Normalerweise hätte ihm das Spaß gemacht, in der „Trottel bringt ein Rohr mit zu einer Schießerei“-Weise, doch an diesem Abend konnte es Probleme geben. Der Türsteher hatte sein Gesicht gleich zweimal gesehen. Er hatte sich tatsächlich mit der Barkeeperin unterhalten. Und natürlich war da noch Seth. Was immer auch passierte, er konnte auf niemanden schießen. Er konnte niemanden umbringen, so viel stand fest.
    Auf der rechten Seite stand eine alte Holzhütte, und dahinter befand sich ein kleiner Parkplatz mit etwa einem halben Dutzend Autos, von denen eines vermutlich Seth gehörte. Larison wollte Seth schon warnen, dass es Ärger geben würde, und ihn auf die andere Seite der Hütte ziehen, um den Typen mit dem Rohr von dort aus außer Gefecht zu setzen, als ein weiterer Mann im Kapuzenpullover an genau der Stelle auftauchte, die Larison ins Auge gefasst hatte. Auch er hielt ein Rohr in der Hand. Er ließ es gegen seine Handfläche prallen und grinste, wobei seine schiefen Zähne zum Vorschein kamen. „Was zum Henker haben wir denn hier?“, sagte er mit einer seltsamen gepressten Stimme.
    Larison blieb wie angewurzelt stehen und widerstand dem Drang, auf Distanz zu gehen und die Glock zu ziehen. Die Puzzleteile ergaben auf einmal ein Bild:
Keine Räuber. Räuber benutzen keine Rohre, weil das keine psychologisch einschüchternden Waffen sind. Und ein Räuber stellt außerdem als Erstes eine ablenkende oder zum Opfer passende Frage wie:
Hey, Mann, hast du mal Feuer? Weißt du, wie ich zur 8. Straße komme?
, anstatt gleich eine Herausforderung auszusprechen. Nein. Das war kein Raubüberfall, die wollten einen Schwulen verprügeln, und der schüchterne, süße Seth, oder wie immer er auch hieß, mit seinem schönen Lächeln und den wunderbaren Augen, die begeistert aufgeblitzt hatten bei dem Gedanken, die Bar zusammen mit einem interessanten Fremden zu verlassen, war der Köder.
    All das begriff Larison in weniger Zeit, als der andere für seine Worte benötigt hatte. Und ihm war aus seiner Teenagerzeit klar, dass diese Kerle nichts anderes im Sinn hatten, als ihn zusammenzuschlagen. Das war ihre eigentliche Absicht, aber sie wollten das Vorspiel voller Angst und Erniedrigung auch in vollen Zügen genießen.
    Was jedoch ihr Pech war, denn Larison hatte nie viel auf ein Vorspiel gegeben. Er kam immer gleich direkt zur Sache.
    Er hörte auf dem Schotter hinter sich Schritte. Aus dem Augenwinkel konnte Larison erkennen, dass sich Seth langsam davonstehlen wollte. Sein Gegenüber ließ das Rohr erneut auf seine Handfläche prallen und sah an Larison vorbei zu seinem sich nähernden Kumpel. „Siehst du das?“, meinte er zu ihm. „Wir haben …“
    Doch weiter ließ ihn Larison nicht kommen. Er riss die linke Hand mit der Außenkante nach vorn hoch, packte das Rohr, das der andere noch immer festhielt, und ließ seine rechte Handfläche direkt unter das Kinn seines Gegners prallen. Dessen Kopf wurde nach hinten
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