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The Homelanders, Band 1: The Homelanders - Stunde Null (Bd. 1) (German Edition)

The Homelanders, Band 1: The Homelanders - Stunde Null (Bd. 1) (German Edition)

Titel: The Homelanders, Band 1: The Homelanders - Stunde Null (Bd. 1) (German Edition)
Autoren: Andrew Klavan
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Anblick der tödlichen Flüssigkeit, die in die Glaskanüle strömte.
    Ein schwacher, verzweifelt kleiner Hauch der Hoffnung durchwehte mich wie ein frischer Luftzug. Ich weiß, es war nur das eine Bein, der Rest meines Körpers war noch immer an den Stuhl gefesselt. Aber ein Kampfsportler hat vier Waffen – zwei Arme und zwei Beine –, und eine meiner Waffen war jetzt frei. Das war immerhin etwas. Es war eine Chance. Zumindest würde ich nicht kampflos sterben müssen.
    Gib niemals auf.
    Sensei Mike brachte mir noch eine andere Redewendung bei. Es war etwas über Kampfkunst, das er im Fernsehen in einer alten Serie mit dem Titel Kung Fu gehört hatte. Er sagte, es sei die erste Regel eines echten Kampfsportlers und sie laute folgendermaßen: »Vermeide statt zu stoppen; stoppe statt zu blocken; blocke statt anzugreifen; greife an statt zu verletzen; verletze statt zu verstümmeln; verstümmle statt zu töten, denn jedes Leben ist kostbar«.
    »Halte die andere Wange hin«, wie wir es in unserer Kirche nennen.
    »Wenn jemand dich beleidigt oder versucht, einen Streit mit dir anzufangen, dann halte ihm die andere Wange hin, versuche, Frieden mit ihm zu schließen, entferne dich. Tue alles, was du kannst, um dich nicht zu prügeln und niemanden zu verletzen.« Das hat Sensei Mike mir beigebracht und daran glaube ich hundertprozentig. Ich würde die Kampfkunst nur dann gegen jemanden einsetzen, wenn ich unbedingt muss. Ich würde jedem Kampf aus dem Weg gehen, wenn ich kann, auch wenn man mich einen Feigling nennt.
    Aber die andere Wange hinzuhalten, bedeutet nicht, sich töten zu lassen. Es bedeutet nicht, sich von Tyrannen beherrschen zu lassen oder untätig zuzusehen, wenn große Jungs kleinere Jungs schikanieren, oder Männer Frauen schlagen. Ich weiß, dass es meiner Mutter nicht gefallen würde, das von mir zu hören. Genauso wenig, wie es einigen meiner Lehrer gefallen würde. Aber in unserer Kirche gibt es noch eine Redensart: »Die Wahrheit wird dich befreien.« Und die Wahrheit ist, dass einmal eine Zeit kommen mag, da selbst der friedlichste Mensch kämpfen muss, damit nicht etwas wirklich Schlimmes geschieht.
    Ich wusste, dass diese Zeit jetzt für mich gekommen war.
    Ich holte Luft, atmete langsam durch die Nase ein, durch den Mund wieder aus und entspannte meinen Körper. Mir war klar, dass ich wahrscheinlich nur eine Chance hatte, nur einen Versuch, und den durfte ich auf keinen Fall vermasseln.
    Rattengesicht war fertig, die Spritze war voll. Er legte die Ampulle auf den Schrank und hielt die Spritze dann mit der Nadel nach oben in die Luft. An der Spitze der Nadel war ein kleiner Tropfen der klaren Flüssigkeit ausgetreten. Er behielt ihn genau im Auge, damit er nicht auf seine Hand fiel.
    Der Blick von Dickwanst wanderte zwischen der Nadel und mir hin und her. Er hatte einen Ausdruck freudiger Erwartung auf seinem dümmlichen Gesicht. »Oh Mann«, sagte er. »Das wird super.«
    Rattengesicht grinste und kam auf mich zu. Dabei hielt er die Spritze fest umklammert und ließ sie nicht aus den Augen, während er langsam und vorsichtig einen Fuß vor den anderen setzte, als balanciere er auf einem Hochseil. »Es ist so weit, Mistkerl«, sagte er mit gehetzter Stimme. »In einer Minute wirst du schreien wie ein Opernsänger.«
    Er kam noch einen Schritt näher. Ich beobachtete ihn und wartete, hielt meinen Körper entspannt, atmete gleichmäßig ein und aus. Aber es war nicht einfach. Vor lauter Angst hatte ich das Gefühl, meine Kehle würde sich zuschnüren.
    Rattengesicht brachte die Nadel noch einen Schritt näher an mich heran. Er war jetzt so nah, dass ich ihm mit dem rechten Fuß einen Tritt hätte verpassen können, aber er war noch nicht da, wo ich ihn haben wollte. Es musste genau passen. Ich hatte nur diese eine Chance.
    Er kam immer näher und hielt die Spritze in die Luft. Dann war er direkt an meiner rechten Seite und griff mit seiner linken Hand nach meinem rechten Handgelenk, war kurz davor, es zu packen und mir das Gift zu injizieren.
    »Okay, mein Freund«, sagte er mit funkelnden Augen. »Es wird nur ungefähr eine Stunde wehtun. Dann bist du tot.«
    Dickwanst lachte wieder dümmlich. Er beobachtete das Ganze wie ein Kind, das sich ein Feuerwerk ansieht.
    Rattengesicht machte einen weiteren Schritt nach vorn. Perfekt. Endlich war er da, wo ich ihn haben wollte.
    Ich ließ mein Bein mit aller Kraft nach vorn schnellen und platzierte einen blitzartigen Fußtritt direkt zwischen seine
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