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The Acid House (German Edition)

The Acid House (German Edition)

Titel: The Acid House (German Edition)
Autoren: Irvine Welsh
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zu machen. Er wusste, dass er menschlich war, nur allzu menschlich, allzu schutzlos gegenüber den Kräften, die ihn zu zerquetschen und zu zerreißen drohten. Coco betete um einen baldigen Sieger im Wettstreit der beiden ungeheuren und einander ebenbürtigen Kräfte. Eine Weile musste er diese Folter noch ertragen, dann fühlte er, wie er aus der Leere gesogen wurde. Er hatte DAS LICHT bisher nur erahnt, aber jetzt konnte er es tatsächlich sehen, es brannte sich durch seine Augenlider, die er nicht öffnen konnte. Und dann merkte er, dass dort Stimmen waren:
    – Ein wunderschönes Baby!
    – Sie ham n kleinen Jungen, Mädel, da is der kleine Pillermann, alles dran.
    – Guck mal, Jen, er ist wunderschön!
    Coco konnte spüren, dass er hochgehalten wurde; konnte seinen Körper spüren, konnte fühlen, wo seine Gliedmaßen waren. Er versuchte zu schreien: Coco Bryce! Hibs Boys! Na, was liegt an, ihr Fotzen?
    Kein Ton kam aus seinen Lungen.
    Er fühlte einen Schlag auf seinen Rücken und dann eine Explosion in seinem Körper, als er einen lauten gequälten Schrei ausstieß.
    ***
    Dr. Callaghan sah auf den jungen Mann im Bett hinunter. Er hatte im Koma gelegen, aber nun, da er das Bewusstsein wiedererlangt hatte, zeigte er einige sonderbare Verhaltensmuster. Er konnte nicht sprechen und wand sich, mit Armen und Beinen strampelnd, im Bett. Schließlich musste er fixiert werden. Er schrie und weinte.
    Kalt.
    Hilfe.
    – Waaaahhh! schrie der junge Mann. Am Fuß seines Betts hing ein Namensschild: COLIN BRYCE .
    Heiß.
    Hilfe.
    – Waaahhh!
    Hunger.
    Hilfe.
    – Waaahhh!
    Aufm Arm.
    Hilfe.
    – Waaahhh!
    Pissen, scheißen.
    Hilfe.
    – Waaahhh!
    Dr. Callaghan hatte den Eindruck, dass der junge Mann durch sein Schreien möglicherweise zu kommunizieren versuchte; er konnte es allerdings nicht mit Gewissheit sagen.
    ***
    Auf der Entbindungsstation hielt Jenny ihren Sohn im Arm. Sie würden ihn entweder Jack oder Tom nennen, hatten sie sich geeinigt, weil, wie sie in einer plötzlichen Aufwallung von Zynismus dachte, Leute wie sie so etwas gerne taten. Ihren soziokulturellen Background bildete eine englischsprachige Achtziger-Jahre-Welt, in der Kultur undAkzent homogen waren und Nationalität eine weitgehend irrelevante Konstruktion darstellte. Der akademisch gebildete, sozial engagierte, politisch korrekte Mittelstand, überlegte sie gehässig, tendierte dazu, sich solche alten proletarischen Handwerkernamen auszusuchen: einfach ideal für die klassenlose Gesellschaft. Ihre Freundin Emma hatte bereits die Absicht kundgetan, ihr Kind Ben zu nennen, falls es ein Junge würde, damit hatte sich die Auswahl auf zwei Namen verengt.
    Wie geht’s meinem kleinen Jack, sagte Rory leise, wobei sein Zeigefinger das Patschhändchen des Babys berührte.
    Tom, dachte Jenny, ihren Sohn in den Armen wiegend.
    Eh, was läuft hier eigentlich für n Film ab, du Fotze?
    ***
    Im Verlauf der folgenden Tage fand sich die Familie von Colin Bryce mit der Tatsache ab, dass ihr Sohn sich nach dem Unfall in einem wechselweise stumm vegetierenden und unverständlich brabbelnden Zustand der Unzurechnungsfähigkeit befand. Freunde bezeugten, dass Coco nicht nur einen, sondern zwei Trips geschmissen hatte, Supermarios auch noch, und das war ein gefundenes Fressen für die Presse. Der junge Mann im Krankenhaus wurde eine mittlere Berühmtheit. Alle Zeitungen stellten die gleiche rhetorische Frage:
    BLITZSCHLAG ODER LSD – WAS KNALLTE
COLIN BRYCE DAS HIRN WEG ?
COLIN BRYCE – OPFER EINES VERRÜCKTEN
UNFALLS ODER WIEDER EIN JUGENDLICHER ,
DEN DIE DROGENGEISSEL AUF DEM
GEWISSEN HAT ?
    Während die Presse es genau zu wissen schien, waren die Ärzte überfragt, was den Zustand des jungen Mannes und erst recht was die möglichen Ursachen seines Zustands betraf. Immerhin konnten sie Zeichen der Besserung erkennen. Im Laufe der Wochen gab es vermehrt Augenkontakt, definitive Anzeichen für Intelligenz. Die Ärzte ermutigten Freunde und Familie, den jungen Mann zu besuchen, dem, so vermutete man, so viel Stimulation wie möglich nur guttun konnte.
    ***
    Das Baby wurde Tom genannt.
    Coco, ihr durchgeknallten Fotzen! Coco Bryce! Brycie! CCS ! Hibs Boys klatschen jeden Gegner weg! Zu wahr.
    Dann Becks, Fotze.
    Jenny gab ihrem Baby die Brust.
    Boah, du Sau! Damit kann ich leben. Coco Bryce wer? Ich heiß Tam, eh, Tom!
    Das Kind trank gierig, es saugte schmerzhaft an Jennys Brustwarze. Rory, der im Anschluss an seinen Vaterschaftsurlaub noch einige Urlaubstage
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