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Teuflische Lust

Teuflische Lust

Titel: Teuflische Lust
Autoren: Kerstin Dirks
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eine Leiter oder ein Seil, um hinaufzukommen.
    Sie beschloss kurzerhand, das Symbol, welches sie aus dem Internet abgezeichnet hatte, auf den Gehweg direkt vor das Tor zu zeichnen. Ihr leuchtendes Handydisplay und das fahle Licht der nahe stehenden Straßenlaterne ließen sie den Kreis und das darum befindliche Dreieck recht schnell auf den unebenen Boden zeichnen. Nun stellte sie um das Pentagramm herum neun Teelichter auf, die sie rasch anzündete. Statt eines Schwertes stand ihr nur ein Küchenmesser zur Verfügung. Sicherheitshalber hatte sie eines ausgewählt, das besonders scharf war und auch äußerlich am ehesten einem Schwert glich. Eigentlich hätte sie die Symbole in Sandboden zeichnen müssen, um anschließend das Schwert in die Mitte des Kreises zu stoßen. Nun musste sie eben das Messer hineinlegen. Das alles war ziemlich improvisiert. Hoffentlich würde es dennoch funktionieren. Sie zog das Stück Papier aus ihrer Hosentasche und faltete es auseinander, um die Herbeirufformel, die sie sich extra aus dem Netz ausgedruckt hatte, aufzusagen. Da die Formel in einer ihr fremden Sprache verfasst war, wusste Alexia nicht, wie sie die einzelnen Worte aussprechen sollte. Sie war nicht einmal sicher, ob es eine offizielle oder eher eine Phantasiesprache war. Doch sie gab sich redlich Mühe, die Formel so gut es eben ging wiederzugeben. Zwar hieß es, man solle sie laut und deutlich aufsagen, aber ihre Stimme zitterte unentwegt und brach mehrere Male einfach weg.
    Sie war heilfroh, als sie den letzten Satz ausgesprochenhatte. Ganz plötzlich, als wäre das ein Zeichen, nahm der Wind zu, wehte ihr kalt um die Ohren und brachte die winzigen Teelichter ins Flackern, bis sie schließlich gänzlich erloschen.
    Ob das die Ankunft ihres Dämons ankündigte? Sie beschloss zu warten und blickte hoffend durch die eisernen Stäbe hindurch zum Friedhof. Auch die Äste und Zweige der riesigen Trauerweiden beugten sich dem Wind. Aber dann wurde es plötzlich wieder ruhig und nichts geschah. Kein Dämon tauchte auf. Kein Schlund in die Hölle öffnete sich. Es passierte nichts. Alexia wollte die Hoffnung nicht aufgeben und wartete. Fünf Minuten. Zehn Minuten. Nach einer Stunde entschied sie, dass die Beschwörung fehlgeschlagen war, packte die Sachen wieder zusammen und machte sich auf den Heimweg. Wahrscheinlich waren diese Beschwörungsformeln Unsinn. Wenn es wirklich so leicht war, einen Dämon herbeizurufen, würde die Welt sicherlich ganz anders aussehen, weil sich jeder mächtige Verbündete machen würde.
    Sie kürzte durch den Park ab, bereute die Entscheidung aber schnell. Es war stockfinster. Obendrein fing es jetzt auch noch an zu regnen. Zuerst war es nur feiner Nieselregen, der aber rasch an Stärke zunahm. Sie zog sich ihre Jacke über ihren Kopf, während sie über die zusehends matschiger werdenden Sandwege eilte, bis sie schließlich das Haus erreichte und erschöpft die Tür aufschloss. Im Flur trat sie erst einmal die verschmutzten Schuhsohlen ab. Jetzt brauchte sie dringend einen heißen Tee, um sich zu wärmen. Sie eilte die Treppe hinauf und schloss die Tür zu ihrer Wohnung auf. Karli empfing sie mit einem freundlichen Gurren. Offenbar hoffte er auf einen Mitternachtsimbiss.
    Alexiazog erst die Schuhe, dann ihre durchnässte Kleidung aus und schlüpfte in ihren Schlafanzug. Dann setzte sie ihren Plan in die Tat um und füllte den Wasserkocher auf, um sich einen Tee zu machen. Als sie aus dem Fenster blickte, war sie doch froh, die Abkürzung genommen zu haben. Der Regen peitschte wild gegen das Glas, und in der Ferne hörte sie das Grollen eines Gewitters.
    Wenige Augenblicke später hatte das Unwetter auch den Lazarusweg erreicht. Es blitzte, donnerte und hagelte sogar. Alexia war heilfroh, in ihrem warmen Bett zu sitzen und ihren schwarzen Tee zu trinken, der sie wohltuend von innen wärmte. Ein Gutes hatte der Regen zumindest. Er würde ihr Pentagramm vom Bordstein waschen, so dass sich die Besucher des Friedhofs nicht von den obskuren Symbolen gestört fühlen würden.
    Karli sprang gerade auf ihr Bett, um seinen Kopf an ihrem Knie zu reiben, als es an ihrer Tür klingelte. Wer war denn das? Um diese Uhrzeit? Alexia war es nicht ganz geheuer. Sie ließ das Licht im Flur aus, schlich sich zur Tür und lugte durch den Spion. Im Flur stand eine tropfnasse Gestalt. Blonde Strähnen klebten ihr im Gesicht. Der Mantel war völlig durchnässt und erinnerte mehr an einen Lappen als an ein Kleidungsstück.
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