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Teufelsengel

Teufelsengel

Titel: Teufelsengel
Autoren: Monika Feth
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nicht demnächst mal miteinander ausgehen?«, fragte er.
    »Wollten wir das?«
    Er versuchte es immer wieder. Und Romy wies ihn jedes Mal zurück.
    »Erkenne ich da etwa einen ungewohnten Ausdruck von Milde in deinen Augen?«
    »Muss an der schummrigen Beleuchtung liegen.« Romy rang sich zu einem Lächeln durch. »Du hast doch nicht vergessen, dass ich vergeben bin?«
    Ingo schlug die Beine übereinander. Sein Gesicht, das vorher beinahe offen gewesen war, hatte sich wieder verschlossen und trug jetzt eine Maske von Arroganz und Überheblichkeit. Vielleicht war es aber auch gar keine Maske. Vielleicht war das sein wahres Gesicht. Romy hatte es noch nicht herausgefunden.
    »Was willst du?«, fragte er.
    »Ich?« Romy hob die Hände, ein Bild reiner Unschuld. »Wir plaudern doch bloß.«
    »Ungewohnte Freundlichkeit ist alarmierend, Liebchen, vor allem bei dir.«
    »Okay.« Romy wandte sich wieder ihrem Laptop zu. »Wir müssen ja nicht reden. Ich hab sowieso zu tun.«
    Er beugte sich vor, um einen Blick auf das zu werfen, was Romy bereits getippt hatte, eine Todsünde unter Journalisten. Und wenn man noch so wenig im Leben respektierte - man schaute einem Kollegen bei der Arbeit nicht ungefragt über die Schulter, das war ein ungeschriebenes Gesetz. Und es galt selbst für junge Volontärinnen.
    Romy schaltete den Laptop aus und klappte ihn zu. Sie überlegte sich gerade, wie sie Ingo möglichst geschickt auf den Toten aus dem See ansprechen könnte, als die Kellnerin das Baguette und den Espresso brachte.
    Ingo begrapschte das Mädchen förmlich mit seinen Blicken, doch sein Interesse tropfte an ihr ab. Verärgert wandte er sich seinem Teller zu und fing an zu essen. Die Kruste des Baguettes, das warm serviert wurde, krachte unter seinen Zähnen. Krümel spritzten über den Tisch. Remoulade lief ihm in die Mundwinkel.
    »Ich habe deinen Artikel gelesen«, begann Romy. »Den über den Mann aus dem See.«
    Ingo nickte, ließ sich aber beim Essen nicht stören.
    »Die Polizei mauert ja ganz schön«, fuhr Romy fort.
    Ingo wiegte den Kopf. Das blonde, strähnige Haar fiel ihm in die Augen. Er strich es mit fettglänzenden Fingern hinter die Ohren. Romy wusste, dass er Anfang dreißig war. Sie wäre von selbst nie darauf gekommen. Ingo Pangold gehörte zu diesen alterslosen Menschen, die mit zwanzig kaum anders aussehen als mit fünfzig.
    »Wenn die nichts sagen wollen, dann halten die dicht«, tastete Romy sich weiter vor. »Da nützen einem auch die besten Kontakte nichts.«
    Seine grauen Augen wurden schmal. Einen Moment lang hörte er auf zu kauen. Dann schluckte er den Bissen herunter und spülte mit Espresso nach. Er feixte. »Guter Versuch. Wär fast drauf reingefallen.«
    Mist!, dachte Romy. »Komm schon«, sagte sie schmeichelnd. »Ein bisschen was kannst du mir doch erzählen.«
    Wieder verengten sich seine Augen. »Wieso interessiert dich der Fall?«
    »Aus keinem bestimmten Grund«, wich Romy aus. »Der Typ war jung. Das lässt einen doch nicht kalt.«
    »Scheiß drauf! Hinter was bist du her?«
    Romy wusste, dass sie sein Vertrauen gewinnen musste. Sie winkte die Kellnerin herbei und bestellte sich ebenfalls  ein Baguette. Gemeinsame Vorlieben hatten etwas Verbindendes, das war als Einstieg sicher nicht verkehrt. »Also gut«, sagte sie. »Ich recherchiere für einen Artikel über Wasserleichen.«
    Er prustete Espresso über den Tisch.
    »Über Wasserleichen?«
    Romy tat beleidigt. Sie wischte sich die glitzernden Tröpfchen vom Pulli.
    »Wo, bitte, ist denn da die Story?«
    Die Story. In ihrem Beruf ging es immer nur darum. Das Leben eines guten Reporters war eine einzige Jagd danach. Nicht nach irgendeiner, sondern nach der Story.
    »Wusstest du, dass achtzig Prozent aller Wasserleichen nicht älter geworden sind als fünfundzwanzig?«, improvisierte Romy. »Verstehst du? Junge Leute, Freitod, Mord, Unglücksfälle. Und alle haben mit Wasser zu tun. Das ist meine Story.«
    Er würde herausfinden, dass sie ihn angelogen hatte, aber das würde hoffentlich noch eine Weile dauern. Jedenfalls nahm er ihr die Geschichte ab. Er entspannte sich, verlor sein Misstrauen und wischte sich mit seiner Serviette den Mund.
    »Also gut«, sagte er mürrisch und säuberte sich schnalzend mit der Zunge die Zähne. »Ein bisschen was hab ich natürlich rausgefunden.«
    Romy versuchte, nicht allzu interessiert auszusehen, als Ingo anfing, aus dem Nähkästchen zu plaudern.
     
    Calypso trat aus dem Haus und zog schaudernd die
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