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Tessy und die Zärtlichkeit des Kommissars

Tessy und die Zärtlichkeit des Kommissars

Titel: Tessy und die Zärtlichkeit des Kommissars
Autoren: L Wolf
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massive Alkoholprobleme und …“
    „Ach?“
    „Ja – er ist trockener Alki und nimmt kaum mal eine Kopfschmerztablette, weil er Schiss vor dem Suchtpotential hat.“
    „Interessant.“
    „Finde ich auch. Warum fragst du eigentlich so genau nach?“
    „Es spricht einiges dafür, dass Riemer jede Menge Tabletten intus hatte.“
    Tessy überlegte. „Was willst du damit sagen?“
    „Noch nichts Genaues, aber immerhin soviel, dass ich deine Freundin fragen werde, ob ihr Mann als suizidgefährdet eingestuft werden könnte.“
    Tessy spürte, dass ihr das Frühstück plötzlich wie ein Zementklotz im Magen lag.
    „Bist du noch dran?“ fragte Hanter.
    „Ja, ja … Es ist nur – das haut mich um. Außerdem … nein: Das kann nicht sein.“
    „Warum nicht?“
    „Die beiden sind nach einer langen Trennungsphase wieder ein Paar geworden und planten, ihrer Ehe und der Familie eine neue Chance zu geben. Patrick, der in seiner alten Firma häufig Stress hatte, war es gelungen, einen neuen Job zu finden. Er war bester Dinge. Warum sollte er sich gerade jetzt …?“
    „Wir haben Unterlagen von seinem alten Arbeitgeber bei ihm zu Hause gefunden“, fuhr Dirk fort. „Unternehmensberatung BORMAN & Partner, wie du ja wahrscheinlich weißt. Wie es nach einem ersten Gespräch mit der Geschäftsführerin des Unternehmens aussieht, hat er die mitgehen lassen.“
    Tessy hielt inne. „Das kann ich nicht glauben.“
    „Sobald deine Freundin sich einigermaßen gefasst hat, müssen wir eingehend mit ihr reden“, bemerkte Hanter. „Am besten heute noch. Im Moment sieht es jedenfalls ganz danach aus, als hätte ihr Mann eine Menge Mist gebaut und deshalb kurzen Prozess gemacht. Vielleicht wollte er sich auch nur betäuben und ist nachts auf den Balkon gegangen, wo es dann zu einem unglücklichen Sturz kam … Die Untersuchungen und Analysen der Kriminaltechnik werden uns bald genauer Aufschluss geben. Wusstest du übrigens, dass Riemer eine üppige Lebensversicherung abgeschlossen hatte?“
    „Na und? Das machen viele Familienväter, wenn sie es sich leisten können.“
    „Ich meine ja nur.“
    „Du meinst selten einfach nur so etwas“, widersprach Tessy.
    „Nein? Nun gut … Für den Augenblick soll das erst mal reichen. Bis dann.“
    „Okay. Tschüss.“ 
    Sie unterbrach die Verbindung und sah einen Augenblick ins Leere. Einige Sonnenstrahlen stahlen sich durchs Küchenfenster. Staubflocken tanzten in ihnen. Draußen schimpfte ein Eichelhäher. Wahrscheinlich hat er die Katzen bemerkt, dachte Tessy. Sie hielt den Gedanken – zumindest in diesem Moment – für völlig absurd.
    Später versuchte sie, etwas Schlaf nachzuholen. Erholsam war der nicht. Immer wieder schreckte sie hoch und meinte, Kerstins verzweifelte Stimme zu hören. Schließlich stand sie auf, ging unter die Dusche und fuhr dann ihren Laptop hoch, um ihre Mails durchzusehen. Sie löschte Spam und überflog die Grüße und Mitleidsbekundungen von ehemaligen Kollegen und Kolleginnen – ernst gemeinte und scheinheilige hielten sich die Waage. Eine Nachricht war von ihrer Mutter, die an das im Frühsommer bevorstehende zehnjährige Jubiläum ihres Fitness- und Ernährungsstudios erinnerte und zu einem Fest in die Schlossstraße nach Steglitz einlud. Im Anhang hatte sie eine viele megabyteschwere Fotoserie mitgeschickt, darunter auch ihre so heiß geliebten Vorher-Nachher-Aufnahmen von einst übergewichtigen und nun sportlich schlank gestählten und selbstredend überglücklichen Frauen, die sich neben dem Kalorienzählen, Schlank-Kochen und der Bewegungshysterie offensichtlich zusätzlich einem Wettbewerb im Dauergrinsen verschrieben hatten.
    Tessy stöhnte auf. Entweder sie lag mit vierzig Fieber oder zwei gebrochenen Beinen im Bett – oder sie hatte bei diesem Termin anzutreten. Ihre Mutter war eine perfekte Mischung aus Jane Fonda und Hillary Clinton und konnte faule Ausreden drei Meilen gegen den Wind riechen. Das einzig Gute an ihrem Studio war, dass Tessy dort Kerstin bei der Fünfjahresfeier kennen gelernt hatte. Ihre Freundin Kerstin ging nach wie vor eifrig in die völlig beknackten Hopse-Stunden, wie Tessy sie nannte, um etwas für ihre Fitness und gegen eine gewisse Fülligkeit zu tun. Tessys und Kerstins im Übrigen stets platonischen Freundschaft hatte das nie im Weg gestanden.
    Eine Mail von Gertrud öffnete Tessy nach kurzem Zögern. Es war nicht der richtige Zeitpunkt, um herumzuturteln; andererseits konnte sie etwas Aufmunterung und
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