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Tesarenland (German Edition)

Tesarenland (German Edition)

Titel: Tesarenland (German Edition)
Autoren: Savannah Davis
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bestrafen, obwohl ich weiß, sie kann nichts dafür. Was könnte sie denn schon ausrichten gegen die Speere der Tesare?
    Mein Herz hämmert in meiner Brust, klopft gegen das Band aus Panik an, das sich um meinen Oberkörper geschlungen hat. Ich kann kaum atmen, aber ich versuche, mich zusammenzureißen – für Mutter, für Kayla. Ich hole tief Luft und wage es nicht, meinen Blick von ihrem Gesicht zu nehmen. Ich weiß, ich werde sie niemals wiedersehen.
    Ich strenge mich an, mir jede Einzelheit einzuprägen. Die Farbe ihres Haares; rotbraun wie der lehmige Boden am östlichen Rand der Kolonie, nur wenig dunkler als mein eigenes. Mutter hat ihre Haare schon immer lang getragen, bis auf die Schultern. Meine sind kurz, im Nacken abgeraspelt mit Vaters stumpfer Schere. Das macht weniger Arbeit. Ihre dunkelgrünen Augen, in der Farbe des Karam, das wir für die Tesare anbauen. Kayla sagt, meine hätten die gleiche Farbe. Ich weiß es nicht, ich habe mich noch nie gesehen. Nur manchmal eine verzerrte Spiegelung im Metall unseres Kochtopfes oder im Fenster beim Oberaufseher. Das Haus des Oberaufsehers ist das einzige in der ganzen Kolonie aus Stein, mit richtigen Glasfenstern.
    Ich kann es kaum ertragen , unsere Mutter dort stehen zu sehen, zusammen mit den anderen Kolonisten, die die Aliens ausgewählt haben. Die meisten von ihnen kenne ich gut. Unsere Kolonie ist nicht besonders groß. Ich will nicht glauben, dass ich niemanden von ihnen mehr wiedersehen soll. Was soll nur ohne Mutter aus uns werden? Wer soll sich um uns kümmern? Ich kann nicht mal mich versorgen, wie soll ich mich da um meine Schwester kümmern?
    Ich möchte die vielen ängstlichen Gedanken aus meinem Kopf vertreiben, damit ich mich nur auf Mutter konzentrieren kann. Damit ich die letzten Augenblicke, in denen unsere Leben noch miteinander verbunden sind, tief in mich aufsaugen kann. Ich will jedes Lächeln sehen, jedes Zwinkern, jede Bewegung ihrer Haare, wenn der Wind sich in ihnen verfängt. Aber die Gedanken wollen nicht weichen. Sie hämmern auf meinen Schädel ein, weil ich weiß; ich werde mich niemals so gut um Kayla kümmern können, wie sie es getan hat. Ich werde versagen.
    Mit dem Handrücke n wische ich über meine feuchte Wange, dann schlucke ich den Kloß im Hals herunter. Das letzte, was Mutter jetzt sehen sollte, ist die Verzweiflung in meinem Gesicht. Also straffe ich die Schultern und ziehe meine Schwester näher an mich.
    Kayla ist ganz ruhig geworden. Sie starrt jetzt auch zum Gefährt hin. Ihre kleinen Finger umschließen meine. Sie zittern. Meine Mutter wirft ihr einen Handkuss zu. Sie möchte tapfer auf uns wirken, will, dass wir glauben, es würde ihr gut gehen. Aber ich kann es in ihren Augen sehen; nichts ist gut. Ich kann ihre Lippen beben sehen; nichts ist gut! Ich kann das Wissen in ihrem Gesicht sehen; es wird nie wieder gut.
    Die Wächter verlassen ihre Posten. Sie stoßen ihre Gefangenen auf die Ladefläche, steigen dann selber hinterher. Einen letzten Blick werfe ich auf Mutters rostbraunes Haar, ihre ausgemergelte Figur, ihr sanftes, freundliches Lächeln. Sie winkt, als sie davonfahren, dann wird die Plane heruntergelassen. Mutter ist aus unserem Leben verschwunden.
     
     
     
    1.                     Kapitel
     
    Sieben Vollmonde ist es jetzt her seit Mutter geholt wurde. Sieben Monate, in denen ich uns nur geradeso am Leben gehalten habe. Kayla, meine kleine Schwester, sieht schlecht aus. Ihre Wangenknochen sind hervorgetreten, unter ihren moosgrünen Augen sind die Schatten noch dunkler geworden. Mit der Schere kann ich nicht so gut umgehen wie Mutter, weswegen Kaylas rötliche Haare schartig und fransig in alle Richtungen abstehen. Ihr Leinenhemd ist zerrissen, ihre Hose an den Knien durchgescheuert.
    Mutters Garten hat uns gut über den Sommer gebracht, aber im Winter fiel es uns schon immer schwer , genug zum Tauschen zu finden. Bisher war das auch nicht so nötig, wie in diesem Winter. Die Tesare haben so gut wie keine Nahrungsmittel geliefert. Das Lager des Oberaufsehers ist fast leer. Es ist nichts da, das er uns geben könnte. Nichts, womit er den Bewohnern von Kolonie D helfen könnte. Noch nie war die Stimmung innerhalb der Kolonie so schlecht. Noch nie standen wir uns feindlich gesinnt gegenüber. Aber der Hunger treibt uns an, und es ist die Tage gefährlich, anderen zu begegnen. Besonders seit erste Kolonisten am Hunger gestorben sind. Innerhalb unserer kleinen Welt geht das Gerücht
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