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Terra Prima

Terra Prima

Titel: Terra Prima
Autoren: Jo Zybell
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schwamm ein menschliches Hirn.
    »Hier bin ich«, sagte die Stimme. »Mein Name ist Georg XXXI. Ich war der letzte P.O.L. aus Fleisch und Blut. Seit mehr als tausendvierhundert Jahren schwimme ich in dieser Brühe. Könnt ihr euch vorstellen, was das bedeutet? Jedes Jahr füttern SIE mich mit Hirngewebe armer Menschen, die SIE zuvor durch die Mühle eines sogenannten SPIELS drehen. Optimieren , nennen SIE das. Seit mehr als tausendvierhundert Jahren warte ich hier auf Erlösung. Töte mich, Merican Bergen!«
    Vier Sichtfelder flammten an der Kuppelwand auf. Venus sah Kampfmaschinen und Gestalten in roten Überlebenssystemen aus dem Controgravschacht des zentralen Kuppelsaals schweben und klettern. »Sie kommen«, flüsterte Gender DuBonheur.
    Vernichte das Hirn , raunte es in Mericans Kopf. Vernichte es, und du beraubst den Zentralrechner und die Clique des Sicherheitsrates menschlicher Gefühle und menschlicher Motivationen. Das wird das Projekt ADAM I um Jahre zurückwerfen. Und sie werden die Entwicklungsarbeit an ihrem Hybriden einstellen müssen.
    Bergen gab die Information an die anderen weiter. »Sie würden einfach einen von uns in diese Wanne sperren«, sagte Venus, und niemand widersprach ihr.
    »Worauf wartet ihr?« Die drängende Kunststimme des Hirns. »Es ist sowieso vorbei. Glaubt ihr etwa, nur auf Terra Prima und in der Galaxis NGC 5897 gibt es Roboter vom Typ ADAM I? Sie haben sich längst unter die Bürger der Republik und unter die Flotte gemischt! Primdirektor Neptus Gulfstrom ist einer, Primoberst Braun von der RHEINGOLD war einer, Leutnant Zeelia Peer-Robinson von der BRÜSSEL war einer, und so könnte ich noch ein Dutzend Namen nennen. Ihr müßtet schon Mittel und Wege finden, den Primrechner, den verdammten Tyrannen, auszuschalten. Aber das ist unmöglich. Ihr habt das Projekt ADAM II aufgehalten, eine wahre Heldentat! Gebt euch damit zufrieden und helft mir endlich aus dieser würdelosen Existenz …!«
    Ohne Vorwarnung hob Plutejo sein LK-Gewehr und feuerte auf den Tank mit dem Hirn. Die transparente Wannenwand verfärbte sich erst grün, dann blau, dann schwarz. Sie warf Blasen, platzte auf, und siedendes Plasma samt kochendem Hirngewebe ergoß sich auf den Boden.
    Keiner rührte sich. Plutejo, die Zwillinge und Bergen starrten auf die dampfende Brühe, die sich um ihre Stiefelspitzen sammelte. Venus beobachtete die Sichtfelder: Kampfkegler und humanoide Roboter in roten Schutzanzügen stürmten Schott um Schott. Gender DuBonheur fummelte in seinem Mund herum. Schießt auf die Zentralröhre , raunte Heinrichs Stimme in Bergens Kopf. Zerstört soviel von ihm, wie ihr könnt …
    Merican Bergen hob den Blick. Nachdenklich betrachtete er den Röhrenstrang in der Mitte der Hauptröhre. Wie eine überdimensionale Nervenleitung sah er aus. Aus den Augenwinkeln bemerkte er, wie DuBonheur in seinem Unterkiefer herumpulte. Befremdet musterte Bergen den Wissenschaftler von Fat Wyoming. Es sah aus, als würde sich der Doktor Speisereste aus den Zahnlücken popeln.
    Endlich nahm er seine fleischigen Finger aus dem Mund. In seinem Handteller präsentierte er einen Zahn mit einem Schraubengewinde. »Sie wissen alle, wofür ich ausgezeichnet …« Er unterbrach sich, und ein dunkler Schatten flog über seine Miene. »Falsch: Wofür ich mit Verbannung bestraft wurde.« Er atmete tief durch und seufzte. »Ich habe einen Quantenkernprozessor entwickelt, der zuverlässig den Turing-Sprung von Rechnern verhindert.« Er tippte sich an den Kopf. »Da ich ein mißtrauischer und ängstlicher Mensch bin, was man mir auf den ersten Blick vielleicht gar nicht anmerkt, trage ich nicht nur die Theorie dieses Prozessors hier oben mit mir herum, sondern eines von drei Pilotmodellen in diesem Zahn.«
    Sekundenlang wagte niemand zu atmen. Fünf Augenpaare hingen an DuBonheurs fettem Gesicht. In Bergens Kopf spielte Heinrichs Stimme verrückt. DuBonheur aber nahm den Zahn zwischen die Kuppen von Daumen und Zeigefinger. »Er besteht im wesentlichen aus zwei Nanokammern mit Glauruxkristallen, einigen Hundert Nanoschnittstellen und etwa zehn Milliarden Quanten. Sie haben sich zu einem komplizierten Programm verschaltet, es sucht sich seinen Weg zum Quantenkern eines Rechners meiner Wahl, setzt sich darin fest und wuchert wie ein gutartiger Tumor.«
    Er deutete auf die Zentralröhre. »Das sei der Rechner meiner Wahl.«
    Alle starrten sie jetzt die Schnittstelle an. »Ich konnte das Programm mangels geeigneter Rechner noch nie
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