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Terra Madre

Terra Madre

Titel: Terra Madre
Autoren: Carlo Petrini
Vom Netzwerk:
seine Möglichkeiten und Fähigkeiten unbegrenzt sind. Sie vervielfachen sich über die Kontakte zu anderen Bündnissen in allen Teilen der Welt. Manchmal genügt das Bewusstsein der gegenseitigen Existenz, ohne dass ein direkter Kontakt nötig ist.
    Das Netzwerk gibt den Bündnissen nicht nur Antworten, die sonst ausbleiben würden, es vervielfältigt auch jede wertvolle lokale Initiative. Bei genauerem Hinsehen sind auch die Lebensmittel selbst ein Netzwerk, nämlich das Ergebnis vieler Abläufe, die von verschiedenen Personen, ihrem Wissen und ihrer Lebensumwelt in Gang gesetzt wurden. Nicht zufällig geht die Vernetzung der lokalen Wirtschaften von den Lebensmitteln aus: Sie sind ihr Abbild und beinhalten ihren ganzen Wert und ihren ganzen Sinn.
    Ein Netzwerk aus starken und sich der eigenen Bedeutung bewussten lokalen Wirtschaften ist die größte existierende Lebensmittelorganisation: Es ist das Netzwerk von Terra Madre und alle jener, die dazugehören könnten. Niemand soll ausgeschlossen werden, auch nicht jene, die nicht nach unseren Vorstellungen handeln – denn wenn wir die Komplexität hochhalten wollen, sollten wir uns besser keine Grenzen setzen. Terra Madre ist der wahre multinationale Lebensmittelkonzern, mit dem entscheidenden Unterschied, dass, anders als bei den traditionellen Multis, bei Terra Madre Millionen einfacher Menschen das Sagen haben, Menschen, die im Namen eines größeren, viel komplexeren und deswegen vielleicht auch weniger leicht verständlichen Interesses als des Profits Ackerbau und Viehzucht betreiben, sich einsetzen, handeln und essen.
    Lebensfreude
    Das lokale Umfeld ist die beste Umgebung, um der Verarmung und der Krise entgegenzutreten, die wir mit der gegenwärtigen Art unseres »Wohnens« auf der Erde verursacht haben. Für eine »andere« Wirtschaft und eine Art des Denkens, das näher am wahren Wesen unseres Seins liegt, müssen wir allerdings die Probleme der Größenordnung, der Fähigkeit zur Selbstkontrolle und des Raums angehen und lösen. Uns muss bewusst werden, dass wir die Grenzen bereits weit überschritten haben, dass unsere Art zu kalkulieren nicht der Natur entspricht. In allen Prozessen, die wir anstoßen, liegen versteckte Zusammenhänge. Der Energieverbrauch muss auf ein neues Ziel gerichtet, auf bestmögliche Weise verstanden und mit in die Rechnung aufgenommen werden. Dieser Energieverbrauch bildet nach Georgescu-Roegen in Wirklichkeit den Maßstab, inwieweit wir unser Leben genießen.
    Mit den Systemen der lokalen Wirtschaft geht man einen weiten Weg. Langsamkeit ist ein Wert, der uns mahnt und verstehen lässt, dass man nicht alles sofort haben kann. Was zählt, sind gute Absichten, die Bereitschaft zur Öffnung, die Erinnerung und die Sorge. Ich behaupte nicht, dass all das der Weisheit letzter Schluss ist. Jedem soll das Recht auf Zweifel zugestanden sein, der Grundsatz der Vorsicht und die Möglichkeit, Fehler zu begehen. Aus Irrtümern hat der Mensch noch immer am meisten gelernt.
    Angesichts so vieler Krisen – in der Wirtschaft, der Finanzwelt, beim Klima, in der Umwelt und bei den Werten – schlagen wir eine Renaissance vor, die von der Nahrung ausgeht, einen neuen Humanismus, der auf Gefühl und nicht auf Berechnung gründet. Wir möchten ihn genießen, damit unser Handeln nicht immer unvereinbarer mit uns selbst und mit unserem Leben auf der Erde wird.
    Wenn man mir sagt, die Bündnisse von Terra Madre seien weltfremd und wirklichkeitsfern, antworte ich, dass sich die gesamte Menschheit von der Welt entfernt hat. Die Bündnisse stehen mit den Beinen fest auf der Erde und greifen mit beiden Händen hinein. Sie sind vollkommen in die Umwelt, in der sie leben, eingebettet und ziehen aus ihrer Umgebung Freude und Glück. Ich glaube, dass man unter den Männern und Frauen, die gegenwärtig die Erde bewohnen, immer seltener Menschen findet, die das Geheimnis noch kennen, wie man in Frieden lebt.
    Es gibt keinen Frieden und wir werden auch keinen finden, solange wir nicht verstehen, dass wir die Grundlage unserer Beziehung mit dem großen Atem der Erde, und damit meine ich unsere Nahrung, erneuern müssen. Wir haben den Weg, den wir vor Jahrmillionen einschlugen, verlassen und die gesunde Beziehung zu den Lebensmitteln verloren. So hat sich die Erde von einer guten und fürsorglichen Mutter in eine böse Schwiegermutter verwandelt – und wir müssen uns eingestehen, dass sie allen Grund dazu hatte.
    Machen wir einen neuen Anfang, indem wir uns um
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