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Tausendundeine Stunde

Tausendundeine Stunde

Titel: Tausendundeine Stunde
Autoren: Christiane Suckert
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sah zwei Menschen stehen. Georg und mich.

Kapitel 2
 
    Er hat den Arm um mich gelegt und lacht übermütig. „Mach die Augen zu und stelle dir das Haus in ein paar Jahren vor.“
    „Ich will aber nicht ein paar Jahre lang auf einer Baustelle leben. Georg, lass uns noch ein bisschen sparen und dann schauen wir uns nach einem anderen Haus um. Bitte.“
    „Juliane, das ist hier eine Toplage. Und sieh dir doch einmal den Garten an“, sagt er energisch. Ich öffne meine Handtasche, hole Babyschuhe heraus und drücke sie Georg in die Hand. Er schaut mich fragend an. Ich lächle und sage: „Ein Geschenk vom Klapperstorch. Auch deshalb will ich dieses Haus nicht haben. Unser Kind soll in Ruhe aufwachsen können.“
    Er ist vor Freude regungslos. Dann nimmt er mich in die Arme. „Bist du dir ganz sicher? Ich werde Vater?“
    Ich nicke.
    „Dann sollten wir erst recht den Kaufvertrag unterschreiben. Umziehen müssen wir ja sowieso.“
    Ich schüttle meinen Kopf: „Wir bekommen bestimmt eine größere Wohnung. Und einen Garten haben wir doch schon, dort ist das Kleine auch gut aufgehoben.“
    Dieses Argument überzeugt Georg nicht. Er hat sich in diese Vorstadtklitsche verliebt. Und weil die Liebe eine Himmelsmacht ist, setze ich meine Unterschrift neben Georgs Namenszug auf den Kaufvertrag. Damit habe ich mein freiwilliges Einverständnis zur Fronarbeit gegeben.
    „Was wollen denn deine Eltern hier, Georg?“, frage ich ihn an einem Sonntagmorgen. „Und was schleppen die denn da?“
    Georg steht auf und sieht aus dem Fenster: „Ach ja, das hab ich ganz vergessen. Sie kommen, um die Fensterrahmen zu streichen.“
    Ich stemme die Hände in die Hüften: „ Was soll denn der Blödsinn? Die Fenster werden in wenigen Monaten sowieso erneuert. Wozu also noch Zeit und Geld investieren? Außerdem hast du mir versprochen, dass wir heute einmal einen Familientag machen und gemeinsam etwas unternehmen.“
    „Du kennst doch meine Mutter. Wenn die sich etwas in den Kopf gesetzt hat“, er zieht eine hilflose Grimasse und öffnet seinen Eltern die Tür.
    „Du bist noch im Schlafanzug?“, begrüßt mich Schwiegermama. Schwiegerpapa versucht, mich zu umarmen, weiß aber nicht so recht, wie er mit meinem inzwischen beachtlichen Bauchumfang umgehen soll. „Wollt ihr einen Kaffee?“, frage ich.
    „Nein, du hast ja nie koffeinfreien im Haus. Dabei solltest du in deinem Zustand darauf achten. Gerade jetzt, wo es jeden Tag losgehen kann. Koffein treibt. Gardinen habe ich auch mitgebracht für die Terrassentür.“
    „Ich will keine Gardinen an der Terrassentür. Ich will den freien Blick nach draußen genießen, und ich will auch nicht, dass ihr heute anfangt, die Fenster zu streichen. Wir wollen mit Paul und Stefan in den Tierpark gehen. Die Jungs freuen sich schon die ganze Woche darauf.“
    Schwiegerpapa greift ein: „Das könnt ihr doch auch. Das schaffen wir schon allein.“
    „Ich will überhaupt nicht, dass ihr hier streicht. Die Fenster werden bald erneuert. Spätestens in einem halben Jahr“, sage ich trotzig.
    „Nun wird es mir aber langsam zu bunt“, meint Schwiegermutter und greift nach dem Eimer mit Farbe, „anstatt dich zu freuen, dass wir euch unterstützen, reagierst du undankbar. Hast du daran gedacht, dass sich der Chef von deinem Mann zu einem Besuch angemeldet hat. Und soviel ich weiß, kommt auch der Politstellvertreter mit. Was sollen die denn denken, wenn sie die verrotteten Fensterrahmen sehen?“
    Ich starre Georg an. „Wann wolltest du mir das denn sagen? Und wieso kommen die zu Besuch?“ Ich ärgere mich, dass meine Schwiegermutter besser informiert ist als ich. Georg erklärt mir, dass der Besuch mit seiner Beförderung zu tun hat und dass es üblich sei, sich vom sozialen Umfeld neuer Genossen ein Bild zu machen.
    „Na, dann streicht doch die blöden Fenster. Ich gehe mit meinen Söhnen in den Tierpark“, sage ich wütend und stampfe die Treppe hoch.
     
    Als ich wieder zu Hause bin sagt Georg: „Meine Mutter hat den Kuchen hier gebacken. Den sollst du einfrieren. Dann musst du nicht selbst backen, wenn unsere Chefs kommen.“
    „Die traut mir wohl gar nichts zu?“, frage ich grimmig.
    „Sie meint es doch nur gut. Ich hätte es dir schon noch rechtzeitig gesagt.“
    Ich schlucke und kämpfe mit meinen Tränen. „Du bist mit mir verheiratet und nicht mit deiner Mutter. Wieso wusste sie denn eher Bescheid, als ich?“
    „Mensch, Juliane nun ärgere dich doch nicht darüber. Als ich
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