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Tausendschön

Tausendschön

Titel: Tausendschön
Autoren: K Ohlsson
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schon zu Hause zu sein, in ihrem Büro war es dunkel, und ihr Mantel war weg.
    Es ging ihm gut, bis er in die Auffahrt vor seinem Haus in Vaxholm einbog. Da fiel ihm ein, dass er und Lena verabredet hatten, sich heute Abend auszusprechen, und dass er nicht einmal angerufen hatte, um zu sagen, dass er später kommen würde.
    Er schielte auf seine Armbanduhr. Mitternacht war schon knapp eine Stunde vorbei und die Wahrscheinlichkeit, dass Lena noch wach war, verschwindend gering.
    Umso erstaunter war er, als er sie in einem der Wohnzimmersessel sitzen sah. Er konnte sehen, dass sie geweint hatte.
    Sie war dünn geworden. Auffällig dünn. Die Angst, die er empfand, tat weh. Es war, als würde er seine Frau zum ersten Mal seit Wochen richtig ansehen. Dünn, bleich und glanzlos.
    Mir ist irgendetwas entgangen.
    » Entschuldige«, murmelte er und setzte sich ihr gegenüber aufs Sofa.
    Sie schüttelte den Kopf. » Ich habe in der Zentrale angerufen, und sie haben mir erzählt, was passiert ist. Ist alles gut gelaufen?«
    Die Frage ließ ihn fast auflachen. » Na ja, gut und nicht gut«, murmelte er. » Ist ja alles relativ, aber im Grunde nicht, nein. Es ist nicht sonderlich gut gelaufen, in keinerlei Hinsicht. Und auch die Zukunft meines Teams ist gelinde gesagt unsicher.«
    Lena bewegte sich unruhig auf ihrem Sessel und verzog das Gesicht, als hätte sie Schmerzen.
    » Es gibt etwas, was ich dir erzählen muss«, sagte sie dann mit erstickter Stimme. » Etwas, das ich schon eine Weile weiß, aber … Ich konnte es einfach nicht sagen. Nicht, bevor es nicht sicher war.«
    Er runzelte die Stirn und spürte, wie die Unruhe in schiere Panik umschlug.
    » Was ist sicher?« Was war es, das sie ihrem allerbesten Freund nicht erzählen konnte? Denn er wusste, dass er das war, ebenso wie sie seine allerbeste Freundin war. Die Basis ihrer langen und vertrauten Ehe. Das Fundament ihrer Beziehung. Freundschaft.
    Das schlechte Gewissen schnitt ihm wie ein Messer in die Seele. Nicht sie hatte das vergessen, sondern er selbst.
    Ich habe so verdammt viel Zeit darauf verwendet, Gespenster zu jagen, dass ich den Verstand verloren habe, dachte er verzweifelt.
    Noch ehe sie begann zu sprechen, wusste er, dass ihre Worte alles verändern und ihm jede Möglichkeit nehmen würden, seinen Fehler je wiedergutzumachen.
    » Ich werde dich verlassen«, weinte sie. » Dich und die Kinder. Ich bin krank, Alex. Und sie sagen, dass es nicht wieder gut wird.«
    Alex sah sie mit Tränen in den Augen an. Als die Konsequenzen dessen, was sie eben zu ihm gesagt hatte, zu ihm durchgedrungen waren, wusste er sicher, dass er zum ersten Mal im Leben einer Situation gegenüberstand, die er niemals akzeptieren und mit der zu leben er niemals lernen würde.
    Sie schliefen eng umschlungen ein. Spät. Das Haus war dunkel und still, und draußen hatte es aufgehört zu schneien. Abgesehen von einigen Tagen im April fiel in diesem Frühling kein Schnee mehr.
    Und als der Herbst kam, war alles vorüber.

Herbst 2008
    Der barmherzige Kommissar

Stockholm
    »Wie war Ihr Sommer?«
    Peder Rydh dachte nach. » Ganz gut. Doch, richtig gut sogar.«
    » Was haben Sie gemacht?«
    Peders Miene hellte sich auf. » Wir sind in Italien gewesen. Mit den Kleinen und mit meinem Bruder. Verrückt, mit dem Auto dort hinzufahren. Aber unvergesslich.«
    » Das heißt, Ylva und Sie sind wieder zusammen?«
    » Ja. Ich habe meine Wohnung gekündigt und bin wieder nach Hause gezogen.«
    » Und das fühlt sich gut an?«
    » Sehr gut.«
    Ein kurzes Schweigen entstand.
    » Wir haben uns ja vor dem Sommer ein paarmal getroffen, und ich erinnere mich, dass Sie unserer Zusammenarbeit anfangs nicht sehr positiv gegenüberstanden.«
    Peder wand sich. » Ich hatte so meine Vorurteile gegenüber Psychologen. Ich wusste ja nicht, was auf mich zukommen würde.«
    » Verstehe. Aber jetzt im Nachhinein, was denken Sie da?«
    Nach einem kurzen Zögern wurde Peder klar, dass es keinen Grund gab zu lügen. » Es hat mir gutgetan«, sagte er schlicht. » Ich habe ein paar Dinge begriffen.«
    » Sie meinen, Dinge, die Sie vorher nicht begriffen hatten?«
    Er nickte.
    » Letzten Winter hatten Sie Probleme mit einem Ihrer männlichen Kollegen, Joar Sahlin. Wie steht es heute um diesen Konflikt?«
    » Ist unter Kontrolle. Er ist mir egal.«
    » Ist das denn möglich? Schließlich arbeiten Sie zusammen.«
    » Nein, er ist wieder zu den Umweltvergehen versetzt worden. Vielleicht hat er auch darum gebeten, gehen zu
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