Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tarean 03 - Ritter des ersten Lichts

Tarean 03 - Ritter des ersten Lichts

Titel: Tarean 03 - Ritter des ersten Lichts
Autoren: Bernd Perplies
Vom Netzwerk:
gierten – von solch gewöhnlichen Ungeheuern wie wilden Ebern und hungrigen Wölfen ganz zu schweigen.
    Tarean hatte keine Ahnung, wie viele dieser Schauergeschichten der Wahrheit entsprachen, auch wenn er argwöhnte, dass es immer noch mehr waren, als ihm lieb sein konnte. Immerhin hatte er auf seiner ersten Reise nach At Arthanoc, während der er nur den Alten Wald, jenen südlichen, zwischen dem Almental und Agialon liegenden Ausläufer des Cerashmon, durchquert hatte, bereits die Bekanntschaft dreier Trolle und einer leidlich großen Spinne gemacht.
    Doch diesmal sagte ihm ein seltsames Gefühl, dass er keinen zusätzlichen Schutz benötigen würde, sondern vielmehr unbehelligt den Wald durchwandern konnte. Aus einem nicht zu benennenden Grund war er sich sicher, dass ihn der Cerashmon einlud, ihn zu betreten. Und ebenso sicher war Tarean, dass sich diese Erlaubnis nicht auf seine Gefährten erstreckte.
    Nach viel gutem Zureden war es ihm am Ende gelungen, die anderen davon zu überzeugen, am Waldrand auf ihn zu warten. Eine Woche hatte ihm Auril zugestanden, und Tarean war zuversichtlich gewesen, dass das ausreichen würde. Schließlich musste er nur ein einziges Irrlicht finden, das ihm den rechten Weg wies – zugegeben eine Hoffnung, die bei genauerer Betrachtung nach einem Widerspruch in sich klang. Und tatsächlich war mittlerweile der fünfte Tag der gesetzten Frist angebrochen, und er war seinem Ziel nicht näher als am ersten.
    Denn obschon ihn die Geschöpfe des Waldes bislang nicht behelligt hatten, so hatte sich doch auch keines dazu herabgelassen, ihm bei seiner Suche zu helfen. Genau genommen hatte der Junge nicht einmal eins der fabelhaften Ungeheuer zu Gesicht bekommen, die den Cerashmon dem Volksglauben nach bewohnten. So war er, einem äußerst vagen Gefühl folgend, aber im Grunde völlig orientierungslos, immer tiefer ins Herz des Waldes eingedrungen. Inzwischen trennten ihn so viele Meilen gleichförmigen Unterholzes vom Waldrand, dass er sich ernsthaft fragte, ob er jemals wieder den Weg zurück finden würde, sobald er seine tote Gefährtin erst einmal abgeliefert hatte. Aber Tarean hatte sich vorgenommen, eine Hürde nach der anderen zu bewältigen.
    Sein Blick fiel auf seine Tasche, die an dem niedrigen Ast eines Baumes hing und neben seiner Wegzehrung und einigen nützlichen Reiseutensilien auch die kleine, mit Schnitzereien verzierte Holzschatulle enthielt, die ihm Janosthin geschenkt hatte und in der Moosbeeres winziger, lebloser Leib lag. Er hob den Arm, nahm die Tasche vom Ast und schlang sie sich über die Schulter. Beinahe gegen seinen Willen fuhr seine Hand ins Innere und holte die Schatulle hervor. Sie erinnerte ein wenig an ein Kästchen, in dem man Pfeifen oder Schreibzeug aufbewahrte. Und vielleicht hatte sie früher wirklich diesem Zweck gedient. Nun lag, eingeschlagen in ein Stück weiches Tuch, Moosbeere darin.
    Für einen Moment war er versucht, die Schatulle aufzuklappen und einen Blick auf das Irrlicht zu werfen. Doch allein bei dem Gedanken spürte er, wie sich ein Kloß in seinem Hals bildete, und so zog er die Hand wieder vom Schloss zurück und begnügte sich damit, in einem Aufwallen plötzlicher Zärtlichkeit über die glatte Holzoberfläche zu streichen. Er musste das Kästchen nicht öffnen. Er wusste, was ihn im Inneren erwartete, denn er hatte oft genug hineingeschaut: eine zeitlos junge Frau, deren zarter Körper von schmetterlingsartigen Flügeln halb zugedeckt war und auf deren wunderschönem, von langem blondem Haar eingerahmtem Gesicht ein Ausdruck des Friedens lag, der einen glauben lassen mochte, sie schliefe nur. Tatsächlich hatte der Tod Moosbeere auch während ihrer dreiwöchigen Reise nichts anhaben können. Sie wirkte noch immer so unberührt von Verfall und Verwesung wie am ersten Tag. Hätte ihr Körper, der früher zu allen Zeiten wie ein winziger Stern gestrahlt hatte – oder zumindest von einer sanftgoldenen Lichtaura umgeben gewesen war –, nicht jeden Glanz verloren, Tarean wäre verführt gewesen anzunehmen, er müsse das Irrlicht nur einmal anstupsen, um es ins Leben zurückzurufen.
    Natürlich war dem nicht so. Er hatte es in seiner Verzweiflung mehr als einmal versucht. Ach Moosbeere …
    Tarean seufzte und schob die Schatulle in seine Tasche zurück. Dann schnallte er sich das Schwert seines Mentors Wilfert sowie Esdurial, die Kristalldrachenklinge seines Vaters Anreon, auf den Rücken, damit sie ihn bei der Wanderung durch das
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher