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Tarean 02 - Erbe der Kristalldrachen

Tarean 02 - Erbe der Kristalldrachen

Titel: Tarean 02 - Erbe der Kristalldrachen
Autoren: Bernd Perplies
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bei seiner Rückkehr erwarten würde, und war bergan marschiert. Die Luft lag kühl und klar über den Gipfeln, und es versprach, ein wunderschöner Tag zu werden, ein Tag wie geschaffen, um in den Bergen wandern zu gehen und nachzudenken.
    Und Tarean brauchte Zeit zum Nachdenken. Jetzt, da der Frühling angebrochen und die Schneeschmelze in den tieferen Lagen der Berge schon weit fortgeschritten war, konnte er die Entscheidung nicht mehr lange hinausschieben. Er musste sich endlich darüber klar werden, wie er sein zukünftiges Leben zu verbringen gedachte, wie er ihm einen Sinn geben und nach welchen Zielen er streben sollte – ein nicht eben einfaches Unterfangen. Denn das Wissen, das vermutlich größte Abenteuer bereits erlebt und die zweifellos bedeutendste Tat bereits vollbracht zu haben, lastete schwer auf ihm und verurteilte alles Kommende zur Bedeutungslosigkeit.
    Sechs Monde war es nun schon her. Vor sechs Monden, in der gewaltigen Schlacht um die Feste At Arthanoc, war ein Teil seines Lebens zu Ende gegangen, der bereits in der Nacht von Tareans Geburt, also vor mittlerweile fast siebzehn Jahren, seinen Anfang genommen hatte. In dieser Nacht hatte sein Vater Anreon von Agialon, ein Ritter des Kristalldrachenordens, den Tod gefunden. Auf dem Drakenskal, auf dem sich die Bündnistruppen der freien Völker des westlichen Endars dem einfallenden Bestienheer des Hexenmeisters Calvas zur entscheidenden Schlacht gestellt hatten, war er einer meisterhaften und von langer Hand geplanten Täuschung des Hexers zum Opfer gefallen. Der Bann, den er über den Grimmwolf, den dämonischen Heerführer von Calvas’ Wolflingshorden, hatte sprechen wollen, hatte sich in sein Gegenteil verwandelt und dem unheiligen Geschöpf vielmehr ungeahnte Kräfte verliehen.
    Calvas’ Triumph hatte Tareans Vater das Leben und seine Kampfgefährten den Sieg gekostet, und so war eine Zeit der Dunkelheit, eine Zeit der Wölfe, angebrochen, in welcher der Hexer und seine ihm dienstbaren Wolfskrieger die westlichen Reiche im Würgegriff gehalten hatten. Das ausgebeutete Volk hatte die früheren Ruhmestaten von Tareans Vater vergessen und ihn stattdessen unter den Peitschen der Grawls – wie sich die Wolflinge selbst nannten – zu hassen gelernt. »Fluchbringer« war der zum Namen gewordene Vorwurf für Anreon von Agialon gewesen, und böse Zungen hatten ihn, Tarean, Zeit seines Lebens den Sohn des Fluchbringers gerufen.
    Der Junge hob einen Stein auf, der vor ihm auf dem Bergpfad lag, und schleuderte ihn kraftvoll ins Tal hinab. Fluchbringer! Noch heute versetzte ihn die Schmach, die Calvas seinem Vater – und damit indirekt auch ihm – angetan hatte, in Wut. Und dies, obwohl er den Hexer im letzten Jahr eigenhändig seiner gerechten Strafe, dem Tod, zugeführt hatte. Doch auch ein Sieg heilt nicht umgehend alle Wunden, welche die Zeit geschlagen hat.
    Im Spätsommer seines sechzehnten Lebensjahres hatte sich Tareans Leben, das er bis dahin als Ziehsohn von Than Urias und seiner Frau in weitgehender Abgeschiedenheit auf Burg Dornhall im Almental verbracht hatte, auf dramatische Weise verändert. Er erinnerte sich an die Ereignisse in der Gemarkung Bergen, fern im Westen Endars, als sei es gestern gewesen: wie er von Ilrod, dem Waffenmeister von Dornhall, zum Wachposten hoch droben auf dem Wallhorn geschickt worden war, wie ihn dort eine Streife Wolflinge überrascht hatte, und wie ihm Iegi, der – wie sich viel später herausstellte – Prinz der Vogelmenschen, in höchster Not zu Hilfe geeilt war. Und als ob dies nicht schon genug Erlebnisse für einen Tag gewesen wären, hatte in den Abendstunden eine größere Rotte Wolflinge das nahe Dorf Ortensruh überfallen, und inmitten der heftigsten Kämpfe war ihm auf einmal sein Vater erschienen.
    Wenn Tarean heute die Augen schloss, konnte er noch immer die in Silber und strahlendes Weiß gewandete und von einem überirdischen Lichtschein umgebene Gestalt sehen; ein Umstand, der ihn umso mehr schmerzte, da er am Ende seiner Reise, die damals ihren Anfang genommen hatte, erfahren musste, dass auch er, wie dereinst sein Vater, einer Täuschung Calvas’ erlegen war.
    Doch zunächst hatte den Jungen die Vision des Ritters, dem die Trauer sogar die Totenruhe verwehrte, bis ins innerste Mark aufgerüttelt. Und schon am nächsten Morgen war der Gedanke in ihm zum Entschluss gereift auszuziehen, um Calvas endlich für all die Untaten bezahlen zu lassen, die der Dunkle an Tareans Heimat, seinem
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