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Tanz des Verlangens

Tanz des Verlangens

Titel: Tanz des Verlangens
Autoren: Kresley Cole
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klar.“
    Sie blickten beide nach oben. Dort hockte Nïx auf einem Ast, ihr Schwert quer über den Rücken geschnallt.
    „Warst du die ganze Zeit da oben?“, brüllte Conrad, um gleich darauf das Gesicht zu verziehen und sich die Seite zu halten. „Und du bist nicht auf die Idee gekommen, uns zu helfen?“
    Nïx erhob sich und stieg von dem Ast herunter, als ob sie nur den Bürgersteig hinab auf die Straße trete. Sie landete ohne den geringsten Laut.
    „Was ist dir klar geworden?“, fragte Néomi. In ihrer Stimme schwang Angst mit. „Was bin ich?“
    Sie sah, dass Conrad schluckte, und wusste, dass er sich nicht sicher war, ob er es überhaupt wissen wollte.
    „Du bist eines dieser mächtigen Phantome der Mythenwelt, von denen ich dir erzählt habe. Allerdings wurde dein Alterungsprozess um ein paar Jahrhunderte beschleunigt. Gutes Timing jedenfalls.“ Sie zeigte verstohlen auf das Herrenhaus und sagte in gespieltem Flüsterton: „Nur so unter uns beiden – dein Geisteranker brennt.“ In ebendiesem Moment gab es eine Explosion, und das Glas in sämtlichen verbliebenen Fenstern des Erdgeschosses regnete in Scherben herab. „Und, ja, ich hatte es so geplant, dass der Knall meine Worte unterstreicht.“
    Ein fantôme ?
    „Phantom?“ Conrad rieb sich die Stirn und verteilte so großzügig Asche darauf. „Geisteranker?“
    Néomi erklärte es ihm. „Nïx hat mir vor ein paar Wochen erzählt, dass aus mir eine Art mythisches Phantom werden könnte, wenn ich lange genug als Geist aushielte. Phantome können nach Belieben eine körperliche Gestalt annehmen, sich translozieren und Dinge mit ihren Gedanken bewegen. Und sie müssen auch nicht an dem Platz bleiben, an dem ihr Geist verankert ist. Aber es hätte möglicherweise bis zu fünfhundert Jahre dauern können, bis mir nach und nach ein Körper gewachsen wäre, in den ich schlüpfen könnte. Offensichtlich hat Mariketa den Prozess ein wenig beschleunigt.“
    „Ja, schlaue, schlaue Mariketa – erfindet einen neuen Zauberbann und bricht die Regeln dann und wann“, sagte Nïx mit weit aufgerissenen Augen. „Es hat schon seine Gründe, dass Mari meine allerliebste Wicca-Person ist.“
    „Ich verstehe das immer noch nicht“, sagte Conrad. „Wovon redet ihr eigentlich?“
    „Mari hat die Regeln des Hauses der Hexen gebrochen, oder besser gesagt, sie hat sie großzügig ausgelegt. Es ist Hexen nicht erlaubt, Unsterbliche zu erschaffen.“ Sie wandte sich Néomi zu. „Aber zumindest theoretisch warst du bereits unsterblich. Also hat dir Mari einen neuen Körper geschenkt, der den Phantomalterungsprozess ausgelöst hat. Und irgendwie ist es ihr auch noch gelungen, einen Hauch von Mythenweltblut hinzuzufügen, um die Verwandlung von Mensch zu Mythenweltwesen in Gang zu setzen. Vielleicht hat sich der Vampir geschnitten, als er in seiner Panik Spiegelscherben für den Zauber der Hexe holte? Ich weiß es nicht.“
    „Ist sie zum Teil Vampir?“, fragte Conrad mit rauer Stimme.
    „Nein. Dein Blut war nur ein Beschleuniger, etwas, das einen bestimmten Prozess unterstützt. Selbst Mari kann keine weiblichen Vampire erschaffen.“
    „Kein Wunder, dass sie so nervös war“, sagte Conrad. „Sie wusste von Anfang an, was für eine Aufgabe ihr bevorstand.“
    „Oh ja. Ihr verdankt Mari viel. Auch wenn sie ihre Gesetze nicht dem Wortlaut nach verletzt hat, so doch zumindest den Gedanken, der dahintersteht. Dafür könnte sie schwer bestraft werden, wenn die anderen es herausfänden – sie könnte sogar als Verbrecherin gebrandmarkt werden. Kurz gesagt, Mariketa die Langersehnte wird euch wohl eher nicht als Referenz angeben, und ihr solltet ihr zu Beltane eine nette Karte schicken.“
    „Heißt das, dass ich mich jederzeit verwandeln kann, ganz wie ich will?“
    „Du bist eine Art Gestaltwandler zwischen Leben und Tod“, erwiderte Nïx. „Konzentriere dich einmal darauf, dich zu entkörperlichen.“
    Néomi konzentrierte sich. Als es funktionierte, sank Conrad, seiner Stütze beraubt, zur Seite, bevor er sich fangen konnte. „’tschuldigung, mon grand !“ Sie versuchte, Körper und Geist erneut zusammenzufügen. Und nach und nach wurde sie wieder körperlich.
    „Aber, Néomi“, hob Nïx mit gestrenger Miene an. „Jedes Mal, wenn du dich entkörperlichst …“ Sie verstummte, als ob sie abwöge, wie sie die schlechte Nachricht am besten formulieren könnte.
    „Ja?“, flüsterte Néomi.
    Conrad hielt den Atem an.
    „… wirst du“, beendete Nïx
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