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Tante Dimity und der skrupellose Erpresser

Tante Dimity und der skrupellose Erpresser

Titel: Tante Dimity und der skrupellose Erpresser
Autoren: Nancy Atherton
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nie irgendwelche Briefe bekommen.«
    »Lord Elstyn fing sie ab«, sagte Jim.

    »Sie enthielten lauter Lügen«, warf der Earl ein. »Sie behauptete, ich sei der Vater ihres Kindes, und forderte dich auf, dich für sie einzusetzen – dich, einen Schuljungen.«
    »Chambers hatte sie verlassen.« Jim faltete die Hände hinter dem Rücken und setzte den Bericht mit einer Kühle fort, die in krassem Kontrast zu den Emotionen stand, die er bei Vater und Sohn auslöste. »Das war der Auftakt für jene erste Serie von Briefen. In den Jahren danach folgten noch zwei weitere Briefserien. Was die Briefe der ersten Serie angeht, einige wurden direkt an Ihre Schule geschickt, aber auch dort wurden sie auf Anweisung von Lord Elstyn zurückgehalten …«
    Die meisten Briefe trafen jedoch auf Hailesham Park ein, und der Earl fing sie alle ab.
    Nachdem er das erste halbe Dutzend gelesen hatte, wies er Giddings an, Winnies Briefe ungeöffnet zu lagern, sobald sie eintrafen.
    Jim legte die Hand auf die Kiste mit den Manuskripten. »Giddings verwahrte die Dokumente im Safe, wo auch das Familiensilber lag.«
    »Ich hatte vor, sie dir eines Tages zu übergeben, wenn du alt genug gewesen wärst, um zu verstehen, was geschehen war«, sagte Lord Elstyn zu seinem Sohn. »Aber als du alt genug warst …«

    »War ich fort.« Derek fuhr mit der Hand durch seine wirren dunkel melierten Locken. Er starrte eine Weile auf den Boden, dann wandte er sich an Jim Huang. »Sie sprachen von anderen Briefen. Was ist aus ihnen geworden?«
    »Giddings folgte auch weiterhin den Anweisungen des Lords«, antwortete Jim. »Er archivierte die Briefe, ohne sich im Einzelnen mit Lord Elstyn abzusprechen. Erst als die aktuellen Drohbriefe eintrafen, verlangte Lord Elstyn die Briefe von Miss Winfield zu sehen.«
    »Giddings brachte mir insgesamt zehn Kisten, die Hunderte von ungeöffneten Briefen enthielten«, sagte der Earl. »Ich war schockiert, welche Menge sich im Laufe der Jahre angesammelt hatte. Das konnte ich nicht bewältigen.«
    Jim warf einen Blick auf den Monitor seines Computers. »Miss Winfield schickte 723 Briefe an Sie, Mr Harris. Die ersten 35 trafen kurz nach Chambers’ Abgang ein …«
    Jim Huang hatte jeden einzelnen Brief gelesen.
    Er rekonstruierte mehre Jahrzehnte ihres Lebens, indem er den Absenderadressen auf den Umschlägen oder den Leitzahlen auf den Poststempeln folgte. Durch Recherchen am Computer gelang es ihm, zahlreiche Institutionen und Behörden zu kontaktieren, die weitere Informationen lieferten. Der Weg, den er zurückverfolgte, war von Schicksalsschlägen gekennzeichnet.
    »Miss Winfield nahm Ihnen nie übel, dass Sie ihre Briefe nicht beantworteten«, sagte Jim. »Sie nahm an, dass Ihr Vater Ihnen den Kontakt zu ihr verboten hatte.«
    »Und dennoch schrieb sie weiter«, murmelte Derek. Er schien wie benommen.
    »Ihre Psyche war nicht sehr stabil«, sagte Jim.
    »Den ersten, kleineren Zusammenbruch erlitt sie, nachdem Chambers sie verlassen hatte.« Er drückte auf eine Taste auf dem Computerkeyboard. »In Manchester wurde sie in einer Klinik wegen Depressionen behandelt. Von dort schrieb sie die ersten Briefe …«
    Die Mutterschaft schien Winnie allerdings gutzutun. Sie schrieb Derek, dass sie einen gesunden Jungen auf die Welt gebracht hatte, den sie auf den Namen Anthony taufen ließ. Es vergingen dreizehn Jahre, bevor sie wieder schrieb.
    »Sie standen damals kurz vor der Volljährigkeit, Mr Harris«, erläuterte Jim. »Miss Winfield durchforstete die Gesellschaftskolumnen der Zeitungen, um etwas über die Feier zu Ihrem 21.  Geburtstag zu erfahren.«
    »Es gab keine Feier«, sagte Derek brüsk.
    »Sie wurden überhaupt nicht in den Klatschspalten erwähnt«, sagte Jim. »Ganz im Gegensatz zu Ihrem Cousin, Simon Elstyn.«
    Simon stöhnte leise und legte die Hand über die Augen.
    »Von nun an hatte sie es besonders auf Ihren Cousin abgesehen«, fuhr Jim fort. »In etwa zwanzig Briefen warnte Miss Winfield Sie vor« –
    er betätigte eine weitere Taste und las den Text vom Bildschirm ab – »Simons Plan, dir Hailesham zu stehlen‹.«
    »Sie hatte Simon von Anfang an im Verdacht«, ergänzte der Earl traurig. »Schon in ihren ersten Briefen beschuldigte sie ihn, sich meine Zuneigung zu erschleichen. Dabei war er noch ein Kind. Deshalb dachte ich auch sofort an sie, als Simon mir diese Drohbriefe zeigte.«
    »Ihr Verhältnis zu Simon war stets vollkommen irrational«, pflichtete Jim bei. »Sie glaubte auch, dass Simon
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