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Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt

Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt

Titel: Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt
Autoren: David Eddings
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fort sein würde. Ich bin froh, daß du wach bist. Vielleicht kannst du mir helfen.«
    »Ich werd's mir überlegen – wenn du lieb zu mir bist.«
    »Ich will es versuchen. Was weißt du über Fyrchtnfles?«
    »Er war ein Barbar. Aber schließlich war er Elenier; da kann man ja nichts anderes erwarten.«
    »Deine Vorurteile kommen wieder mal durch!«
    »Niemand ist vollkommen. Woher rührt dein plötzliches Interesse an alten Geschichten?«
    »In Lamorkand geht das Gerücht, daß Fyrchtnfles zurückgekehrt ist. Dort sitzt alle Welt mit ehrfürchtiger Miene herum und wetzt die Schwerter. Was steckt wirklich dahinter?«
    »Fyrchtnfles war vor drei- oder viertausend Jahren ihr König. Kurz nachdem ihr Elenier das Feuer entdeckt hattet und aus euren Höhlen gekrochen seid.«
    »Ein bißchen mehr Respekt, bitte.«
    »Gewiß, Vater. Dieser Barbar, Fyrchtnfles, schmiedete die Lamorker zu einer Art Einheit zusammen. Dann machte er sich daran, die Welt zu erobern. Die Lamorker waren sehr beeindruckt von ihm. Er betete jedoch die alten lamorkischen Götter an, und deine elenische Kirche fühlte sich nicht wohl bei dem Gedanken, daß ein Heide auf dem Thron der ganzen Welt sitzen könnte. Deshalb ließ sie ihn ermorden.«
    »So etwas würde die Kirche niemals tun!« sagte Sperber entschieden.
    »Möchtest du die Geschichte hören oder ein theologisches Streitgespräch führen? Nachdem Fyrchtnfles beseitigt war, schlitzten lamorkische Priester ein paar Hühnern den Bauch auf und spielten mit ihren Eingeweiden herum, um die Zukunft daraus zu lesen. Ein wirklich abscheulicher Brauch, Sperber. Und der Geruch!« Sie schauderte.
    »Was siehst du mich an? Ich hab's nicht erfunden.«
    »Ihre Augurien, wie die Lamorker es nannten, sagten ihnen voraus, daß Fyrchtnfles eines Tages zurückkehren und dort weitermachen würde, wo er aufgehört hatte, und daß er die Lamorker zu den Beherrschern der Welt machen würde.«
    »Soll das heißen, sie glauben wirklich daran?«
    »Früher haben sie's geglaubt.«
    »Es gibt auch Gerüchte über eine Rückkehr zur Anbetung alter heidnischer Götter.«
    »Damit ist zu rechnen. Wenn ein Lamorker über Fyrchtnfles nachzudenken beginnt, holt er dabei die alten Götter aus der Versenkung. Ist das nicht töricht? Gibt es denn nicht genügend echte Götter für sie?«
    »Die alten lamorkischen Götter sind also nicht echt ?«
    »Natürlich nicht! Wo hast du deinen Verstand gelassen, Sperber?«
    »Die Trollgötter sind echt. Was ist da für ein Unterschied?«
    »Ein riesiger, Vater. Das weiß doch jedes Kind.«
    »Wenn du es sagst, wird es schon stimmen. Wie wär's, wenn du jetzt wieder ins Bett verschwindest?«
    »Erst, wenn du mir einen Kuß gegeben hast.«
    »Oh, entschuldige. Ich war in Gedanken.«
    »Achte lieber auf die wirklich wichtigen Dinge, Sperber. Oder möchtest du, daß ich dahinwelke?«
    »Natürlich nicht!«
    »Dann gib mir einen Kuß.«
    Er tat es. Wie immer duftete sie nach Gras und Bäumen. »Wasch dir die Füße«, riet er ihr.
    »Muß das sein?«
    »Möchtest du deiner Mutter diese Grasflecken eine Woche lang erklären müssen?«
    »Ist das alles, was ich von dir bekomme?« protestierte sie. »Einen dürftigen Kuß und Badeanweisungen?«
    Er lachte, hob sie hoch und küßte sie wieder – mehrmals. Dann setzte er sie zu Boden. »Und jetzt marsch, ab mit dir!«
    Sie verzog schmollend den Mund, dann seufzte sie. Sie kehrte zu ihrem Schlafgemach zurück und zog Rollo an einem Bein hinter sich her. »Halt Mutter nicht die ganze Nacht wach«, sagte sie über die Schulter. »Und bitte, versuch wenigstens leise zu sein. Warum müßt ihr überhaupt immer so laut dabei herumpoltern?« Sie blickte verschmitzt drein. »Wieso wirst du rot, Vater?« fragte sie unschuldsvoll. Dann lachte sie, ging in ihr Zimmer und schloß die Tür hinter sich.
    Sperber war nie ganz sicher, ob seine Tochter wirklich begriff, was solche Bemerkungen andeuteten, wenngleich er natürlich nicht im geringsten daran zweifelte, daß sie es auf einer Ebene ihrer eigenartig vielschichtigen Persönlichkeit durchaus verstand. Er schob den Riegel vor ihre Tür, dann begab er sich ins Schlafgemach, das er mit seiner Gemahlin teilte. Auch diese Tür schloß er hinter sich und verriegelte sie.
    Das Feuer war fast bis zur Glut heruntergebrannt, spendete aber noch genügend Licht, daß Sperber die junge Frau sehen konnte, die der Mittelpunkt seines Lebens war. Die üppige Fülle ihres aschblonden Haares bedeckte ihr Kopfkissen, und im
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