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talon003

talon003

Titel: talon003
Autoren: Hoellentrip
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eine Hand abwehrend vor sich.
    „N-nein“, stammelte sie kraftlos. „Bleib’ mir vom Leib!“
    Ihre großen blauen Augen blieben an dem mit Wunden übersäten Körpers Talons hängen. Seine Augen leuchteten in einer dunklen Glut, die sie noch nie zuvor bei einem Menschen erblickt hatte.
    Talon sah die junge Frau an. Das lange Haar, das ihr Gesicht wild einrahmte, verschwamm vor seinen Augen zu einer schwarzen Flut, die ein anderes Gesicht umfloss. Volle, dunkle Lippen lächelten ihm verheißungsvoll zu, als luden sie ihn ein, ihnen zu folgen.
    „Obsidian?“, fragte Talon rau.
    Er schüttelte unwillig den Kopf. Schmerzen durchzuckten seinen Schädel und explodierten tief in ihm drin. Seine Gedanken schienen zwei Welten gleichzeitig zu durchstreifen und ihn mit Erinnerungen zu überschwemmen, die jenseits des Vergessens lagen.
    „Was – – geschieht mit mir?“, richtete er seine Frage ins Leere.
    Seine Augen wanderten ziellos umher und hefteten sich dann an den Umriss der jungen Frau, der vor seinen Augen ständig verschwamm. Sie hatte es nicht gewagt zu fliehen, und so sah sie ihn nur angsterfüllt an.
    Die Schmerzen dehnten sich immer weiter in Talon aus.
    „Verdammt noch mal – geh!“, herrschte er June an. Ohne einen Augenblick zu verlieren, raffte die junge Frau das Badetuch um ihren Körper und hastete von der Terrasse. Sie flüchtete über die Ebene hinweg und tauchte in den Schatten der Bäume.
    Der Boden schwankte unter Talons Füßen. Sein Kopf sackte leicht nach vorne. Müdigkeit machte sich in seinen Gliedern bereit, die bleiern in ihm empor kroch.
    „Wer warst du eigentlich?“
    Der Gedanke an die junge Frau löste sich in zahlreichen Splittern aus seinem Bewusstsein. Bunte Kreise zerplatzten vor seinen Augen. Die Farben zerflossen in einem dämmrigen Licht, das ihn mehr und mehr einhüllte. Mit einem rauschenden Dröhnen entfernte sich die Wirklichkeit aus seinem Blickfeld und machte einem Meer voller Leere Platz. Endlose Schwärze umfasste seine Sinne wie ein hungriger Sog.
    Sie zerschellten weit in der Ferne an der Klippe der Bewusstlosigkeit.

    Die hochschlagenden Flammen bildeten einen scharfen Kontrast zum schemenhaften Umriss des Dschungels, der die Ebene umsäumte.
    Talon stand vor den brennenden Überresten des Labors und betrachtete sich das Bild teilnahmslos. Heiße Luft erfüllte die Umgebung. Sie riss alles mit sich mit und wirbelte es in den nachtschwarzen Himmel, von wo es zurück zum Boden taumelte und in den Flammen verglühte.
    Der Atem brannte in seiner Seele. Ruß bedeckte seine Haut und mischte sich mit dem kalten Schweiß und dem lange getrockneten Blut der Wunden zu einer zähen Schicht.
    Was habt ihr nur in mir geweckt? schrien die Gedanken in ihm auf. Zahllose Bilder stürmten ungehindert auf ihn ein und drängten sein Bewusstsein weit nach hinten.
    Was hast du mir angetan?
    Talons Blick öffnete sich müde. Er ballte seine Fäuste und schrie seine Gefühle in die Nacht.
    „Bergstrøm! Wer bist du?“

    Fortsetzung folgt in

    Talon Nummer 4

    „Die Ruinenfelder“

    © Copyright aller Beiträge 2004 by Thomas Knip. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung. Kontakt unter [email protected] .
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