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Talitha Running Horse

Talitha Running Horse

Titel: Talitha Running Horse
Autoren: Antje Babendererde
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zum Hals. Der Weg war schlammig, und ich entdeckte die Abdrücke von unbeschlagenen Pferdehufen. Ich lief schneller.
    Nur wenig später, ich war überhaupt nicht weit gelaufen, sah ich die Pferdeherde auf einem Hügel stehen. Ich lief langsamer, um die Tiere nicht zu erschrecken, und ging bis auf ein paar Meter an sie heran. Vor Aufregung wagte ich kaum zu atmen, als ich Tom Thunderhawks Pferde zum ersten Mal aus der Nähe sah. Ich hatte schon hier und da mal ein Appaloosa gesehen im Reservat, aber noch nie so viele und so schöne Tiere auf einmal. Die Sonne kam plötzlich zwischen den Wolken hervor, schickte ihre Wärme herab und ließ die Fellzeichnung der Pferde aufleuchten.
    Shunka wakan,Heilige Hunde, war der Name, den die Lakota den Pferden gaben, als sie zum ersten Mal welche sahen. Die Spanier brachten sie auf ihren Schiffen nach Amerika, und es dauerte noch eine Weile, bis sie zu uns in den Norden vorgedrungen waren. Die Pferde, das war das einzig Gute, was wir den Spaniern zu verdanken hatten.
    Bis dahin hatten Hunde die Lasten gezogen, wenn unsere Vorfahren mit ihren Tipis der Spur der Büffel folgten. Als die Indianer die Pferde sahen, hielten sie sie für Geisterhunde. Aber schon sehr bald wussten sie die Vorteile der starken Tiere auszunutzen, denen sie eine viel größere Last aufbürden konnten als ihren Hunden.
    Ich ging noch drei kleine Schritte auf die Pferde zu und blieb dann stehen. Herr über Tom Thunderhawks Herde war ein großer Hengst, einer der seltenen Leopardenschecken. Der, vor dem ich mich in Acht nehmen sollte. Er wandte mir den Kopf zu, rollte mit den Augen und wieherte, was wie eine Warnung klang. Bleib lieber stehen, schien er mir sagen zu wollen.
    Eine Besonderheit bei Appaloosas sind ihre Augen mit der weiß umrandeten Pupille und ihre gestreiften Hufe.
    Das Fell des Hengstes war weiß und hatte überall grauschwarze Tupfen, auch auf dem Kopf und an den Beinen. Sogar seine Nüstern waren gesprenkelt. Er sah lustig aus, aber ich hatte mächtigen Respekt vor ihm. Der Hengst ließ seine Stuten und ihre Fohlen nicht aus den Augen. Mich allerdings auch nicht. Neugierigen Fremden gegenüber schien er tatsächlich sehr misstrauisch zu sein.
    Von seinen fünf Stuten waren drei braun, mit weißen Kruppen und weißen Sprenkeln überall. Zwei hatten eine graue Grundfarbe und ihr Fell war von weißen Haaren durchzogen. Es sah aus, als wäre Schnee auf sie gefallen. Eine von ihnen hielt ich für die Leitstute. Sie hob immer wieder wachsam den Kopf, während die anderen sich von meiner Gegenwart nicht aus der Ruhe bringen ließen. Es gab einen grauweißen Wallach, der etwas abseits graste und sich der Herrschaft des gefleckten Hengstes fügte. Zwischen den braunen Stuten entdeckte ich zwei Jährlinge, und dann wusste ich auch, warum die eine der grauen Stuten so unruhig war. Hinter ihr versteckt stand ein dünnes Fohlen, das erst wenige Tage alt sein konnte.
    Ich ging vorsichtig ein paar Schritte um die Herde herum, um es besser ansehen zu können. Kopf und Hals des kleinen Stutfohlens waren dunkelgrau. Rücken und Bauch sahen aus wie von Raureifbedeckt. Sein fast weißes Hinterteil hatte dunkle, faustgroße Flecken, fünf auf jeder Seite. Es folgte seiner Mutter auf Schritt und Tritt und drängte sich an ihren schützenden Körper.
    Ich hatte das Gefühl, als wäre ich ihm schon in meinen Träumen begegnet, und verliebte mich sofort in dieses kleine Wesen. Die Sonne wärmte sein schön gezeichnetes Fell, und auf einmal machte es fröhliche, ungelenke Sprünge, die mich an einen kleinen Wirbelwind denken ließen. Beinahe unbewusst formten meine Lippen einen Namen: Stormy.
    Â»Hey, Stormy!«, rief ich leise und flüsterte ein paar freundliche, besänftigende Worte. Das Fohlen hob den Kopf und sah mich neugierig an, als hätte es seinen neuen Namen verstanden. Es kam näher, als wollte es mehr hören von dem, was ich zu sagen hatte. Zu gerne hätte ich es gestreichelt und meine Nase an sein weiches Fell gedrückt, um seinen süßen Pferdeduft einzuatmen. Aber auch wenn der gefleckte Hengst anscheinend beschlossen hatte, mich nicht länger als Gefahr zu betrachten – die graue Stute ließ mich nicht an ihr Fohlen heran. Sobald ich mich Stormy näherte, stellte sie sich zwischen mich und ihr Fohlen.
    Ich wusste, dass nährende Stuten manchmal gefährlich werden
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