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Tagebuch eines Engels

Tagebuch eines Engels

Titel: Tagebuch eines Engels
Autoren: Carolyn Jess-Cooke
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nach New York zurückkehrte, betäubte er die Schrecken seiner Vergangenheit mit jedem Mittel, dessen er habhaft werden, mit jeder Prügelei, in die er sich einmischen konnte.
    Margot kam jedes Jahr zu Weihnachten nach New York und erzählte Theo ein bisschen mehr von dem Waisenhaus. Jedes Mal bat sie ihn, ihr von den Ereignissen im Jugendknast zu erzählen, und jedes Mal wandte er sich ab und ging.
    Doch dann ereignete sich eine Veränderung in Margots Leben, die ich bejubelte: Sie fragte Toby, ob sie ihn als seine Agentin vertreten dürfe. Und er sagte Ja. Großartige Idee!, rief ich. Wieso bin ich da nicht selbst drauf gekommen? Das ist perfekt! Und ich fing an, davon zu träumen, dass die beiden wieder zueinander finden, dass der zweite Versuch viel besser laufen würde, dass er mehr von Liebe geprägt sein würde als von ihren Egotrips, dass Theo richtig glücklich sein würde, dass wir alle richtig glücklich sein würden, vielleicht im Himmel …
    Und dann, just als Margot den Hörer auflegte, hörte sie Schritte im Flur.
    Eine Gestalt in der Tür.
    Â»Kit?«
    Er trat auf sie zu und lächelte breit.
    Â»Ich dachte, du wärst in Malaysia?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Ich hasse Interviews.«
    Sie schlang die Arme um seinen Hals und küsste ihn. Er hob sie hoch und trug sie, die zappelte und lachte, zum Balkon und sagte:
    Â»Margot, mein Schatz. Heirate mich.«
    Klopfenden Herzens sah ich dabei zu, wie Margot den Blick von ihm ab- und dem Meer unter ihnen zuwandte. Die Wellen brachen sich am Strand.
    Und dann sah ich es.
    Sie blickte zu Kit hinauf, doch ihre Aura hatte dieselbe goldene Färbung wie Tobys, und sie floss wie ein reißender Strom, der ihr Herz mittrug, quer über den Pazifik zu Toby.
    Aber sie nickte.
    Nein! Nein!, schrie ich und ignorierte die Stimme in meinem Kopf, die mich an das Versprechen erinnerte, das ich abgelegt hatte. Dass ich mich nämlich an die vier Vorgaben halten würde: Beobachten. Beschützen. Aufzeichnen. Lieben. Dass ich mich nicht einmischen sollte. Ich sagte der Stimme, dass sie zur Hölle fahren solle, und insistierte: Heirate ihn nicht, Margot! Sie sah ihn an und sagte mit dem Anflug eines Stirnrunzelns:
    Â»Kit, ich gehöre dir.«

– 25 –
    DIE FEHLENDE UNTERSCHRIFT
    Zu meiner uneingeschränkten Freude gab es jedoch ein Problem bei der Durchführung des Plans.
    Margot hatte nämlich die Scheidungspapiere nie unterschrieben. Weder sie noch Toby wussten überhaupt, wo diese Papiere sich befanden. Ihre Trennung war jetzt schon so lange her, dass sie sich mit dem recht bequemen Beziehungsstatus arrangiert hatten, der nichts mit dem hässlichen Wort »Scheidung« zu tun hatte, gleichzeitig aber einer Ehe so sehr ähnelte wie eine Maus einer Mango.
    Sie flog nach New York, um mit Toby darüber zu reden – ausgerechnet zu Theos achtzehntem Geburtstag. Sie erzählte Theo und Toby, sie wolle Theos Schritt in die Volljährigkeit mit ihnen feiern, deshalb sei sie so unverhofft gekommen. Aber Toby wusste Bescheid. Er kannte seine zukünftige Exfrau wie die Straßen von Manhattan. Und manchmal mangelte es ihr nun mal an Feingefühl. Der Klunker an ihrem Ringfinger war kastaniengroß.
    Â»Schöner Ring«, waren seine ersten Worte am Flughafen.
    Â»Der Flug war okay, danke. Ich habe einen besseren Platz gekriegt.«
    Schweigend liefen sie nebeneinander her zum Parkplatz. Toby schloss seinen alten Chevy auf. Sie stiegen ein. Beim vierten Versuch sprang der Motor endlich an.
    Â»Herrjemine, Toby, meinst du nicht, dass du dir mal ein neues Auto anschaffen solltest? Ich meine – wie alt ist das Teil jetzt?«
    Â»Ich werde mich nie und nimmer von diesem Auto trennen. Ich werde mich darin begraben lassen, dass du es nur weißt.«
    Â»Das ist der Wagen, mit dem wir nach Las Vegas gefahren sind, oder?«
    Â»Um zu heiraten.«
    Â»Ja. Um zu heiraten.«
    In der Wohnung angekommen, hatte Toby plötzlich alle Hände voll damit zu tun, Kaffee zu kochen. Jeder der Anwesenden musste unbedingt eine Tasse mit einem Heißgetränk in der Hand haben, und diese Tassen mussten erst einmal dringend gründlich gespült werden … Das alles war nichts anderes als eine Übersprunghandlung, die von der Monstrosität des ihnen bevorstehenden Gesprächsthemas ablenken sollte: ihrer Scheidung.
    Margot durchschaute das sehr wohl, und es
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