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Tagebuch der Lust

Tagebuch der Lust

Titel: Tagebuch der Lust
Autoren: Ava Pink
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Otis“, flötete ich. Oh ja, ich kann es noch , dachte ich amüsiert.
    „Was kann ich für Sie tun?“, fragte er und schlug sich dann mit der flachen Hand vor die Stirn. „Verzeihen Sie, Miss Antoinette. Ich bin so perplex, dass ich meine guten Manieren vergesse. Bitte, treten Sie ein.“
    Ich schenkte ihm ein verführerisches Lächeln und folgte der Einladung. Otis schloss die Tür und bat mich, ihm in sein Büro zu folgen. Sein Gesicht war hochrot, und ich stellte fest, dass er nicht mehr der schlaksige, junge Mann war, sondern anscheinend zu gerne der kreolischen Küche frönte.
    „Bitte, setzen Sie sich“, sagte er und bot mir einen Stuhl an. Dann nahm er ganz fachmännisch hinter seinem Schreibtisch Platz und betrachtete mich.
    „Ich kann es immer noch nicht glauben. Wie lange ist es her, dass man Sie das letzte Mal in Atlanta bewundern durfte?“
    „Zu lange, mein lieber Otis, zu lange“, lächelte ich. „Ich war anderweitig eingespannt, müssen Sie wissen, aber nun bin ich wieder hier.“
    „Das freut mich zu hören“, entgegnete er und ließ einen Blick über meinen Körper schweifen. „Wissen Sie, als wir uns das letzte Mal trafen, war ich ein linkischer Junge. Sie versprachen mir damals, ich würde erneut das Vergnügen bekommen, ihren köstlichen Leib zu genießen. Erinnern Sie sich?“
    „Aber ja“, gab ich zurück. „Sie werden noch Ihre Gelegenheit erhalten, mein Lieber, doch zunächst habe ich ein Anliegen, bei dem ich mir Ihre Hilfe verspreche.“
    Otis lehnte sich weiter über seinen Tisch und hörte mir aufmerksam zu.
    „Es geht gewissermaßen um eine gute Freundin von mir“, begann ich. „Sehen Sie, sie ist in einer ausgesprochen unglücklichen Ehe gefangen. Ihr Mann schlägt und misshandelt sie, und weil sie ihm keine Kinder gebären kann, hat er das Haus schon vor drei Jahren verlassen und sich nicht wieder blicken lassen. Allerdings lässt er sich auch nicht von ihr scheiden, denn es gefällt ihm, sie zu demütigen. Nun möchte meine Freundin, die noch recht jung an Jahren ist, ihre Zeit nicht alleine verbringen, jedoch ist an ein Zusammenleben mit ihrem Gatten nicht mehr zu denken. Meinen Sie, es besteht irgendeine Möglichkeit, dass sie sich scheiden lassen kann?“
    Otis sah mich einen Moment prüfend an, und ich bekam Angst, dass er mich durchschauen könnte.
    Er legte grübelnd seine hohe Stirn in Falten, und sagte schließlich:
    „Eine Scheidung ist leider nie einfach, Miss Antoinette. Meistens ist dieses Recht den Männern vorbehalten, wenn ihre Frauen untreu sind oder – wie im Fall Ihrer Freundin – die Ehe kinderlos bleibt. Sie müsste sich, sofern der Ehemann sich darauf einlässt, damit rechnen, völlig mittellos dazustehen. Die wenigsten Männer lassen sich auf ein derartiges Arrangement ein, dass schadet nämlich ihrem Ansehen in der Öffentlichkeit. Aber ich verspreche Ihnen, ich werde den Fall genau unter die Lupe nehmen. Es gibt immer Schlupflöcher. Wir sind nicht mehr im Mittelalter. Also richten Sie Ihrer Freundin aus, ich werde den Fall übernehmen, vorausgesetzt, ich erhalte alle nötigen Informationen.“
    „Das ist ein Problem, Mister Campbell. Der Ehemann meiner Freundin ist ein sehr einflussreicher Mann, und sie befürchtet, einen Skandal heraufzubeschwören, wenn dieses leidige Thema an die Öffentlichkeit gelangt. Aber ich werde versuchen, Ihnen den Fall genauestens zu schildern und vielleicht können Sie ihren Namen einfach da heraus halten.“
    Otis seufzte, fuhr sich durch das dünne Haar und lehnte sich in seinem Stuhl zurück.
    „Ich werde mein Bestes geben, Miss Antoinette, aber einfach wird es nicht.“
    „Ich danke Ihnen“, lächelte ich und begann, ihm Einzelheiten zu erzählen, vermied es aber, einen Namen zu nennen. Insgeheim spielte ich mit dem Gedanken, mir von ihm nur einen Rat zu holen und dann einen Anwalt von außerhalb zu kontaktieren.
    Selbstverständlich konnte ich Otis nicht die volle Wahrheit sagen.
    Otis machte sich währenddessen Notizen und nickte verständnisvoll.
    „Liegt denn bei der Frau auch Untreue vor?“, fragte er mich.
    „Ja“, gab ich zu. „Aber er weiß nichts davon.“
    „Ich verstehe“, nuschelte Otis. „Machen Sie sich keine Sorgen, Miss Antoinette. Ich bin nicht irgendein drittklassiger Anwalt. Ich bin einer der besten. Mir wird etwas einfallen.“
    Ich nickte zufrieden und wollte mich erheben, doch Otis hielt mich zurück.
    „Miss Antoinette, da wäre noch eine Kleinigkeit.“ Er kam um den
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