Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tag des Opritschniks, Der

Tag des Opritschniks, Der

Titel: Tag des Opritschniks, Der
Autoren: Vladimir Sorokin
Vom Netzwerk:
Mit blanken, rosigen Leibern fläzen sie in den Stühlen, süffeln nichtalkoholische Getränke und werfen sich träge Worte zu.
    Jetzt sind auch Schelet und Samosja fertig mit Schwitzen, und Mokry 1 macht seinem Namen alle Ehre, Wosk plumpst ächzend auf seine Liege, Jerocha schnauft dankbar und zufrieden, Tschapysch und Bubno schlürfen gierig Kwass in sich hinein und erwachen zu neuem Leben. So eine Banja eint doch gewaltig! Hier sind alle gleich – Rechte wie Linke, Alte wie Junge. Pitschnass und zerzaust die goldblonden Schöpfe, die Zungen lose:
    »Samosja, sag mal, wo bist du dem Obersten denn reingefahren?«
    »In die Seite gerauscht beim Abbiegen von der Ostoshenka. Die Strelitzensocke war zu feige, auszusteigen, stell dir vor. Hinterher kamen seine Leute mit dem Quadrat und der gläsernen Hand, der Schutzmann ist eingeknickt. Ich bin im Guten nicht durchgekommen, und mit dem Schläger fuchteln wollte ich nicht …«
    »Brüder, auf der Marossejka hat ’ne neue Kneipe aufgemacht: das Ambrosia. Zwölf Sorten Kissel, Wodka an Lindenblütenknospen, Kaninchen mit Nudeln, und hübsche Sängerinnen haben sie auch …«
    »Schon gehört? Zur Butterwoche will der Gossudar unsere Spitzensportler beschenken: Die Gewichtheber kriegen jeder einen wasserstoffbetriebenen Merin, die Stockschüzen ein fettärschiges Motorrad und die Bogenschützinnen einen lebendgebärenden Pelzmantel …«
    »… jedenfalls, die Schweine hatten zugesperrt, einen Knallfrosch zu benutzen hatte unser Ältester verboten – das Haus stand nicht auf der Abschussliste. Gas und Kaltstrahl durften auch nicht sein. Also sind wir auf die alte Tour rein, von der drunterliegenden Wohnung aus: Guten Tag, tut uns leid, über Ihnen sitzt der Feind. Wir haben sie im Namen des Staates um Verständnis gebeten. Die ihre Koffer und die Ikonen gepackt und raus, wir ein Feuerchen gemacht, die Bande von unten angebohrt und ausgeräuchert. Gehofft hatten wir, dass sie aufsperren, aber nein, die sind aus dem Fenster. Der Alte hat sich die Niere am Zaun aufgespießt, der Jüngere hat mit Beinbruch überlebt und seine Aussagen gemacht …«
    »Was die Jelagina war, Awdotja Petrowna, die hat mit ihrem Riesenarsch Kloschüsseln zu Bruch gesessen. So wahr ich hier stehe! …«
    »Jerocha, Jerocha …«
    »Hä?«
    »… wo is mein Eiakocha …«
    »Blödmann! Steck du lieber deine weg, die schleifen übern Fußboden …«
    »Sag mal, Bubi, stimmt es, dass graue Einkünfte neuerdings in der Handelskammer die Runde drehen und von den Amtsleuten runtergeschnippelt werden?«
    »Nicht doch. Über die geh’n bloß die Zuschläge. Was grau ist, wird wie üblich von Untersekretären getätigt, die haben wir unter Kontrolle …«
    »… Feind bleibt Feind! Den kriegst du nicht mit dem Schürhaken aus den Ritzen gekratzt!«
    »Wart’s ab, Ochlop, bis der Herbst kommt. Dann kriegen wir sie alle.«
    »He, Kleiner, wo hast du dich stechen lassen?«
    »Im Nebukadnezar.«
    »Hübsch! … Insonderheit die Drachen da unten … Ich wollte rund ums Gewölle eine Herde wilder Pferde hinhaben, aber der Stecher hat sich gesträubt: Das stört die künstlerische Balangse, meint er.«
    »Da hat er recht, Bruder. Bei dem Gestrüpp, wenn man das machte, gäb’s blöde Zwischenräume. Da täten besser zwei Köpfe drüberpassen. Wie wär’s mit Zwetow und Silbermann?«
    »Ha, ha. Hat sich schon mal einer totgelacht …«
    »Die neue Koslow schlägt härter durch als die Double Eagle. Geht durch zwei Ziegel dickes Mauerwerk und hat noch Wirkung beim Austritt. Bei der alten war bei anderthalb Sense. Dafür hat unsere einen fetteren Rückstoß.«
    »Umso besser – das trainiert die rechte Hand.«
    »Würdest du, Bruder Mokry, mir einen Schluck Kwass reichen?«
    »Schluck’ in Gottes Namen, Bruder Potyka.«
    »Freikauf, Freikauf, immer die Leier … Was zum Teufel soll ich da bohren. Du kriegst da eh keinen Fuß in die Tür, höchstens ein Loch in den Pelz.«
    »Weh und ach! Bruder Jerocha liebt mich nicht!«
    »Ich hau dir gleich eine aufs Auge, du Grapscher!«
    »Habt ihr gehört, warum unser Gossudar Rohr Nummer drei dichtgemacht hat? Weil die Knallköppe im Westen mal wieder keinen Château Lafitte an den Hof geliefert haben! Nicht mal einen halben Waggon pro Jahr kriegen die auf die Reihe!«
    »Wer trinkt denn dort auch noch Wein? Die Cyberpunks trinken doch alle Kefir!«
    Der Alte ist wie immer als Letzter schwitzen gegangen. Die Bademeister lassen seinen kräftigen Körper durch ihre
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher