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Susanne Barden 01 Hinaus ins Leben

Susanne Barden 01 Hinaus ins Leben

Titel: Susanne Barden 01 Hinaus ins Leben
Autoren: Helen D. Boylston
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gibt es ein zweites Essen. Ich werde Sie zum Speisesaal führen.«
    »Vielen Dank. Wo befinden wir uns hier eigentlich?«
    »Alle Teile des Krankenhauses sind durch unterirdische Gänge miteinander verbunden. Die Rohre sind für die Warmwasserversorgung und für die Dampfheizung da. Dieser Keller ist sehr bequem, wenn man es eilig hat und sich den Weg abkürzen will.«
    »Danke, ich mache lieber einen Umweg.«
    Er lachte wieder. Dann führte er Susy mit einer Sicherheit, die sie bewunderte, durch das Gewirr der Gänge, während er sich bemühte, seinen Schritt dem ihren anzupassen.
    »Wie gefällt Ihnen das Krankenhaus?« fragte er, während sie unter den Rohren entlanggingen. »Diese Frage klingt wahrscheinlich recht konventionell, aber ich möchte es wirklich gern wissen.«
    »Ich bin soeben erst angekommen und habe mich noch kaum umschauen können. Mein erstes Erlebnis war, daß ich mich in diesem gespenstischen Keller verirrte. Und dann begegnete ich einem dicken Mann mit einem Robbengesicht. Er jagte hinter mir her und schrie auch wie eine Robbe. Das hat mir nicht besonders gefallen.«
    »Sie sind mit Toni, dem griechischen Wäscher, zusammengeraten. Er ist schon seit vielen Jahren hier. Die Schwestern hänseln ihn gern. Ich glaube, das macht ihm ungeheuren Spaß, aber er tut immer so, als wollte er sie ermorden.«
    »Es wirkte sehr überzeugend.«
    »Ja, das glaube ich.« Er steckte die rechte Hand in seine Kitteltasche. Sein Gesicht wurde ernst. »Sie werden einen ganz anderen Eindruck von dem Krankenhaus bekommen, wenn Sie erst längere Zeit hier sind«, sagte er. »Es ist eine wunderbare, einzigartige Welt. Schon der ärztliche Beruf an sich ist herrlich, hier aber ist das Arbeiten eine wahre Lust. Dieses Krankenhaus ist alt und voller Tradition. Wenn es einen Menschen erst einmal gepackt hat, läßt es ihn nicht mehr los - vielleicht sein ganzes Leben lang nicht.«
    »Ach, wirklich? Das hätte ich nicht gedacht. Ich meine - ich dachte es mir schön, den Beruf der Krankenschwester zu erlernen, aber ich ahnte nicht, daß man so für das Krankenhaus selber empfinden könnte.«
    »Doch, man kann - sogar sehr leicht.«
    Er zögerte ein wenig und fuhr dann mit einer merkwürdig fernen Stimme fort, als spräche er zu sich selbst.
    »Manchmal, wenn ich ein wenig freie Zeit finde, gehe ich abends in den alten blauen Kuppelsaal hinauf. Vor hundert Jahren wurde dort operiert, heute ist er ein Museum. In diesem Raum begannen einige der wichtigsten Fortschritte in der medizinischen Wissenschaft.«
    Er machte eine Pause und sprach dann weiter. »Wenn ich nachts dort oben in dem stillen hohen Saal stehe, habe ich das Gefühl, in einer anderen Welt zu sein. Langsam wandert das Mondlicht an den blauen Wänden entlang, läßt die alten Operationsinstrumente aufblitzen und legt helle Vierecke auf den Fußboden, auf dem vor hundert Jahren berühmte Ärzte standen und operierten. Die Seele des Krankenhauses gespenstert in dem alten Kuppelsaal umher - nachts - im Mondschein. Es packt einen.«
    Sie gingen schweigend weiter. Susy betrachtete ihren Begleiter verstohlen, die klaren Linien seines Kopfes, die scharfgeschnittenen Züge, die Feinfühligkeit und Energie zugleich ausdrückten. Sie hatte bisher immer geglaubt, es würde nur in Romanen so geredet. Aber er hatte ganz natürlich gesprochen.
    »Ich danke Ihnen«, sagte sie schließlich. »Nun sehe ich alles mit ganz anderen Augen.«
    Ein warmes Lächeln huschte über sein Gesicht. »Wirklich? Das freut mich.«
    »Sie sind wohl Arzt?«
    »Ja, ich bin Assistenzarzt. Man nennt uns hier Hausärzte.«
    »Wie lange müssen Sie im Krankenhaus Dienst tun?«
    »Anderthalb Jahre. Ich bin schon fünf Monate hier. Übrigens - mein Name ist Barry - Dr. Wilhelm Barry. Man nennt mich gewöhnlich Bill.«
    »Ich heiße Susanne Barden.«
    Er blieb stehen und verbeugte sich lächelnd. »Guten Tag, Fräulein Barden«, murmelte er. »Guten Tag - und auf Wiedersehen! Ihr Speisesaal befindet sich dort oben.«
    Er deutete eine Treppe hinauf. Dann hielt er ihr seine Hand hin. »Viel Glück auf den Weg!«
    Susy drückte seine Hand. »Danke. Vielen Dank, Dr. Barry - für alles.«

 
     
Ordnung und Sitte
    Außer Susy nahmen noch andere Probeschwestern am zweiten Essen teil. Susy atmete auf. Es würde also nichts ausmachen, daß sie das erste Essen versäumt hatte.
    Die Tische für die Probeschwestern standen am Ende des Speisesaales längs der Wand. Man sah den Neuen an, daß sie sich noch sehr
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