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sus

sus

Titel: sus
Autoren: Unknown
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des Marquis, der sich, der dauerhaften erotischen und
finanziellen Eskapaden seiner anspruchsvollen Gemahlin überdrüssig, schließlich
das Leben nahm. Die Marquise, als russische Emigrantin unter dem Namen Esther
Lachmann geboren, und schon als junges Mädchen zielstrebig auf dem Weg aus der
Armut in die Anmut, widmete sich fortan verstärkt ihren Talenten und wurde bald
die begehrteste Kurtisane im französischen Kaiserreich Napoleon III. Sie nahm
ihr Domizil an den Champs-Elysées (heute Sitz des
exklusiven Travellers Club), das Palais an der Place
St. Georges verfiel zusehends. Verlassen wir das kokette Treiben längst
verblichener Kokotten und schließen wir die Tür der vormals seriösen und später
eher halbseidenen Salons, um in die populären Niederungen hinabzusteigen, in
denen sich unser Freund Nestor Burma heimischer fühlt. Drunten weiter, zwischen
der Gare St. Lazare und der langgestreckten Rue de Provence, liegen die belebte
Rue Mogador und die Rue Joubert ,
in der Iwan Kostenko in seiner Dienstbotenkammer hauste. Dort trieb sich Burma
herum, auf der Suche nach den Geheimnissen um das ominöse Skelett. Noch immer
(und sicher auch weiterhin) warten dort die ehrbaren Dirnen des Viertels auf
Kundschaft.

    Zum Boulevard Haussmann sind es
nur wenige Schritte. Er verdankt seinen Namen jenem Baron Haussmann, dem die
Autofahrer heute noch von Herzen dankbar sein müssen, den
nostalgische Paris-Liebhaber aber heute noch postum zum Teufel wünschen.
Haussmann hatte, wie der Name verrät, deutsche Vorfahren. Seine folgenschwere
Karriere verdankte er jedoch keineswegs seinem germanischen Geblüt als vielmehr
seinem Einfluß bei Napoleon III., der ihn zum
Präfekten ernannt hatte. Angeblich wußte er um ein amouröses Abenteuer seines
kaiserlichen Gönners, der Haussmanns Tochter
geschwängert haben soll. Der Baron nutzte seine Macht zu zweifelhaften
finanziellen Transaktionen, vor allem aber zur Durchführung ehrgeiziger
städtebaulicher Projekte, die der Hauptstadt einen Kahlschlag bescherten, der
ganze Stadtviertel vom Erdboden verschwinden ließ. Teilweise zu Recht übrigens.
Sanierungsarbeiten waren dringend vonnöten. Paris drohte an sich selbst zu
ersticken und Haussmann ist auch anzurechnen, daß er der Stadt eine grüne Lunge
einpflanzte und eine Vielzahl neuer Parkanlagen schuf. Immerhin wagte sich der
„ Bauchaufschlitzer “, wie ihn seine Gegner verächtlich
nannten, nicht an den von Zola so bezeichneten „Bauch von Paris“, die Hallen.
Was seinerzeit — das Auto war noch nicht erfunden — auch kein so dringliches
Problem mit sich brachte wie hundert Jahre später. Als der Kaiser stürzte,
verlor Haussmann das Amt des Präfekten. Hochbetagt starb er mit 82 Jahren.
Offenbar hatte er die Pariser so verschreckt, daß zu Zeiten der lange währenden
Dritten Republik das Stadtbild kaum mehr eine kosmetische Korrektur erfuhr. Da
Paris glücklicherweise auch von Bombenangriffen weitgehend verschont blieb und
letztendlich, allen Drohungen zum Trotz, nicht brannte, blieb es dem engagierten
de Gaulle-Nachfolger Pompidou vorbehalten, abermals reinen Tisch zu machen. Ob
die in den frühen 70er Jahren in die Wege geleiteten Sanierungsmaßnahmen der
Stadt Nutzen gebracht haben, ist eine Frage, deren Antwort wohl erst die
Zukunft geben wird.
    Daß Haussmann deutsche
Vorfahren hatte, läßt sich noch denken. Daß das Wort Boulevard jedoch deutschen
Ursprungs ist, ist weitgehend unbekannt. Es ist eine Verballhornung des
Bollwerks und tatsächlich verlaufen die großen Pariser Boulevards dort, wo
früher einmal im nördlichen Halbkreis von Paris der Festungswall stand.

    Die Boulevards nehmen ihren
Anfang an der Madeleine-Kirche, in deren Nachbarschaft sich die teuren
Delikatessen-Läden angesiedelt haben. Am Boulevard des Capucines liegt das Olympia, die berühmte Pariser Music-Hall, in der nahezu alle, die im
französischen Chanson einen unvergessenen Namen haben, aufgetreten sind. Edith
Piaf natürlich, Yves Montand, Charles Aznavour, Maurice Chevalier und viele
andere. Auch das Kabarett der Folies Bergères liegt im neunten Arrondissement und das kaum
weniger bekannte Casino de Paris. Viele Theater sind hier zu Hause, nicht
unbedingt die vornehmsten. Auch wenn Jacques Offenbachs Theater „ Bouffe Parisienne“ nicht mehr existiert — der Can-Can wurde
hier an den großen Boulevards aus der Taufe gehoben, nicht etwa am weiter
nördlich gelegenen Pigalle .
    Zurück zum Boulevard Haussmann.
Vergeblich suche ich
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