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Survive

Survive

Titel: Survive
Autoren: Alex Morel
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Stelle entfernt war, wo er mich gefunden hatte, und steuerte direkt das achtzig Kilometer weiter südlich gelegene Krankenhaus an. Wenn er es nicht getan hätte, wäre ich jetzt tot. Aber er hat es getan. Und als sie mich dann im Krankenhaus hatten, haben sie mich mit Medikamenten und warmem Wasser vollgepumpt und langsam meine Körpertemperatur wieder normalisiert.
    Mr Roberts wartete so lange, bis feststand, ob ich überleben würde. Er saß im Wartezimmer, bis ein Arzt kam, um zu bestätigen, dass ich außer Gefahr sei. Dann stieg er in seinen Truck und fuhr zurück nach Hause. Einige Tage später spürten Reporter ihn auf und fragten, warum er nicht gewartet habe, um die Belohnung einzufordern. Meine Mutter hatte eine kleine Belohnung für jeden ausgesetzt, der dumm genug war, sich während des Sturms hinauf in die Berge zu begeben, um mich zu finden, aber keiner hatte sie beansprucht. Mr Roberts sagte, er habe nur gemacht, was jeder andere auch getan hätte. Nach dem, was Paul und ich füreinander getan haben, erstaunt es mich nicht mehr, aber es ist trotzdem ermutigend zu wissen, dass es so viele gute Seelen auf der Welt gibt.
    Die Kälte hat es den Ärzten erschwert, Pauls genauen Todeszeitpunkt festzustellen. Im Bericht des Leichenbeschauers steht, dass er ein oder zwei Tage, nachdem ich ihn auf dem Berg zurückgelassen habe, gestorben ist. Ich glaube, ich kenne den genauen Zeitpunkt seines Todes, aber das ist ein Geheimnis, das ich für mich zu behalten gedenke.
    Einige Monate, nachdem ich das Krankenhaus verlassen hatte, erhielt ich ein kleines Päckchen aus Cambridge, Massachusetts. Es war in braunes Papier gewickelt, und der Absender war in großen Blockbuchstaben notiert: VON WILL HART SENIOR . Ich spürte, wie sich meine Nackenhaare aufstellten. Ich nahm das Päckchen, öffnete es vorsichtig an den Rändern und schob den darin befindlichen Karton aus der Papierverpackung. Ich wollte das Päckchen möglichst unversehrt aufheben – ich wollte alles aufheben, was eine Verbindung zu Paul hatte.
    Ich öffnete den Karton. Darin lag Wills Buch, eingewickelt in ein Taschentuch, das mit einem Monogramm versehen war. In dem Buch steckte eine Karte, die absichtlich oben so hineingeschoben worden war, dass der Rand der Karte aus dem Buch ragte und man sie nicht übersehen konnte.
    Ich zog sie zögerlich heraus und las.
    Liebe Jane,
    ich wollte Ihnen schon seit einiger Zeit schreiben. Danke, dass Sie mir seinen kurzen, lieben Brief geschickt haben. Er bedeutet mir unendlich viel. Außerdem hatte ich nun Zeit, den Bericht von Ihren erstaunlichen Erlebnissen zu verarbeiten. Ich kenne meinen Sohn, und alles, was Sie sagen, klingt für mich glaubhaft. Er war immer ein tapferer Junge. Wie Sie vielleicht wissen, hat man ein Buch in seiner Hand gefunden. Ich habe das Buch geöffnet und festgestellt, dass das Einzige, was darin geschrieben stand, an Sie adressiert war. Ich habe es gelesen; ich bin mir sicher, Sie werden mir einen solchen Übergriff verzeihen. Aufgrund des speziellen Charakters des Briefes und da Paul offensichtlich wünschte, dass Sie ihn lesen, schicke ich Ihnen dieses Buch.
    Herzliche Grüße,
    Will Hart senior
    Ich wickelte das Buch vorsichtig aus dem Taschentuch, dann strich ich über das in die untere rechte Ecke des Tuchs gestickte Monogramm PH . Ich klappte den Buchdeckel auf und fuhr mit den Fingerspitzen Wills Namen, der in das Leder geritzt war, nach. Und dann blätterte ich die erste Seite um, und da, gleich auf der Seite danach, war ein in Blockbuchstaben gekritzelter Brief, ohne Zweifel geschrieben von einer erfrorenen Hand.
    Jane,
    mir ist so kalt, und ich bin so müde und hungrig. Ich kann nicht denken. Es tut mir so leid. Du wirst überleben. Alles. Pillen, Rasierklingen, den Kummer, mich, Deinen Dad, Deine Mum, Ärzte, schlimme Gedanken, diesen blöden, beschissenen Berg. Gib nicht auf. Kämpfe, krieche, kratze, schreie, boxe. Nur halte durch. Egal, was passiert, lass dir die Puste nicht nehmen. Steige von diesem Berg herunter. Lebe für uns. Du bist stark und umwerfend und erstaunlich und eine Million andere Wörter, die mir im Moment nicht einfallen.
    Ich liebe Dich
    P.
    Ich lese Pauls Brief noch einmal, und selbst jetzt, nachdem ich ihn Dutzende Male gelesen habe, bildet sich eine große dicke Träne in meinem Auge. Sie lässt sich einen Moment Zeit, dann rollt sie mir über die Wange und fällt hinab auf das Buch, tropft auf das trockene Papier und besiegelt dort unsere Liebe für alle
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