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Sueß, naiv und intrigant

Sueß, naiv und intrigant

Titel: Sueß, naiv und intrigant
Autoren: Cecily von Ziegesar
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sie? Fünfzehn? »Meine Mutter hat eher Angst, dass ich was anstellen könnte, was sie in eine peinliche Situation bringt. Tja, und ihre Horrorvision ist, dass sie dann nicht hier ist, um mich anzuschreien.« Sie zuckte die Schultern. Sie stellte sich Jennys Vater supernett vor, Typ Lieblingsonkel, der dicke, handgestrickte Pullover zu Wanderstiefeln trug, einen fest an sich drückte, in die Luft hob und herumwirbelte. Ihre Mutter kam über gehauchte Wangenküsschen nicht hinaus, wenn sie sich trafen.
    Callie steuerte auf die Fensterbank zu und stellte ihre iPod-Dockingstation an, drehte aber rasch weiter, als The Donnas mit lautem Gekreische ertönten. Durch die dicken Fensterscheiben fiel ihr Blick auf eine Gruppe Mädchen im Fußballdress, die das abgefallene Laub zu einem großen Haufen zusammenharkten. Es sah aus, als hätten sie Spaß dabei. Callie musste an die Zeit vor einem Jahr denken, als sie und Easy gerade erst frisch zusammen waren. Wow, sie hatten die Finger nicht voneinander lassen können. Sie hatten jede nur mögliche Gelegenheit genutzt, zu den Stallungen zu schleichen, um allein zu sein. Sie sah ihr Spiegelbild in der Fensterscheibe. In ihrem schwarzen Push-up-BH von Calvin Klein sah sie bleich und zerbrechlich aus. Nicht gerade der Typ Mädchen, mit dem Easy zusammen sein wollte.
    »Ich finde es so irre, dass deine Mutter Gouverneurin ist!« Jenny zog ein knallgelbes T-Shirt mit einem riesigen Smiley-Gesicht vorne drauf aus der Schublade. »Dich nervt es, ich weiß, aber es klingt so... grandios.«
    »Das nützt sich schnell ab.« Callie warf einen Blick über die Schulter auf Jenny, die ihr den Rücken zugewandt hatte und ihren ausladenden Busen in einen königsblauen Sport-BH zwängte. Callie sah auf ihre eigenen Brüste hinunter – ein knappes A-Körbchen. Sie hatte nie wirklich ein Bikini-Oberteil ausfüllen können. Ende des vergangenen Schuljahrs hatte sie sogar noch abgenommen und ihre Brüste waren dabei leider als Allererstes verschwunden. »Stell dir mal vor, dass jeder Lapsus, der dir unterläuft, so was wie Allgemeinwissen wird. Puh, gruselig, was?«
    »Ach, übrigens...« Jenny lief rosarot an. Sie schlüpfte in ihre schwarzen Adidas-Shorts und hob die Arme, um ihren Pferdeschwanz straff zu ziehen. »Ich hab Easy heute gesagt, dass ich ein bisschen Zeit brauche, um... na ja... über alles nachzudenken.«
    »Echt?« Callie starrte die Pinnwand hinter ihrem Schreibtisch an und gab vor, den Spielplan der Hockey-Saison zu studieren, der dort angeheftet war. Sie konnte ihrer Mitbewohnerin nicht in die klaren, ehrlichen Augen schauen. Sie war stolz auf sich, dass sie Easy gesagt hatte, er müsse aufhören, Unheil zu stiften, und sich entscheiden – auch wenn sie insgeheim natürlich wünschte, dass er sich auf der Stelle für sie entschied und damit basta. Jetzt begann es, in Callies Köpfchen zu rattern, und sie überlegte, was Jennys Eröffnung für sie bedeutete.
    »Ich hab das Gefühl, nie so recht zu wissen, was in seinem Kopf los ist«, gab Jenny etwas verlegen zu.
    »Oh ja, das weiß keiner.« Callie hob den Pullover auf, den sie auf den Boden hatte fallen lassen. Sie drehte sich nach Jenny um und tippte sich mit einem perfekt lackierten Fingernagel an die Schläfe. »Unter uns: Der Kerl ist total durchgeknallt.«
    Jenny kicherte und holte ihren Hockey-Schläger aus der Zimmerecke. »Schätze, so kann man das auch sagen.« Als sie Callie wieder ansah, spielte ein winziges Lächeln um ihre kleinen rosigen Lippen.
    Callie beförderte den Pullover auf den beachtlichen Wäscheberg, der sich bereits vor ihrem Kleiderschrank auftürmte. Die Erinnerung daran, wie sie die Schranktür geöffnet und Easy dahinter, auf dem Boden hockend, gefunden hatte, ließ ihr das Herz bis in die Ohren klopfen. In die Dunkelheit neben ihn zu gleiten, umgeben von Unmengen teurer Klamotten, die Tür zuzuziehen, zu schäkern und sich dann zu küssen... das war möglicherweise der schönste Moment in Callies bisherigem Leben gewesen.
    Sie holte tief Luft. Ob Jenny ihr Herz wohl quer durchs Zimmer pochen hören konnte? Wie war das doch noch in der schaurigen Geschichte von Edgar Allan Poe? Hatte den Mörder da letztendlich das pochende Herz seines Opfers an die Polizei verraten? Oder war es sein schlechtes Gewissen gewesen, das ihn hatte auffliegen lassen? Sie hätte in Miss Roses Literaturunterricht besser aufpassen sollen.
    Schnell stieg Callie in eine schwarze Capri-Hose von Nike und zog ein einfaches
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