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Suendenpakt

Titel: Suendenpakt
Autoren: James Patterson
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liege ich neben Kate und beobachte ihr schlafendes Gesicht, in dem sich ihre Verzweiflung in Euphorie verwandelt hat. Ich habe es immer gehasst, über die Zukunft nachzudenken. Ich hatte mich selbst so in die Ecke gedrängt, dass mir nicht mehr viele Möglichkeiten blieben, mich wieder hinauszubugsieren. Jetzt stehe ich besser da als das Arschloch, das an der juristischen Fakultät von Harvard als Jahrgangsbester abgeschnitten hat.
    Kate und ich haben gerade den größten Mordprozess der letzten zehn Jahre gewonnen. Wir könnten überall auf der Welt leben und arbeiten, in jeder Anwaltskanzlei im Land würde man uns als Partner aufnehmen, und gemeinsam würden wir ein paar Millionen im Jahr verdienen, ohne uns den Arsch aufreißen zu müssen. Oder wenn wir noch nicht bereit sind, uns wieder in die Startlöcher zu begeben, könnten wir einfach eine Weile in Paris bleiben. Unsere Reise von einer Woche auf ein paar Monate ausdehnen. Im Marais eine Wohnung mieten. Kultur aufsaugen. Alles über Wein lernen.
    Eine glückliche Frau ist, für sich genommen, schon ein herrlicher Anblick, aber Kate sieht selbst im Schlaf zufrieden aus. Wenn sie vorhat, eine Familie zu gründen, warum nicht? Ich werde auch nicht jünger. Vielleicht kann sie arbeiten gehen, und ich spiele den Hausmann, bringe den kleinen Gören die Grundlagen des Basketball bei, bevor es zu spät ist, lasse sie mit beiden Händen dribbeln, noch bevor sie in die Vorschule gehen.

    Der Wecker auf dem Nachttisch klickt, und die Anzeige blättert auf 6:03 um. Vorsichtig schlüpfe ich aus dem Bett, und mit dem alten Joni-Mitchell-Lied »I was a free man in Paris« im Kopf schleiche ich auf Zehenspitzen ins Bad, damit die alten Dielen nicht knarren.
    Ich dusche ausgiebig und rasiere mich, ziehe meine neue Hose an und falte ein Hemd auf, das gestern von der Hotelwäscherei zurückgebracht wurde. Ein freies, unbeschwertes Leben.
    Zu den Dingen, die ich an Paris am meisten liebe, gehört der Morgen. Ich kann es nicht abwarten, auf die nassen Straßen zu treten und mir die Tribune zu kaufen. Dann schmecke ich schon die knusprigen Croissants und den starken, dunklen Kaffee.
    An der Tür werfe ich einen letzten Blick auf Kate, die sich in ihre unergründlichen Mutterträume verloren hat. Während ich sehr sanft die Tür hinter mir schließe, drückt sich ein kalter Revolverlauf in mein Genick, und das Klicken eines sich spannenden Hammers dringt an mein Ohr.
    Bevor ich Raibornes Stimme höre, die sagt: »Danke, dass Sie mich nach Paris gelockt haben, Dunleavy«, rieche ich sein billiges Rasierwasser. Dann tritt er meine Füße unter mir weg und wirft mich mit dem Gesicht nach vorne auf den Boden, zieht meine Handgelenke hinter meinen Rücken und fesselt mich. Jeder kann den harten Burschen raushängen lassen, wenn sechs Gendarme mit gezogenen Waffen hinter einem stehen.
    Ich habe immer noch kein Wort gesagt, weil ich Kate nicht wecken, sie nicht aus ihrem Traum reißen möchte. Es mag sich ja bescheuert anhören, aber ich hatte selbst schon angefangen, an diesen Traum zu glauben, und wenn nicht Raiborne oder sonst jemand auf mich gekommen wäre, hätte
ich ihn verwirklichen können. Es geht doch nur darum, eine Rolle zu spielen, oder? Wenn ich einen guten Anwalt spielen konnte, der Dantes Arsch gerettet hat, wäre die Rolle des Vaters und Ehemannes ein Kinderspiel gewesen.
    Aber Rainborne ist das egal.
    »Ihr Neffe kennt Sie besser, als Sie glauben.«
    »Er hat eine Weste angehabt, oder?«, flüstere ich immer noch in dem Versuch, keinen Lärm zu machen.
    »Wie kommen Sie darauf?«
    »Weil er eine kleine Schlange ist«, antworte ich, kenne aber den wirklichen Grund - es gab kein Blut. Kein Blut!
    »Drei Tage später, nachdem er aus seinem Grab gestiegen war, hat er sich der Polizei gestellt. Hat nicht einmal versucht, mit seinem Bekenntnis eine mildere Strafe rauszuschlagen. Wollte nur alles loswerden, was er über seinen Onkel Tom wusste - was eine ganze Menge ist.«
    Warum hält er nicht einfach sein Maul? Weiß er nicht, dass Kate schläft? Könnte immerhin sein, dass sie schon für zwei schläft. Aber es ist zu spät.
    Die Tür öffnet sich, und Kate kommt, mit einem T-Shirt bekleidet, heraus. Ihre nackten Füße sind nur zehn Zentimeter von meinem Gesicht entfernt, aber es könnten genauso gut zehn Kilometer sein - weil ich sie nie wieder berühren werde.

Epilog
    Nach dem Fall

116
    Tom
    Die schweren Stiefel des Aufsehers der Tagesschicht hallen von den beengenden
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