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Sturz der Titanen

Titel: Sturz der Titanen
Autoren: Ken Follett
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dass die Kinder ihrer Vertreter keine Nachteile erlitten. Es war erstaunlich: Da währte sein Arbeitsleben noch keine fünf Minuten, und schon schützte ihn die Gewerkschaft.
    »Raus mit den beiden«, sagte Jones.
    Morgan nickte. »Schaffen Sie die Bengel raus, Llewellyn«, sagte er zu Spotty. »Rhys Price soll sich um sie kümmern.«
    Billy stöhnte innerlich auf. Rhys Price war einer der unbeliebten Steiger. Vor einem Jahr hatte er ein Auge auf Ethel geworfen, doch sie hatte ihn genauso abblitzen lassen wie die Hälfte aller Junggesellen in Aberowen. Price allerdings hatte diese Abfuhr gar nicht gut aufgenommen.
    Spotty machte eine Kopfbewegung. »Raus«, sagte er. »Wartet draußen auf Mr. Price.«
    Billy und Tommy verließen das Gebäude und lehnten sich neben der Tür an die Wand. »Napoleon ist ein kapitalistischer Hundesohn«, schimpfte Tommy. »Ich würde ihn gern in den Arsch treten.«
    »Ich auch«, sagte Billy, dem so etwas noch nie in den Sinn gekommen war.
    Kurz darauf erschien Rhys Price. Wie alle Steiger trug er einen flachen runden Filzhut, den man »Billycock« nannte und der teurer war als eine Bergmannskappe, aber billiger als eine Melone. In den Taschen seiner Weste steckten ein Notizbuch und ein Bleistift; außerdem hatte er einen Messstab dabei. Auf seinen Wangen sprossen dunkle Bartstoppeln, und zwischen seinen Schneidezähnen klaffte eine Lücke. Billy wusste, dass dieser Mann hinterhältig und gerissen war.
    »Guten Morgen, Mr. Price«, sagte er.
    Price musterte ihn argwöhnisch. »Wie kommst du dazu, mir einen Guten Morgen zu wünschen, Billy Twice?«
    »Mr. Morgan sagt, wir sollen mit Ihnen einfahren.«
    »Ach ja? Sagt er das?« Price hatte die Gewohnheit, ständig Blicke nach links und rechts zu werfen, manchmal auch über die Schulter, als rechnete er ständig mit Ärger aus irgendeiner unerwarteten Richtung. »Na, das werden wir noch sehen.« Er blickte zum Seilscheibengerüst hinauf, als suchte er dort nach einer Erklärung. »Ich hab keine Zeit, Kindermädchen zu spielen.« Damit verschwand er im Direktionsgebäude.
    »Hoffentlich nimmt uns jemand anders mit unter Tage«, sagte Billy. »Mr. Price hasst meine Familie, weil meine Schwester nicht mit ihm gehen wollte.«
    »Deine Schwester glaubt, sie ist zu gut für die Männer von Aberowen«, erwiderte Tommy; offensichtlich wiederholte er etwas, das er anderswo gehört hatte.
    »Ist sie ja auch«, entgegnete Billy unbeirrt.
    Price kam aus dem Gebäude. »Los, hier lang«, sagte er und gab einen raschen Schritt vor.
    Die Jungen folgten ihm in die Lampenstube. Der Lampenmann reichte Billy eine Sicherheitslampe aus funkelndem Messing, und Billy hakte sie sich an den Gürtel, so wie alle Bergleute. Er hatte in der Schule gelernt, wie wichtig die Grubenlampen waren: Zu den größten Gefahren unter Tage gehörte Methan, ein entzündliches Gas, das den Flözen entströmte. Die Kumpel nannten es »schlagendes Wetter«; es war die Ursache für die verheerenden Explosionen unter Tage. Besonders die walisischen Zechen waren wegen ihrer schlagenden Wetter gefürchtet. Die Sicherheitslampe war so konstruiert, dass das Grubengas sich nicht an der Flamme entzünden konnte. Stattdessen veränderte die Flamme ihre Gestalt, wenn sie mit Methan in Berührung kam: Sie wurde länger, sodass der Bergmann gewarnt war, denn schlagende Wetter waren geruchlos.
    Wenn die Lampe erlosch, konnte der Kumpel sie nicht selbst wieder anzünden, zumal es streng verboten war, Streichhölzer mit unter Tage zu nehmen. Außerdem ließ die Lampe sich nur mit einem speziellen Werkzeug öffnen, sodass der Bergmann mit einer erloschenen Lampe zur Lampenkammer musste, die sich meist am Füllort beim Schacht befand. Das konnte einen Marsch von einer Meile und mehr bedeuten, aber das war es wert, wenn dadurch eine Schlagwetterexplosion verhindert werden konnte.
    Nachdem die Kumpel sich ihre Lampen geholt hatten, standen sie zur Seilfahrt an. Neben der Warteschlange hing eine Anschlagtafel, an der Ankündigungen der Sportvereine, des Männerchors von Aberowen und der Freien Bibliothek hingen, in der ein Vortrag über Karl Marx’ Theorie des Historischen Materialismus gehalten werden sollte. Daneben hingen handgeschriebene Zettel der Hauer, auf denen es um verlorene persönliche Gegenstände und Ähnliches ging. Steiger brauchten nicht in der Schlange zu warten, und so drängte Price sich nach vorn, die beiden Jungen im Schlepptau.
    Wie die meisten Zechen hatte Aberowen zwei
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