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Sturmwelten 01

Sturmwelten 01

Titel: Sturmwelten 01
Autoren: Christoph Hardebusch
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kleinen Raum. In diesem Raum, in dem er sterben würde, wie die gnadenlosen Augen des Bärtigen ihm versprachen. Das Herz in Jaquentos Brust verlangsamte seinen Schlag, das Kribbeln der Angst in Händen und Füßen verschwand. Wer hätte gedacht, dass ich so enden würde?, fragte sich der junge Mann kalt, fast so, als ob es gar nicht er selbst sei, über dessen Tod er nachdachte. Aber wer kann sich das schon aussuchen?
    »Mach deinen Frieden«, zischte der Bärtige, eine Aufforderung, die Jaquento unwillkürlich finster grinsen ließ. Ein lauter Knall ertönte, und beißender Pulverdampf stieg auf.
    Einige Momente dauerte es, bis Jaquento an sich herabblickte und begriff, dass er nicht getroffen worden war. Verwirrt tastete er über seinen Körper, doch er blutete nicht und spürte keinen Schmerz. Stattdessen sah er den Bärtigen vor sich auf dem Boden liegen, in einer sich langsam ausbreitenden Lache von Blut, das Gesicht schmerzverzerrt. Sehr langsam ließ das sirrende Geräusch in Jaquentos Ohren nach, und er hörte eine tiefe, raue Stimme: »Der Käpt’n ist nicht zufrieden mit dir, Beil. Und wir sind es auch nicht.«
    Durch den Rauch trat ein hünenhafter Mann mit dunkler Haut. Auf den nackten Armen waren zahlreiche Tätowierungen zu sehen, die unter einem ganzen Netz von Narben lagen. In der einen Faust hielt der Mann eine Pistole, deren Mündung qualmte. In der anderen hatte er ein langes Messer, das er dem Getroffenen an die Kehle hielt, als er neben ihm niederkniete.
    »Scheiß auf’n Käpt’n«, keuchte der Bärtige und spuckte blutig aus.
    »Sollen das deine letzten Worte sein, Freund Beil?«
    Die Stimmte des Dunkelhäutigen klang freundlich, beinahe zärtlich, als er die Klinge mit einem Ruck über den Hals des Mannes zog. Umsichtig wischte er das Messer am Wams des Getöteten ab, während dieser sich aufbäumte. Dann richtete der Tätowierte sich wieder auf. Zu seinen Füßen erstarb das letzte Zucken des Bärtigen, doch er schritt, ohne darauf zu achten, über den Toten hinweg.
    Immer noch war Jaquento nicht wieder Herr seiner selbst; seine Augen folgten den Ereignissen zwar, aber sein Geist hatte Mühe, zu begreifen, was geschah. Die Klarheit war verschwunden und hatte eine dumpfe Verwirrung zurückgelassen, aus der sich nur ein Gedanke deutlich hervorhob: Ich lebe noch.
    Um sich herum sah er Männer und Frauen, die sich von ihren Bänken erhoben hatten. Die Menge wirkte bedrohlich, Gewalt lag beinahe greifbar in der Luft. Der Dunkelhäutige war zu einer kleinen Gruppe zurückgekehrt, die beim Tresen stand. Eine seiner Begleiterinnen wies mit dem Finger auf die Leiche, blickte in die Runde und erklärte mit fester Stimme: »Er hat zwei seiner Waffenbrüder verraten! Er war ein Lump, aber das wäre kein Problem gewesen. Nein, er war dazu ein Verräter, dem seine eigene Haut wichtiger war als seine Brüder und Schwestern!«
    Ein Murmeln ging durch den Raum. Jaquento hörte ein geflüstertes Wort, das von Mund zu Mund ging: Todsünde . Langsam verschwanden die Waffen wieder unter Wämsern, in Stiefeln, und die Leute setzten sich bedächtig zurück auf ihre Plätze. Er sah hass- und auch angsterfüllte Blicke, aber niemand widersprach der Frau.
    Mit einem »Das ist für die Schweinerei« legte sie einige Münzen auf den Tisch, die der Wirt gierig einsteckte. Sie trug Waffen an der Hüfte, zwei Pistolen und einen Säbel, was Jaquento kaum merklich den Kopf schütteln ließ. Ihr dunkles Haar war mit einem Band zurückgebunden, und sie war in eine einfache, helle Leinenhose samt dazu passendem Hemd gekleidet. Die Hand an seiner Waffe, trat Jaquento zu der Gruppe. Bevor er etwas sagen konnte, hob die Frau die Rechte und grinste breit: »Keine Sorge, du musst dich nicht bedanken. Wir waren auf der Suche nach dem alten Beil. Er hat nicht nur mit dir Streit gewollt.«
    Höflich neigte Jaquento das Haupt, doch seine Stimme war kalt: »Der Bärtige und ich hatten einen Ehrenhandel, Meséra. Es war nicht richtig, dass Ihr Euch eingemischt habt!«
    Erstaunt öffnete die Frau den Mund, doch anstatt etwas zu sagen, brach sie in schallendes Gelächter aus, das Jaquento härter traf, als es eine Kugel aus ihren Pistolen hätte tun können. Der Dunkelhäutige trat unvermittelt vor, das Messer wieder in der Hand: »Suchst du ebenfalls Ärger, Freund?«
    Wieder war seine Stimme täuschend sanft. Doch die Frau legte ihm die Hand auf den Arm.
    »Lass ihn, Quibon«, befahl sie ruhig, bevor sie sich wieder an Jaquento
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