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Stummer Zorn

Stummer Zorn

Titel: Stummer Zorn
Autoren: Charlaine Harris
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als Cullys. Mimi kannte auch keine Gnade.
    „Wie?" fragte ich praktisch.
    „Oh", sagte sie in langsamem Tonfall völliger Erschöpfung. „Nun. Cully hält das Messer auf ihn gerichtet", erklärte sie sorgsam, „also werde ich ihn einfach irgendwie runterschubsen." Sie versuchte es. „Nick." Sie beugte sich wieder zu mir herunter, „Du mußt zuerst loslassen."
    Zögernd, unter Schmerzen, öffnete ich die Hände und streckte dann die Arme. Ich hörte ein schlurfendes Geräusch, als Barbara Mimi zu Hilfe kam. Langsam rutschte das Gewicht von mir herunter. Es fühlte sich an, als habe er mir das Becken zermalmt. Ich holte tief Luft und versuchte, die Knie anzuziehen. Meine Beine zitterten, aber es gelang mir. Ich hob die Hand und fuhr mir über den Mund, der völlig taub war. Danach waren meine Finger blutverschmiert.
    „Du siehst vielleicht aus", grinste Mimi, und ein Lächeln huschte über ihr Gesicht.
    „Ich kann's mir lebhaft vorstellen." Ich studierte ihr Gesicht, dann wanderte mein Blick hinüber zu Barbaras. Ich verzog die tauben Lippen.
    „Vampirin", sagte Barbara knapp. Sie versuchte, mein Lächeln zu erwidern, aber es gelang ihr nicht. „Wir hatten recht, Nickie. Noch eine Woche, und wir hätten ihn gehabt."
    Sie halfen mir auf, als die Polizei wie die Kavallerie durch die Tür gestütmt kam. Als sie Theo die Handschuhe auszogen und ich das Netz fast verheilter Kratzer an seinen Handgelenken sah, dachte ich an Alicia, die ganz allein gekämpft hatte.
    Keinem von uns war nach dem Truthahn, also aßen wir am Ende Schinken zu Thanksgiving. Außerdem feierten wir abends statt mittags. Nachdem wir fast die ganze Nacht auf gewesen waren, hatten wir ausgeschlafen.
    Cully mußte den Großteil des Kochens übernehmen, da Mimi, Barbara und ich zu zerschlagen waren; außerdem hatte Mimi einen Verband um den Schnitt an ihrem Arm, und auch der Biß in Barbaras Hand war bandagiert. Charles war als Beikoch ziemlich inkompetent. Er tauchte gegen eins auf und versuchte redlich, sich nützlich zu machen, aber es wurde rasch klar, daß er noch nie zuvor auch nur eine Zwiebel geschnitten hatte.
    Ehe er eintraf - als Barbara noch oben im Gästezimmer schlief und Cully mit Topfen und Pfannen klapperte - sprach sich Mimi endlich zum Thema Charles aus. Ihr war natürlich die ganze Zeit klar gewesen, daß ich mich über ihre veränderte Haltung wunderte. Wie sich herausstellte, hatte sie mit ihren ganz eigenen verletzten, verwirrten Gefühlen zu tun.
    „Ich war an dem Morgen, als er plötzlich vor der Tür stand, wirklich nur hysterisch", sagte sie mit verkniffenen Lippen. „Ich habe dich damit angesteckt." Sie hatte sich zusammen mit dem heldenhaften Attila am Fußende meines Bettes zusammengerollt. „Als er in mein Büro im College kam, redete ich schließlich mit ihm, und dann hatten wir eine lange Aussprache am Telefon." An diesen Abend konnte ich mich erinnern; ich hatte warten müssen, bis sie Zeit hatte, mir beim Abwasch zu helfen.
    Mimi holte tief Luft. „Weil wir uns an dem Morgen, an dem er hiergewesen war, so komisch benommen hatten, dachte er, ich wüßte schon, was er mir gestehen wollte; ich schätze, sonst hätte er es mir nie gesagt... das klingt jetzt gleich wie eine Seifenoper, Nick, Charles dachte, ich sei nicht wegen der Rauferei im Auto so sauer auf ihn, sondern weil ich irgendwie herausgefunden hätte, daß er mit Sally geschlafen hatte, der Frau, auf dessen Party du und Cully gestern abend wart."
    Oh je, oh je. Unmittelbar nach Richards Flucht zu der Frau in Albuquerque. Mimis Stolz ...
    „Natürlich wußte ich davon nichts. Aber als er mich um Verzeihung bat, sagte er mir auch, welche Nacht er mit Sally verbracht hatte; es war die, in der Alicia ermordet wurde. Also hatte er sich schuldig gemacht, es mit einer anderen Frau zu treiben, aber eine andere, viel schlimmere Schuld hatte er nicht auf sich geladen. Sallys Mann war auf einem Jagdausflug, sie lud Charles ein — sie hatten vor Jahren etwas miteinander gehabt —, und dann nahmen die Dinge ihren Lauf. Er war sauer auf mich, als er zu ihr ging. Aus mehrerlei Gründen."
    Oh, oh. Mimi wollte nicht mit ihm ins Bett. Das Geständnis mußte extrem gründlich gewesen sein, denn daher wußte Mimi von dem Bild auf Sallys Nachttisch.
    „Ich war verletzt und enttäuscht. Darüber hinweg bin ich immer noch nicht. Wir werden uns noch ein paarmal unterhaken müssen", knurrte Mimi.
    „Warum hast du mir nichts davon erzählt?" fragte ich ganz
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