Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stürmische Begegnung - zauberhafte Eroberung

Stürmische Begegnung - zauberhafte Eroberung

Titel: Stürmische Begegnung - zauberhafte Eroberung
Autoren: ANNIE BURROWS
Vom Netzwerk:
massive Eichentür sah aus, als könnte sie immer noch einer Invasionsarmee standhalten. Die unterteilten Fenster wurden von Rüstungen flankiert, die lange, klobige Tafel hätte ins Refektorium eines Klosters gepasst, und Lord Lensborough entging nicht, dass alle Kinder, die an ihr Platz nahmen, mit großen Augen das üppige Arsenal altertümlicher Waffen an den Wänden bestaunten – von Breitschwertern bis zu schartigen Streitäxten.
    Lady Moulton führte ihn zu einem Platz nahe am Kopf der Tafel, der dem lodernden Feuer näher lag, als ihm lieb war. Doch seine Befürchtung erwies sich als unberechtigt: Der Kamin war zwar groß genug, um einen ganzen Ochsen darin zu grillen – was wahrscheinlich oft genug geschehen war. Aber die Hitze der Flammen wurde sofort von der Kaltluft fortgetragen, die durch die gesprungenen Fensterscheiben und die breiten Türschlitze hereinwehte. Der Zug ließ die verblichenen Banner flattern, die von der Spielmannsempore herabhingen.
    Julia und Phoebe, die ihm gegenüber zu beiden Seiten Stephens Platz genommen hatten, bekamen sofort eine höchst unvorteilhafte Gänsehaut. Sogar er in seinem Seidenhemd und dem Rock aus feinster Wolle war dankbar für die wärmende würzige Zwiebelsuppe, die als erster Gang serviert wurde. Währen die Diener die Suppenschüsseln abtrugen, revidierte er sein Urteil über Lady Hesters Garderobe: Da sie mit den Kindern und Kindermädchen am anderen Ende der Tafel saß, an dem nahezu arktische Bedingungen herrschen mussten, war ein hoch geschlossenes Wollkleid sicher eine kluge Wahl. Gedankenverloren zog sie das farblich passende Schultertuch fest und verknotete die Enden hinter ihrer Taille, die kaum dicker sein durfte als einer seiner Oberschenkel.
    „Sie kann fantastisch mit Kindern umgehen“, bemerkte Lady Moulton, die seinem Blick gefolgt war. „Umso trauriger.“
    „Bitte?“ Zum ersten Mal ließ eine Äußerung seiner überaus gesprächigen Tischdame ihn aufhorchen.
    „Nun, es ist doch bedauerlich, dass sie wahrscheinlich nie eigene Kinder haben wird.“ Sie sah ihn an, als wäre er geistig minderbemittelt.
    Er zog fragend die Braue hoch, um Lady Moulton zu einer Erläuterung zu ermutigen. Sobald die Lakaien die Platten mit allerlei Braten, gefüllten Pasteten und Gemüse der Saison abgesetzt hatten, fuhr sie fort: „Es muss Ihnen doch aufgefallen sein, als sie Ihnen und Ihrem charmanten jungen Freund vorgestellt wurde.“ Sie schnalzte mit der Zunge, während er ihr eine Scheibe von der Hammelfleischpastete abschnitt. „Es ist immer dasselbe, wenn man sie unverheirateten Männern vorstellt. Ihre Saison war natürlich eine Katastrophe, so schüchtern, wie sie ist.“
    Er ließ sein Messer in eine Sauciere mit Béchamelsoße fallen. Schüchtern? Diese gluthaarige Furie, die – kaum dem Graben entstiegen – wie ein Rohrspatz geschimpft hatte, während er die Pferde zu beruhigen versuchte? Nicht Scheu, sondern Zorn hatte sie vorhin im Salon verstummen lassen, als sie einander vorgestellt worden waren. Zorn und schlechte Manieren.
    „Sie hat gleichzeitig mit Sir Thomas’ Ältester debütiert, meiner Nichte Henrietta.“ Lady Moulton zeigte mit der Gabel auf die Schwangere. „Um Kosten zu sparen, wissen Sie. Henrietta wurde Mrs. Davenport …“, sie richtete die Zinken auf den rotwangigen jungen Mann auf dem nächsten Platz, „… aber Hester hat sich völlig unmöglich gemacht.“ Sie beugte sich zu ihm hinüber und senkte die Stimme. „Ist auf Lady Jesboroughs Ball tränenüberströmt aus dem Saal gestürmt, zur allgemeinen Belustigung. Sie ist in London geblieben, aber kaum noch in Erscheinung getreten. Hat sich …“, Lady Moulton schüttelte sich, „… der Wohltätigkeit gewidmet. Seit sie wieder in Yorkshire ist, macht sie sich hier im Hause sehr nützlich, keine Frage. Aber sie wird wohl nie einen Mann finden. Bedauernswertes Mädchen.“
    Aha. Lady Hester war offenbar eines jener Geschöpfe, die es am Rande selbst der besten Familien gab: eine arme Verwandte. Alles passte zusammen: die schäbige Kleidung, ihre Rolle als unbezahlte Haushälterin … Sie war ganz auf die Generosität ihres Onkels und ihrer Tante angewiesen. Und wie dankte sie es ihnen? Als sie das verarmte Mädchen auf eigene Kosten als Debütantin in die Gesellschaft einführten, hatte sie durch ihre Launenhaftigkeit jede Chance vertan. Genau, wie sie sich heute als unzuverlässig erwiesen hatte, indem sie sich draußen herumgetrieben hatte, anstatt hier die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher