Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
Autoren: James Lee Burke
Vom Netzwerk:
Connie ins Schlafzimmer und strich sich mit einer Bürste die nassen Haare zurück. Sie war ungeschminkt, aber ihr Gesicht war ruhig, ungerührt und von der heißen Dusche gerötet.
    »Ich weiß nicht, ob ich das beweisen kann, Dave, aber ich glaube, Sie haben diesen Mann auf mich gehetzt«, sagte sie.
    »Sie haben Remeta in die Kiste gelockt und ihn dann kalt gemacht«, sagte ich.
    »Er wollte mich vergewaltigen, Sie Idiot. Ich habe meine Waffe aus der Handtasche gezogen und ihn durch die Tür erschossen. Sonst wäre ich jetzt tot.« Dann stieß sie ein gepresstes »Herrgott!« zwischen den Zähnen hervor und wollte an uns vorbeigehen, als wären wir nur Begleiterscheinungen in ihrem Tagesablauf. Mit ihren Pantoffeln verteilte sie Remetas Blut am Boden.
    Helen stieß ihr die Finger in die Brust. »Sie trampeln durch einen Tatort. Sie machen gar nichts, bis wir es Ihnen sagen«, sagte sie.
    »Wenn Sie mich noch einmal anfassen, belange ich Sie wegen tätlichen Angriffs«, sagte Connie.
    »Was?«
    »Ich bin die höchste Justizbeamtin von Louisiana. Seid ihr euch darüber überhaupt im Klaren? Ein Psychopath wollte mich vergewaltigen und schänden. Meint ihr etwa, ich lasse mich von euch wie eine Kriminelle behandeln? Und nun gehen Sie mir aus dem Weg.«
    Helens Gesicht war blass vor Wut, und ein Muskel zuckte an ihrer Kinnlade. Aber sie gab kein Wort von sich.
    »Sind Sie etwa nicht nur blöd, sondern auch taub? Ich habe gesagt, Sie sollen mir aus dem Weg gehen«, sagte Connie.
    Helen hielt die Schrotflinte quer vor der Brust und schob Connie durch die Seitentür auf die Veranda. »Setz dich auf den Stuhl da, du zickiges Miststück«, sagte sie, ließ die eine Handschelle um Connies linkes Handgelenk einrasten und hängte die andere an den Griff eines großen Tontopfes, der mit einer Bougainvillea bepflanzt war.
    »Wollen Sie mich etwa festnehmen? Hoffentlich, denn ich versichere Ihnen, dass es Ihnen dann bis an Ihr Lebensende dreckig gehen wird«, sagte Connie.
    »Nein, ich will Sie nur von einem Tatort fern halten«, erwiderte Helen. »Und wenn Sie mir den Job nehmen wollen, den können Sie gern haben.«
    Ich hörte, wie Blitze im Sumpf einschlugen und Regentropfen auf das Dach pladderten. Helen hämmerte auf das Zifferblatt ihres Handys ein, dann hieb sie das Telefon an die Wand.
    »Ich komm nicht durch. Ich geh mal nach vorn und probier’s draußen«, sagte sie.
    Ich folgte ihr ins Wohnzimmer.
    »Nur die Ruhe«, sagte ich.
    »Sie wird davonkommen.«
    »Bei Mord gibt es keine Verjährungsfrist. Früher oder später kriegen wir sie.«
    »Das reicht nicht. Wenn jemand einen andern in Fetzen schießt, hinterher eine Dusche nimmt und einem dann auch noch frech kommt, reicht das nicht. Es reicht bei weitem nicht«, sagte sie.
    Ich legte ihr die Hand auf den Arm, doch sie trat einen Schritt weg. »Lass das meine Sache sein. Nicht jeder auf der Welt gehört zu den Mühseligen und Beladenen.« Sie warf sich die Flinte über die Schulter, stieß die Fliegendrahttür auf, trat auf die vordere Veranda hinaus und tippte mit dem Daumen etliche Ziffern in ihr Handy.
    Ich ging wieder nach hinten, durch das Schlafzimmer und auf die Veranda. Connie Deshotel blickte in die Ferne, auf einen Reiher vielleicht oder auf ihre Zukunftspläne, vielleicht starrte sie aber auch nur ins Leere.
    »Als Sie und Jim Gable meine Mutter umgebracht haben, hat sie wieder den Namen ihres Mannes angenommen«, sagte ich.
    »Wie bitte?«, sagte Connie.
    »Kurz bevor sie gestorben ist, hat sie euch gesagt, sie hieße Mae Robicheaux. Ihr habt ihr das Leben genommen, Connie, aber sie hat sich wieder ein Herz gefasst. Sie hat einen Mut aufgebracht, den Sie und Jim Gable sich nicht einmal hätten träumen lassen.«
    »Wenn Sie mich einer Straftat bezichtigen wollen, ist das Ihr gutes Recht. Ansonsten halten Sie bitte den Mund.«
    »Haben Sie schon mal dran gedacht, was uns jenseits des Grabes erwartet?«
    »Ja. Die Würmer. Würden Sie jetzt bitte die Handschellen aufschließen und mir diese lächerliche Frau vom Halse halten?«
    Ich schaute ihr in die Augen, auf die sonnengebleichten Spitzen ihrer feuchten Haare, den jugendlich frischen Teint. Doch ich sah keinen düsteren Strahlenkranz, kein wucherndes Wesen, das seine Tentakeln um ihre ewige Seele schlang, keinerlei Schuldbewusstsein und nicht den geringsten Versuch, meinem anklagenden Blick auszuweichen. Sie war jemand, der frühmorgens frisch und ausgeruht aufstehen, sich einen Tee aufbrühen und einen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher