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Stoerfall in Reaktor 1

Stoerfall in Reaktor 1

Titel: Stoerfall in Reaktor 1
Autoren: Wolfram Hänel
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Schröder. Also bitte, ja …?«
    Er geht die zwei Schritte zur Sitzecke und greift nach der bunten Einkaufstasche, die Lukas vorhin schon aufgefallen war. Die Tasche scheint ziemlich schwer zu sein.
    Â»Und was ist das?«, fragt der Wachmann prompt.
    Â»Bitte? Das sind ein paar Privatsachen, die ich nachher mit nach Hause nehmen will. Aber ich wüsste nicht, was Sie das angeht.«
    Â»Darf ich mal?« Der Wachmann streckt die Hand nach der Tasche aus.
    Lukas hält unwillkürlich die Luft an.
    Hannahs Vater zieht einen Prospekt aus der Tasche. »Reiseprospekte«, sagt er. »Ich habe in den Mittagspausen den Herbsturlaub mit meiner Familie geplant.«
    Â»Wandertouren durchs schöne Saarland«, liest der Wachmann halblaut den Titel des Prospekts vor.
    Â»Zufrieden?«, fragt Hannahs Vater.
    Der Wachmann zeigt wieder auf die Tasche. »Alles nur Prospekte?«
    Â»Echt, wir fahren ins Saarland?«, ruft Hannah mit gespielter Begeisterung dazwischen. »Das wollten wir doch schon immer mal, da wird sich Mutti aber freuen! Da können wir auch Oma und Opa besuchen!«
    Â»Sollte eine Überraschung werden«, sagt Hannahs Vater. Er tritt dicht an den Wachmann heran. »Und jetzt reicht es mir aber, Herr …« Er wirft einen Blick auf das Namensschild. »Herr Krawatz, Sie können uns gerne mit nach unten begleiten, wenn sie wollen, aber wir gehen jetzt.«
    Er gibt Lukas und Hannah mit dem Kopf ein Zeichen, dass sie ihm folgen sollen. Der Wachmann geht unwillig hinterher und nimmt mehrmals sein Walkie-Talkie hoch, um es dann doch nicht zu benutzen. An der Tür zum Fahrstuhl sagt er: »Ich muss eine Meldung machen. Sie haben unbefugte Personen mit in Ihr Büro genommen.«
    Â»Tun Sie das«, antwortet Hannahs Vater nur.
    Im Fahrstuhl starrt er abwesend auf die Leuchtdioden über der Tür, die das jeweilige Stockwerk anzeigen. Der Wachmann lässt den Blick nicht von der Einkaufstasche. Lukas versucht vergeblich, irgendeinen klaren Gedanken zu fassen. Hannah hat die Unterlippe zwischen die Zähne gezogen und scheint ebenfalls angestrengt nachzudenken. Sie vermeidet jeden Blickkontakt mit Lukas.
    Als der Fahrstuhl im Erdgeschoss hält, kommen zwei weitere Sicherheitsleute auf sie zugeeilt.
    Â»Ich hab sie gefunden«, erklärt der Wachmann. »Im Büro von Dr. Wellner.« Er zeigt mit dem Daumen auf Hannahs Vater, der sofort hinzusetzt: »Meine Tochter und ihr … Freund, das ist okay, sie haben nur die Gelegenheit genutzt, weil sie ja sowieso schon mal im Haus waren.« Er wendet sich an Hannah und Lukas. »Ihr müsst arbeiten, nehme ich an, und ich auch, wir sehen uns später. Und was die Meldung angeht«, sagt er zu dem Wachmann, »da übernehme ich natürlich die volle Verantwortung, aber das klären wir bitte im Nachhinein, jetzt habe ich Wichtigeres zu tun.«
    Mit langen Schritten eilt er an den irritierten Sicherheitsleuten vorbei zum Konferenzraum. Die bunte Einkaufstasche steht im auffälligen Kontrast zu seinem grauen Anzug. Komisch, denkt Lukas, was geht hier eigentlich ab?
    Â»Was ist jetzt?«, fragt Hannah den Wachmann. »Können wir auch gehen?«
    Von der Tür zum Konferenzraum winkt der Caterer. Als sie nicht sofort reagieren, brüllt er los: »Was wird das da, Leute? Wartet ihr auf den Weihnachtsmann, oder was?«
    Â»Das riecht nach Ärger«, stellt einer der Sicherheitsleute grinsend fest. »Ich schätze mal, das war’s mit eurem Job. Na los, Abflug, bevor euer Boss da noch einen Herzanfall kriegt.«
    Der Caterer drückt ihnen zwei Tabletts mit Sekt und Orangensaft in die Hand. Seine Stimme klingt gepresst, als sei er kurz davor zu explodieren: »Dass ich euch ordentlich was von eurem Lohn abziehe, dürfte ja wohl klar sein. Noch so ein Ding und ihr könnt gleich gehen. Los, los, jetzt! Zwischen den Reden wollen die Leute was zu trinken haben.« Er schiebt sie durch die Tür in den Konferenzraum.
    Das war’s dann wohl mit ihrer Aktion. Versagen auf ganzer Linie, denkt Lukas. Und die Nummer mit Hannahs Ansage können sie jetzt auch vergessen, die Band würde ihr wahrscheinlich sofort das Mikro aus der Hand reißen, so wie die mittlerweile drauf sein dürften.
    Resigniert blickt sich Lukas in dem Konferenzraum um und erkennt den Bürgermeister und den Tourismusmanager mit ihren Frauen. Ein paar Männer in dunklen Anzügen scheinen zum
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