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Stille Nacht

Stille Nacht

Titel: Stille Nacht
Autoren: Mary Higgins Clark
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einmal voller Zorn
und schüttelte energisch den Kopf. »Bitte vergeuden Sie keine
Zeit damit, das auch nur in Erwägung zu ziehen.«
»Wo wohnen Sie, Ma’am? Was ich damit sagen will, wollen
Sie irgendwen anrufen?« Der Polizist blickte auf die Ringe an
Catherines linker Hand. »Ihren Mann?«
»Mein Mann ist im Sloan-Kettering- Hospital. Er ist sehr
krank. Er wird sich bald Gedanken machen, wo wir bleiben. Wir
sollten nämlich eigentlich schon bei ihm sein. Er erwartet uns.«
Catherine legte ihre Hand an die Tür des Streifenwagens. »Ich
kann nicht einfach hier herumsitzen. Ich muß Brian suchen
gehen.«
»Mrs. Dornan, ich gebe jetzt auf der Stelle Brians
Personenbeschreibung durch. In drei Minuten wird jeder Cop in
Manhattan anfangen, Ausschau nach ihm zu halten. Wissen Sie,
er ist vielleicht einfach ein Stück weggewandert und hat sich
dann verlaufen. Das kann passieren. Kommen Sie oft in die
Innenstadt?«
»Wir haben früher in New York gewohnt, wohnen aber jetzt
in Nebraska«, informierte ihn Michael. »Wir besuchen jeden
Sommer meine Großmutter. Sie wohnt in der
Siebenundachtzigsten Straße. Wir sind letzte Woche wieder
hergekommen, weil mein Dad Leukämie hat und operiert
werden mußte. Er hat mit dem Doktor zusammen studiert, der
ihn operiert hat.«
Manuel Ortiz war erst seit einem Jahr Polizist, aber er war
schon vielfach mit Kummer und Verzweiflung in Berührung
gekommen. Beides sah er in den Augen dieser jungen Frau. Sie
hatte einen Mann, der ernsthaft krank war, und nun ein Kind,
das vermißt wurde. Für ihn war offensichtlich, daß sie leicht in
einen Schockzustand geraten konnte.
»Dad merkt bestimmt, daß irgendwas nicht in Ordnung ist«,
sagte Michael voller Sorge. »Mom, wär’s nicht besser, wenn du
ihn besuchen gehst?«
»Mrs. Dornan, was halten Sie davon, wenn Sie Michael bei
uns lassen? Wir bleiben hier, falls Brian versucht, hierher
zurückzufinden. Wir lassen alle unsre Leute nach ihm schauen.
Wir verteilen uns und benützen Lautsprecher, um ihn dazu zu
bringen, daß er sich bei uns meldet - falls er irgendwo hier in der
Nachbarschaft herumgeistert. Ich besorge einen anderen Wagen,
der Sie zum Krankenhaus bringt und dort auf Sie wartet.«
»Sie bleiben bestimmt hier an Ort und Stelle, für den Fall, daß
er zurückkommt?«
»Definitiv.«
»Michael, hältst du deine Augen nach Brian offen?«
»Klar, Mom. Ich schau mich nach dem Blödmann um.«
»Du sollst ihn nicht…« Catherine sah den Ausdruck im
Gesicht ihres Sohnes. Er versucht mich zu triezen, dachte sie. Er
versucht mich davon zu überzeugen, daß Brian in Ordnung ist.
Daß er in Ordnung sein wird.
Sie legte die Arme um Michael und spürte, wie er die
Umarmung kurz und schroff erwiderte.
»Kopf hoch, Mom«, sagte er.
3
    Timmy Siddons fluchte still vor sich hin, als er durch das Oval
in der Nähe der Avenue B im Wohnkomplex Stuyvesant Town
ging. Die Uniform, die er dem Gefängniswärter ausgezogen
hatte, verlieh ihm ein respektables Aussehen, aber es war viel zu
gefährlich, sie auf der Straße zu tragen. Es war ihm gelungen,
sich einen verdreckten Mantel und eine Strickmütze vom
Einkaufswagen eines Obdachlosen zu greifen. Die Sachen
waren vorläufig ganz nützlich, aber er mußte etwas anderes zum
Anziehen auftreiben, etwas Anständiges.
    Er brauchte auch ein Auto. Er brauchte eins, das man bis zum
Morgen nicht vermissen würde, einen Wagen, den man für die
Nacht abgestellt hatte, die Art von Auto, wie es einer dieser
gutbürgerlichen Bewohner von Stuyvesant Town besaß:
mittelgroß, braun oder schwarz, den meisten anderen Hondas
oder Toyotas oder Fords auf den Straßen zum Verwechseln
ähnlich. Nichts Auffallendes.
    Bis jetzt hatte er noch nicht das richtige entdeckt. Er hatte
beobachtet, wie irgendein alter komischer Kauz aus einem
Honda ausgestiegen war und zu seiner Beifahrerin gesagt hatte:
»Tut wirklich gut, wieder nach Hause zu kommen«, aber er fuhr
eine von diesen roten glänzenden Karren, die nach
Aufmerksamkeit nur so schrien.
    Ein junger Spund kam in einer alten Rostlaube an und parkte,
aber so, wie der Motor klang, wollte Jimmy nichts damit zu tun
haben. Das fehlte ihm gerade noch, dachte er; kaum auf dem
Highway, und schon bricht das Ding zusammen.
    Er fror und bekam allmählich Hunger. Zehn Stunden
Autofahrt, sagte er sich. Dann bin ich in Kanada, und Paige trifft
sich mit mir, und dann verduften wir gemeinsam wieder. Sie
war die erste richtige Freundin,
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