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Sternenfaust - 165 - Tachyonen-Exil

Sternenfaust - 165 - Tachyonen-Exil

Titel: Sternenfaust - 165 - Tachyonen-Exil
Autoren: Anonymous
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schien tief durchzuatmen. Dann sah sie auf, straffte die Schultern. »Meine Herren, lassen Sie uns aufbrechen. Bevor ich mich Ihnen anschließe, muss ich nur noch eine Sache erledigen.«
     
    *
     
    Mitch Shaw lächelte, und das Lächeln ließ sein ganzes, von tiefen Falten durchzogenes Gesicht erstrahlen. Der über einhundertzwanzig Jahre alte Mann mit dem schlohweißen, dünnen Haar saß auf seinem weichen Lager in den weitläufigen Gemächern, die er mit seiner Gandaronesen-Familie im Ostflügel des Palastes bewohnte. Dicke Wandteppiche schmückten die Mauern, und auf den Schränken und Regalen rings herum prangten die Erinnerungsstücke aus einem langen, vollen und vor allem reichen Leben.
    Dana hatte Mitch von dem Zeitfenster in Kenntnis gesetzt, doch Mitch hatte nur seine alterstypisch zitternde Hand ausgestreckt und Dana etwas gereicht.
    Sie musste nicht hinschauen, um zu wissen, worum es sich handelte.
    Um den Translator. Die Briefe an Emma.
    »Gib ihr das, Dana«, bat Mitch und sah ihr direkt in die Augen. »Gib Emma meine Aufzeichnungen. Und sag ihr, es sei kein einziger Tag vergangen, an dem ich nicht an sie gedacht habe.«
    Dana ergriff seine Hand und schloss seine schwachen Finger sanft um das kleine Gerät. »Gib es ihr selbst, Mitch«, sagte sie leise. »Sie ist nur einen Shuttleflug entfernt. Sie wartet auf dich. Seit wenig mehr als einer Woche.«
    Der alte Mann vor ihr lachte. »Und dann? Sie wartet auf einen Mann von Anfang Zwanzig. Nicht von Anfang hundert zwanzig. Einen Mann, der an ihrer Seite daheim ist. In meinen Erinnerungen an sie war ich jung. Und so soll auch sie sich an mich erinnern.«
    »Ich kann dich nicht hier zurücklassen. Und laut den Regeln bin ich immer noch deine Kommandantin, Mitch.«
    »Diese Regeln sind auf diesem Planeten verjährt, Dana!«
    Ein krächzender Husten ließ ihn innehalten, schüttelte ihn. Doch er fing sich wieder. Danas helfende Hand wehrte er dankend ab. »Geh ohne mich. Es ist gut so.«
    Dana schluckte. »Seit vielen Jahrzehnten warst du der einzige Mensch, den ich zu sehen bekam.«
    »Und dort oben warten sehr viele Menschen und ein ganzes Leben auf dich. Du musst zurück, Dana. Du musst weiter kämpfen. Ich muss das nicht mehr. Ich habe hier meinen Frieden gefunden.«
    Dana schloss für einen kurzen Moment die Augen. »Ich weiß nicht, was ich dir noch zum Abschied sagen soll, Mitch.«
    »Dann verrate mir etwas.«
    »Was soll ich verraten?«
    Mitch sah sie an, und ihr war, als brenne sich sein Blick in ihre Seele ein. »Bereust du es?«, fragte er dann. »Der Mah, der Tau … Was immer du hier unten tun musstest. Du hast mit blutigen Mitteln die Macht über ein fremdes Volk an dich gerissen, um ein friedliches Imperium zu errichten. Verrate mir, Dana: Heiligt der Zweck die Mittel?«
    Für einen langen Moment sagte sie nichts. Unzählige Gedanken und Erinnerungen schossen ihr durch den Kopf. Bilder, die sich in ihr verankert hatten wie die Wurzeln eines Baumes im Urwaldboden von Gandaron V. »Ich bereue nur eines«, antwortete sie dann leise. »Dass ich dein Leben und das deiner Kameraden zerstört habe. Dass es mir nicht gelang, trotz aller Anstrengungen, euch früher wieder zurück zur STERNENFAUST zu bringen. Dass du hier leben musstest, in hundert Jahren Exil. Ohne deine Emma, ohne deine irdische Familie, ohne deine Freunde. Ohne die Nähe von Menschen …« Sie schluckte. »Ich habe das Gefühl, dich um ein Leben betrogen zu haben, während ich selbst keinen Tag alterte. Ich habe schon oft in meinem Leben Entscheidungen getroffen, den Konsequenzen andere erdulden mussten. Und ich habe viele davon bedauert. Diese hier bedauere ich besonders.«
    Mitchs Daumen strich über ihren Handrücken. Die Zärtlichkeit dieser Geste schnürte ihr fast die Kehle zu.
    »Das musst du nicht. Es geht mir gut, Dana«, sagte er ebenso sanft wie spürbar aufrichtig. »Ich bedauere nicht das Leben, das ich geführt habe. Ich bin nicht wie Robinson Crusoe. Ich habe hier eine neue Heimat gefunden.«
    »Selbst Robinson Crusoe ist viele Jahre nach seiner erfolgreichen Flucht zu seiner Insel zurückgekehrt.«
    »Dann bin ich wohl schlauer als er!«, grinste Mitch. »Ich gehe gar nicht erst weg.«
    Dana standen Tränen in den Augen.
    »Leb wohl, Dana Frost. Und sei nicht zu hart mit dir.«
     
    *
     
    Dana trat auf den Platz vor dem Palast, den die dankbaren Einwohner von Gandaron V ihr errichtet hatten, und schluckte. Jenseits des Shuttles, das nur wenige Meter von ihr entfernt
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