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Sternenfall: Roman (German Edition)

Sternenfall: Roman (German Edition)

Titel: Sternenfall: Roman (German Edition)
Autoren: Michael McCollum
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verlassen hatte. Durch beide Löcher hindurch konnte man die Schwärze des Weltraums sehen, und ein heftiger Windstrom blies in ihre Richtung. Thorpe hatte das Eintrittsloch mit zitternden Händen geflickt, während Jamie Byrant sich um das Loch kümmerte, wo der Meteorit ausgetreten war. Anschließend hatten sich alle auf die eschleunigungsnetze gelegt, um den Sturm auszureiten. Bei jedem neuen Geräusch sehnte Thorpe sich unwillkürlich einen tiefen Fuchsbau herbei, in den er hätte hineinkriechen können.
    Schließlich ließ das Trommelgeräusch nach, und Amber gab bekannt, dass sie das Schlimmste hinter sich hätten. Es dauerte jedoch noch weitere drei Stunden, bis die langsame Rotation des Containers die beiden unbeschädigten Sichtluken auf den Mond hin ausgerichtet hatte. Ihr erster Blick auf den Mond seit mehr als zwölf Stunden machte ihnen vollends das Ausmaß dessen klar, was geschehen war.
    »Was, zum Teufel, ist denn das?«, fragte Thorpe, als er auf die von schneeweißen Wolken umhüllte Welt hinunterblickte, die sich an der Stelle befand, wo früher Luna gewesen war.
    Die Wolken ähnelten einer Kometenkoma, waren jedoch dichter. Luna hatte sich in eine Miniaturvenus verwandelt und war dabei merklich gewachsen. Thorpe schätzte, dass die Wolkenschicht mehr als tausend Kilometer dick war. Das war die zehnfache Dicke der Erdatmosphäre.
    »Mein Gott!«, rief Amber aus. »Ich hatte keine Ahnung, dass es so viel Dampf geben würde.«
    »Du meinst, das ist Wasserdampf?«
    »Was denn sonst? Donnerschlag hatte eine Masse von sechzig Billiarden Tonnen, und das meiste davon war Eis. Dieses Eis ist beim Aufschlag verdampft.«
    »Vollständig verdampft?«
    »Jedes einzelne Gramm. Der meiste Dampf muss ins Innere abgeleitet worden sein, sonst würden wir eine viel dichtere Atmosphäre sehen.«
    »Könnte es flüssiges Wasser unter der Wolkendecke geben?«, fragte Margaret Grayson.
    Amber schüttelte den Kopf. »Noch nicht. Der Mond ist noch zu heiß. Geben Sie ihm ein paar Monate. Dann fängt der Regen erst richtig an. Wenn er erst einmal angefangen hat, wird es Jahrzehnte weiterregnen.«
    Thorpe runzelte die Stirn. »Willst du damit sagen, dass auf Luna wahrscheinlich Meere entstehen werden?«
    »Ziemlich große sogar, würde ich sagen. Donnerschlag enthielt ein Zwanzigstel des Wassers sämtlicher Erdozeane. Er hat seine Last auf einer Welt mit nur einem Dreizehntel der Erdoberfläche abgeworfen.«
    Daran, dass Luna aus alledem mit einem Meer hervorgehen würde, hatte Thorpe noch nicht gedacht. Es war eine allzu exotische Vorstellung.
    Sie hatten sich drei Tage lang mit diesem Gedanken beschäftigt. Sie hatten geruht, gegessen, sich unterhalten, Luna beobachtet und sich dabei abgewechselt, um Hilfe zu funken. Sie waren schon lange ›über den Berg‹ und fielen nun auf die Erde zu. Trotz der abnehmenden Entfernung schien der blauweiße Planet kein Ohr für ihr Rufen zu haben.
    »Die Antenne muss abgebrochen sein«, sagte Thorpe zu Byrant, nachdem er das Funkgerät zum zwölften Mal untersucht hatte. Ein Rückkopplungstest ergab, dass der Sender ein Signal abgab. Entweder wurde es auf der Erde ignoriert, oder das Signal wurde nicht in den Raum ausgestrahlt.
    »Wie können wir das überprüfen?«
    »Ich werd es mir von außen ansehen müssen. Ziehen wir die Anzüge an, damit wir entlüften können.«
    Sobald der Sauerstoff aus der Kabine in den Raum entwichen war, öffnete Thorpe die Luke und kletterte auf die flache Vorderfront des Containers. Der Staub hatte alles gründlich abgescheuert und die Zeichen, die sie beim Umbau gemalt hatten, getilgt. Langsam arbeitete er sich nach hinten vor, indem er sich von Handgriff zu Handgriff hangelte, wie ein Bergsteiger, der einen steilen Felsen emporkletterte. Er erreichte das Leitungsbündel und war so vorsichtig, um die Austrittsöffnungen der Korrekturdüsen einen weiten Bogen zu machen.
    »Ich hab’s«, meldete er durch das Kabel, das sie montiert hatten, um in Kontakt zu bleiben. »Die Antenne muss beim Start abgegangen sein. Kein Wunder, dass es die ganze Zeit über ruhig war.«
    »Was können wir tun, um das wieder hinzukriegen?«, fragte Ambers Stimme in seinen Ohrhörern.
    »Drösel eins von den Netzen auf. Wir werden die Kabel als Antenne benutzen.«
    Nach einigen Minuten erschien Ambers Helm an der Vorderseite des Containers. Sie reichte ihm das steife Kabel, und er befestigte es am übriggebliebenen Antennenstummel. Er zog vorsichtig daran, um sich zu
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