Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stern der Göttin

Stern der Göttin

Titel: Stern der Göttin
Autoren: Sandra Melli
Vom Netzwerk:
mit dieser Katze, Herrin?«, fragte er mit vor Neugier bebender Stimme.
    »Nichts, was Euch schaden könnte.« Erneut übte die Stimme einen hypnotischen Zwang auf die beiden Männer aus.
    Der Ältere nickte zögernd, trat auf Grom zu und zeigte auf den Ast, auf dem Laisa sich rekelte. »Ich will die da auch mitnehmen!«
    Grom sah ihn verblüfft an. »Laisa ist noch viel zu jung, um Handelszüge zu begleiten.«
    Nicht wenn ich einen Haufen Geld dafür bekomme!, stand auf der Stirn des Kaufherrn geschrieben. Er packte Grom bei den Schultern, als wolle er ihn schütteln. »Sie ist groß und kräftig, und ich will sie haben!«
    »Wenn es Euer Wunsch ist …« Grom dachte nach. Immerhin war Laisa voll ausgebildet und konnte sogar schreiben und rechnen. Diese Kunst beherrschten nur wenige Mitglieder seines Volkes. Nach kurzem Überlegen nickte er. »Also gut. Laisa, komm herunter!«
    Sie stand so schnell neben ihm, als hätte sie sich vom Baum herabgezaubert, und wusste sich vor Freude kaum zu beherrschen. Endlich durfte sie das Dorf und das Territorium des Stammes verlassen und würde fremde Länder sehen! Ebenso freute sie sich darauf, durch die Stadt der Kaufleute zu streifen, die weniger als einen halben Tagesmarsch von ihrem Dorf entfernt lag.
    »Wuko wird darauf achten, dass du dich ordentlich benimmst«, brummte Grom, obwohl er wusste, dass selbst ein so kräftig gebauter Kater sich nicht auf eine Rauferei mit Laisa einlassen durfte, wenn er nicht hinterher so aussehen wollte, als habe man ihn stundenlang durch Dornengestrüpp geschleift.
    »Muss das sein?«, fragte Wuko auch prompt.
    Sein Mangel an Begeisterung amüsierte Laisa. Sie beschloss jedoch, sich so gut zu benehmen, dass der Stamm sich ihrer nicht schämen musste. Immerhin hatten Grom und seine Leute sich ihrer angenommen und sie nie schlechter behandelt als die anderen Katlinge, obwohl sie sich der allgemeinen Meinung nach um einiges schlimmer aufgeführt hatte.
    »Du solltest deine Sachen holen. Die anderen machen sich schon bereit.« Groms Mahnung rief Laisa in die Gegenwart zurück.
    Übermütig lachend sprang sie über die Palisade und lief zur Hütte ihrer Pflegemutter. Da die Auswahl der Karawanenwächter immer ein großes Spektakel war und sämtliche Bewohner des Dorfes zuschauten oder zumindest die Ohren spitzten, wussten alle, dass Laisa mit den Menschen ziehen würde. Einige Jüngere, die gerade dem Katlingsalter entwachsen waren, starrten ihr neidisch nach, aber die meisten Katzenleute waren froh, etliche Monate Ruhe vor diesem Wildfang zu haben.
    Auch Groms Schwester war vor dem Tor gewesen, war aber nun zu ihrer Hütte zurückgekehrt und wartete dort auf ihr Ziehkind. Tinka war eine der wenigen Katzenfrauen, die den großen Zug mehr als dreimal mitgemacht hatten, und galt als die Anführerin der Frauen im Dorf. Gleichzeitig war sie diejenige, die den Kindern lesen und schreiben beizubringen versuchte.
    Laisa blieb übermütig grinsend vor ihr stehen. »Der fremde Händler will, dass ich mitkomme!«
    »Das freut mich für dich. Aber benimm dich anständig und nicht wie ein zu groß geratener Katling!«
    Obwohl es im Dorf mit Sicherheit beschaulicher zugehen würde, wenn Laisa weg war, fühlte Tinka einen Kloß im Hals. Sie strich dem Mädchen über die pelzige Wange, während ihr Jüngster die unerwartete Chance nützte, die Laisas Unaufmerksamkeit ihm bot, und nach ihrem Schwanz schnappte. Der war um einiges länger als die der anderen Katzenmenschen, und sie hatte es sich angewöhnt, die Spitze beim Stehen um den Unterschenkel zu schlingen, damit die Katlinge nicht daran zerren konnten. Der Überfall des Kleinen traf sie jedoch unerwartet, und sie spürte die kleinen, scharfen Zähne.
    Wütend wirbelte sie herum und fuhr die Krallen aus. Tinkas Sohn aber flitzte bereits die Wand hoch und hing dann wie eine zu groß geratene Waldbirne unter dem spitz zulaufenden Dach.
    »Ich habe dich überlistet«, rief er begeistert.
    Laisa begnügte sich damit, einmal kurz zu grollen, denn der Tag war einfach zu schön, um ihn sich von diesem kleinen Ungeheuer verderben zu lassen. Schnurrend trat sie an ihre Schlafkuhle, die sie nur selten benutzte, und nahm ihre wenigen Habseligkeiten an sich. Viel war es nicht, nur ein Messer, das Grom ihr als Gewinn nach zwölf hintereinander gewonnenen Wettspielen geschenkt hatte, ein Lederbeutelchen mit zerstoßener Rinde, die bei kleinen Risswunden und Abschürfungen half, ihr Bogen und der Köcher mit den Pfeilen.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher