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Stern der Göttin

Stern der Göttin

Titel: Stern der Göttin
Autoren: Sandra Melli
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ist ein Glück verheißendes Omen, wenn unsere Kinder deine Leute berühren!«
    »Gegen das Berühren haben wir nichts, aber sie reißen uns das halbe Fell aus!« Wuko hatte es mit am schwersten erwischt, denn auf seinem Schwanz war ein handspannenlanges Stück blutender Haut zu sehen.
    Zwar tat er Laisa nicht sonderlich leid, denn er hatte sie früher gerne gequält, dennoch beschloss sie, sich einzumischen. Mit einem eleganten Satz sprang sie vom Baum herab und landete so haarscharf neben dem Kaufherrn, dass dieser erschrocken zurückwich.
    »Wir sind hier als Karawanenwächter angestellt und nicht als Spielzeug für eure missratenen Menschlinge!«, fauchte sie ihn an.
    Es dauerte einen Augenblick, bis der Mann begriff, dass sie menschliche Kinder meinte. Er selbst hatte diese mit einigen Handvoll Süßigkeiten dazu gebracht, besonders heftig an den Schwänzen der Katzenleute zu zerren. Doch wie es aussah, hatte er die Geduld der Bepelzten über Gebühr beansprucht. Mit einem verächtlichen Schnauben wandte er sich ab und winkte seinen Karawanenaufseher zu sich.
    »Macht alles fertig. Wir wollen als Erste aufbrechen!« Da es sich bei seinem Wagenzug um den größten handelte, der in diesem Jahr auf Handelsfahrt ging, war das kaum zu schaffen. Das wusste der Karawanenaufseher genauso wie sein Herr. Da dieser jedoch keinen Widerspruch hinnehmen würde, eilte der Mann von Wagen zu Wagen und befahl den Fuhrknechten, die Ochsen anzuspannen und alles bereit zu machen.
    Unterdessen versammelte Grom diejenigen von seinen Leuten um sich, die mit auf die große Reise gehen würden, und hob beschwörend die Hände. »Macht mir keine Schande, Kinder! Gehorcht den Menschen, denen ihr dient, bringt sie sicher an ihr Ziel und ebenso unversehrt wieder zurück.«
    Während Wuko und die anderen eifrig nickten, stieß Laisa verächtlich die Luft aus. Es behagte ihr nicht, Leuten zu gehorchen, die ihresgleichen als eine Art Sklaven ansahen, mit denen man alles machen konnte. Wahrscheinlich würde sie als Streunerin in den Wäldern ein besseres Leben führen als unter der Fuchtel eines Handelsherrn, der keinerlei Achtung vor ihrem Wissen und ihren Fähigkeiten hatte.
    »Geht nun und nehmt eure Posten ein!«
    Groms Befehl schreckte Laisa aus ihren Gedanken auf. Sie trat noch einmal auf den Alten zu und umarmte ihn. Das war ein für Katzenmenschen ungewöhnliches Verhalten, welches sie bereits als kleiner Katling gezeigt hatte. Grom ließ es seufzend über sich ergehen und sah Laisa dann durchdringend an. Sie war seine beste Schülerin gewesen, aber auch die störrischste. Nun hoffte er, dass sie mit der Welt da draußen zurechtkam, wünschte sich aber gleichzeitig, sie würde unterwegs auf Leute ihres eigenen Stammes treffen und sich diesem anschließen. Sofort schämte Grom sich für diesen Gedanken, denn er liebte Laisa wie eine Tochter. Doch er war sicher, dass sie sich anderswo glücklicher fühlen würde als in seinem Dorf.
    »Mach mir keine Schande!«, wiederholte er und strich ihr noch einmal über die Wange. Dann wandte er sich um und ging.
    Laisa sah ihm ein paar Augenblicke nach. Noch wirkte er kräftig, doch sein Pelz begann bereits, dünn zu werden und sein Rücken krumm. Er hatte die Blüte seines Lebens bereits vor Jahren hinter sich gelassen und würde vielleicht schon in diesem Herbst das verantwortungsvolle Amt des Ausbilders aufgeben und auch einem neuen Anführer Platz machen müssen.
    In diesem Moment wurde Laisa zum ersten Mal schmerzlich bewusst, dass ihr Pflegevater alt wurde und vielleicht bald sterben musste, und sie hoffte, dass man ihm bis zuletzt die Achtung erweisen würde, die diesem weisen Katzenmann gebührte.
    »Alle Katzenleute auf ihre Posten!« Um Erfahrung zu sammeln, durfte Wuko in der Nähe der Stadt für einen Tag und eine Nacht den Anführer über die fünfzig spielen, die den größten Handelszug begleiteten. Er hetzte die einen nach vorne, andere nach hinten und blaffte den Rest an, nicht im Weg zu stehen. Laisa stellte sich vor, wie Grom an seiner Stelle reagieren würde. Gewiss würde er sich nicht so in Szene setzen, wie Wuko es tat. Da sie selbst auf dem ersten Stück der Reise wachfrei hatte und beim Handelszug bleiben sollte, schnellte sie auf einen Wagen und legte sich auf die straff gespannte Plane. Dabei ignorierte sie die bösen Blicke der Fuhrknechte, die das Gespann führten. Warum sollte sie nebenherlaufen, wenn sie so auf eine weitaus bequemere Art und Weise vorwärtskommen
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