Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stern der Göttin

Stern der Göttin

Titel: Stern der Göttin
Autoren: Sandra Melli
Vom Netzwerk:
harte Waldbirne gepflückt, damit auf seinen empfindlichen Schwanzansatz gezielt und getroffen.
    Grom kicherte. »Da hast du deine Antwort. Und jetzt beeile dich, wenn du keine Ohrfeige haben willst. Auf einer Karawanenfahrt ist dem Befehl des Anführers stets Folge zu leisten.«
    »Ich gehe ja schon!« Wuko wandte sich um, drehte sich dann aber noch einmal zu dem alten Katzenmann um. »Unterwegs bin ich der Anführer, und Laisa muss mir gehorchen. Ich werde ihr befehlen, in jeden Teich und jeden Bach zu tauchen, auf den wir unterwegs treffen.«
    Beim letzten Wort traf eine faulige Waldbirne seine Nase. Er stieß einen Wutschrei aus und schien zu überlegen, wie er das Katzenmädchen vom Baum herunterholen und verprügeln konnte. Groms leises Grollen erinnerte ihn jedoch an seinen Auftrag, und er trollte sich murrend.
    Hoch oben auf dem Baum ringelte Laisa sich vor Vergnügen. Die Katzen im Dorf vermieden es nach Möglichkeit, in einen Bach oder einen Weiher zu steigen, doch sie selbst tauchte und schwamm mit Begeisterung. Würde Wuko ihr tatsächlich befehlen, ins Wasser zu springen, könnte sie ihn gründlich nass spritzen.
    Da hörte sie Groms mahnende Stimme. »Ich weiß, was du denkst, Mädchen, aber du wirst dem armen Wuko das Leben nicht noch schwerer machen. Als Anführer der Neulinge trägt er eine große Verantwortung. Unser Stamm dient den Herren der Stadt schon seit Urzeiten als Beschützer ihrer Karawanen, ohne dass es Beschwerden gab. Ich will nicht erfahren, dass einer von euch Schande über uns bringt.«
    Laisa fand den Vorwurf ungerecht, denn sie wollte eine so gute Karawanenwächterin werden, dass noch die Kindeskinder im Dorf ihr Lob singen würden. Gleichzeitig aber beschlich sie erneut das unbestimmte Gefühl, als würde sie nie mehr an den Ort zurückkehren, an dem sie aufgewachsen war.
    Während Laisa sich fragte, wohin ihr Weg sie wohl führen würde, beobachtete sie, wie Wuko und einige andere Katzen die Männer vertrieben, die sich an den Wagen des Handelszuges zu schaffen gemacht hatten. Seltsamerweise wünschte sie sich gar nicht mehr, dort unten mitmischen zu können, denn Wukos Verhalten hatte ihr wieder einmal klargemacht, dass sie nicht richtig dazugehörte. So, wie sie den großmäuligen Kater kannte, würde er wahrscheinlich sogar noch versuchen, den Handelsherrn dazu zu bringen, sie irgendwo in der Wildnis fortzuschicken, so dass sie nicht mehr heimfand.
    Seltsamerweise ängstigte sie diese Vorstellung nicht. Sie war fest überzeugt, nicht als verwahrloste Streunerin zu enden, sondern neue Aufgaben zu finden, bei denen sie ihr Können unter Beweis stellen konnte. Irgendwann, das nahm sie sich vor, würden ihr sogar die Menschen mit Hochachtung begegnen.
    ☀ ☀ ☀
    Mit der Dunkelheit wich auch die angenehme Stille, die nur hie und da durch die leisen Rufe der Katzenwächter und einige Tierlaute unterbrochen worden war. Die Menschen, die die Bewachung ihrer Wagenzüge in der Nacht Groms Leuten überlassen hatten, strömten nun scharenweise aus der Stadt. Zu den Männern, die zu den Handelskarawanen gehörten, gesellten sich nun deren Verwandte, Freunde, Frauen und eine Unmenge Kinder. Diese ergossen sich kreischend über den Anger, grapschten nach jeder Katze, zerrten an den Schwänzen und rissen ihnen büschelweise Haare aus.
    Laisa floh vor der aufdringlichen Horde auf ihren Baum und beobachtete verärgert, dass ihre Stammesgenossen das alles wehrlos über sich ergehen ließen. Ein Junge sprang sogar an Grom hoch und zerrte an dessen empfindlichen Tasthaaren. Der Alte verzog schmerzhaft sein Gesicht, schob das kleine Ungeheuer aber nicht von sich weg. In Laisa kochte die Wut hoch, die sie in der Nacht nur mühsam gebändigt hatte, und der Bengel lernte ihre Treffsicherheit mit harten Waldbirnen kennen.
    Heulend ließ der Junge von dem alten Katzenmann ab und lief zu einer dicklichen Menschenfrau, um dort Trost zu suchen. Diese zog ihn an sich, sagte etwas und kam dann wutschnaubend auf Grom zu.
    »Du hast meinen Sohn geschlagen!« Dabei hob sie die Hand, als wolle sie ihn ohrfeigen.
    Das war nun auch dem alten Katzenmann zu viel, und er entblößte warnend seine immer noch imposanten Zähne, worauf die Frau mit einem Aufschrei zurückwich.
    Auch die anderen Katzenmenschen hatten von der zudringlichen Meute genug und flüchteten auf Bäume oder die Dächer der großen Wagen. Daraufhin baute sich der Kaufherr vor Grom auf und fuchtelte mit den Fäusten. »Was fällt euch ein? Es
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher